„Im Westen nichts Neues …“

1914 Erster Weltkrieg2014 Neokoloniale Stellvertreter-Kriege

Was ist der Inhalt der Gegensätze, die bisher zum Krieg trieben und immer wieder treiben werden, solange sie bestehen? Die kapitalistische Weltkonkurrenz zwischen den verschiedenen staatlich zusammengefassten Interessengruppen, zwischen den verschiedenen imperialistischen Systemen um die Reichtümer – Rohstoffe, Arbeitskräfte, Absatzmärkte, Anlagegebiete – der Erde.

Also heben wir diese kapitalistische Konkurrenz auf, machen wir die Reichtümer der Erde zu einer gemeinsamen Angelegenheit der ganzen Menschheit. Ersetzen wir die kapitalistische Gesellschaft, die die Menschheit in Klassen und sich zerfleischende Räuberhorden auseinanderreißt, durch die sozialistische Gesellschaft die die Menschheit versöhnt und zusammenschließt!

Diese Internationale der Zukunft, die triumphierende, zu schaffen, ist Aufgabe der Internationale der Gegenwart, der kämpfenden Internationale. Das Mittel dazu ist die soziale Revolution, die allein nicht nur jetzt den Frieden bereiten, sondern auch die künftigen Kriegsursachen ausrotten kann.

Wer das Ziel will, muss das Mittel wollen.

Imperialismus und Krieg – oder Sozialismus und Frieden – kein Drittes gibt’s.“ Karl Liebknecht, April 1918

Vor 100 Jahre entzündete der deutsche Imperialismus den ersten imperialistischen Weltenbrand. Deutschland war eine aggressive, aufsteigende Weltmacht. Sie stellte die Aufteilung der Einflusssphären der imperialistischen Großmächte in Frage und wollte weltweite Expansion. Der Allianz von Deutschland, Bulgarien, Österreich-Ungarn, und Osmanischem Reich stand die Entente Frankreich, England und Russland gegenüber. Es war ein von allen Seiten ungerechter, barbarischer die Welt umfassender Krieg mit über 17 Millionen Toten.

Deutsche Politik und Medien deuten heute zum 100. Jahrestag des „Ausbruchs“ des 1. Weltkriegs diesen als „Tragödie“ und „politisches Versagen aller beteiligten Mächte“. Wie eine „Naturkatastrophe“ sei der Krieg über das Land hereingebrochen und wie „Schlafwandler“ seien die verantwortlichen Politiker in den Krieg hineingeraten. So wird versucht mit allen Mitteln den deutschen Imperialismus und seine Verbrechen zu banalisieren. Die wahren Ursachen werden erfolgreich verschwiegen. Belgien wurde als erstes Land im 1. Weltkrieg von deutschen Truppen besetzt, verwüstet und in Ypern setzten sie das erste Mal das hochgiftige Senfgas ein. Im Juni 2014 „gedachten“ die EU-Chefs, voran Merkel in Ypern des 1. Weltkrieges, und präsentierten sich als die großen „Völkerversöhner“. „Frieden herrsche in Europa“ und die Zeit der „Erbfeindschaften“ sei für immer vorbei.

Aber wie sieht die Welt 2014 aus?

Der afrikanische Kontinent wird von Kriegen und Bürgerkriegen erschüttert: Südsudan, Mali, Westsahara, Somalia, Sudan, DR Kongo, Zentralafrikanische Republik, Nigeria, Libyen usw. Der Mittlere Osten brennt: Syrien, Irak, Afghanistan, Palästina, Kurdistan usw. In Asien laufen Kriege im Nordkaukasus, in Tschetschenien, in Pakistan, auf den Philippinen, in Kaschmir usw. In Europa ist die Lunte des Krieges in der Ukraine angezündet. In Lateinamerika herrscht Krieg (Drogenkrieg) in Mexiko, Bürgerkrieg in Kolumbien usw.

Millionen ermordete Werktätige, Millionen und Abermillionen Menschen auf der Flucht, Länder in Schutt und Asche gelegt, Barbarei, Folter und Vergewaltigungen, Traumatisierung ganzer Völker …

Das ist die Kriegswirklichkeit 100 Jahre nach dem Ausbruch des 1. Weltkrieges.

Dem 1. Weltkrieg folgte nur 21 Jahre später der 2. Weltkrieg. Wieder war es der deutsche Imperialismus der seine Klauen nach der Weltherrschaft ausstreckte. Seine Barbarei und Gräuel stellten selbst die des 1. Weltkrieges weit in den Schatten.

Die Unterwerfung und Knechtung der europäischen und kolonialen Völker, die Feldzüge der verbrannten Erde, die Ermordung über 20 Millionen russischer Werktätiger als „slawisch-bolschewistische Untermenschen“, der industrielle Völkermord an 6 Millionen europäischer Juden, die Vernichtung der europäischen Roma und Sinti, das war sein Werk.

Die beiden Weltkriege waren Ergebnis der Zuspitzung innerimperialistischer Widersprüche und Deutschland hatte dabei eine entscheidende Rolle.

Dieser deutsche Imperialismus ist 2014 auf der Weltbühne der imperialistischen Großmächte wieder eine zentrale Macht. Die aktuelle Gemengelage um die Neuaufteilung der weltweiten Einflussspährenn spitzt sich seit dem Zusammenbruch des Ostblocks in den 1990er Jahren unaufhaltsam zu.

Durch das Aufsteigen neuer imperialistischer Großmächte wie China, durch die zugenommene weltpolitische Bedeutung der EU, unter Führung vor allem Deutschlands und Frankreichs, durch das Widererstarken des russischen Imperiums und die teilweise Schwächung der Großmacht USA, werden die Karten neu gemischt.

Die USA wendet sich verstärkt Ost- und Südostasien zu. Die erstarkte Großmacht China ist eine massive Gefährdung amerikanischer Interessen in diesem Gebiet. Aber auch die einst geschwächte Großmacht Russland hat wieder fest Tritt gefasst und stellt offensiv Ansprüche auf „seine, seit dem Zerfall des Ostblocks verlorenen“ Gebiete und Länder.

Die EU unter Führung Deutschlands und Frankreichs bestimmt ihre Außenpolitik in etlichen Feldern neu. Aktuelle Kernziele sind der Ausbau ihrer strategischen, militärischen Positionen in Afrika sowie im Nahen und Mittleren Osten. Nur so können sie sich als eigenständig agierender Weltmachtblock weiter festigen. Aber wie die Entwicklung mit der Ukraine zeigt, auch im europäischen „Hinterhof“ brechen die Gegensätze und die Machtkämpfe verstärkt aus.

Neokoloniale Stellvertreter-Kriege

Viele imperialistische Interventionen sowie Kriege rund um den Globus laufen seit Jahrzehnten. Weit über 200 Kriege seit dem Ende des 2.  Weltkrieges. Teilweise wechseln die Kontrahenten und immer wieder werden neue Kriege entfacht. Die aktuellen weltweiten Kriege sind Stellvertreterkriege. Die imperialistischen Großmächte ringen darin gegeneinander in den jeweiligen Einflussgebieten.

Sie setzen dort auf die einen oder anderen Eliten bzw. Kompradoren, rüsten diese militärisch auf bzw. intervenieren selbst, nur mit einem Ziel dem jeweiligen Kontrahenten seine Einflussspähren zu entreißen, die Rohstoffvorkommen und Bodenschätze sich selbst unter den Nagel zu reißen, Märkte zu erobern und zu monopolisieren usw. Diese Kriege sind Pulverfässer und die Gefahr eines neuen, eines dritten Weltkrieges steigt damit unaufhörlich.

Aktuell stehen die während des 1. Weltkrieges im Sykes-Picot-Geheim-Ab­kommen zwischen England und Frankreich 1916 festgelegten Grenzen im Mitt­leren Osten offen zur Disposition. Die Siegermächte im 1. Weltkrieg zertrümmerten das Osmanische Reich und teilten das Gebiet in ihre Einflussgebiete willkürlich, nicht gemäß historisch entstandener Grenzziehungen, bzw. Be­sied­lungen, sondern nur nach imperialen Interessen, wie in fast in allen kolonialen Ländern, auf.

Auch die Staatenbildung in Afrika ist unter der kolonia­len, neokolonialen Herrschaft des Imperialismus so verlaufen. Es gab keine demokratische Nationenbildung, sondern eine gewaltsame und vollkommen willkürliche Staatenformierung von Gnaden des Imperialismus.

Das Korsett, der teils mit Lineal gezogenen Grenzen entspricht den heutigen Machtkonstellationen der Großmächte nicht mehr. Die Kämpfe der unterdrückten Völker und der brutale Machtkampf der imperialistischen Großmächte, die diese für ihre eigenen Zwecke zu instrumentalisieren versuchen, führen heute zum Zerfall ganzer Staaten, zum Beispiel Afghanistan, Pakistan, Irak, Syrien, Zentralafrikanische Republik, DR Kongo, Sudan, Südsudan, Somalia etc. In Israel und Palästina, wo eine ganz besondere historische Entwicklung vorliegt, herrscht direkter Kolonialismus und Besatzung etc. Dem palästinensischen Volk wird jedes Recht auf einen eigenen Staat aberkannt. Es lebt im permanenten Krieg seitens der israelischen Besatzer.

Aktuell bricht die Staatsarchitektur“ die Anfang des 20. Jahrhunderts durch den 1. Weltkrieg und nach dem 2. Weltkrieg gezimmert wurde weg.

Aber das ist nur die eine Seite des Widerspruchs. In den abhängigen, neokolonialen Staaten stehen viel unterdrückte Völker und Nationen auf, die ihre sozialen Rechte und ihr Selbstbestimmungsrecht einfordern und erkämpfen. Darin liegt der einzige Weg über demokratische Revolutionen zur tatsächlichen Befreiung von Neokolonialismus und Imperialismus und zu einem endgültigen Ende der Kriege zu gelangen.

Menschenrechtsimperialismus“

Die deutsche Großmacht hat seit der „Wiedervereinigung“ immer stärker auf deutsche Beteiligung an militärischen Interventionen der NATO und an militärischen Missionen der UN gesetzt. (Bombardierungen Belgrads). Alles unter dem Mäntelchen „von humanitärer Hilfe“ und „Zurückhaltung im militärischen Engagement“. Damit wird „Deutschlands Freiheit auch am Hindukush“ verteidigt.

Seit den letzten Bundestagswahlen 2013 haben Merkel, Bundeskanzlerin, von der Leyen, Kriegsministerin und Prediger Gauck, Bundespräsident offensiv verstärkte internationale militärische Präsenz und Interventionsbereitschaft der deutschen Großmacht beschworen. „Wir müssen weltweit aktiv auch militärisch dabei sein“, so lautet die Parole. Im aktuell sich zuspitzenden Krieg im Irak, dem Vormarsch der IS-Islamisten und dem Krieg zwischen sunnitischer, schiitischer und kurdischer Bevölkerung, wird auch die Bundesregierung, wenn es ihren Interessen nutzt, Waffen liefern und sich auch, wenn nötig militärisch beteiligen. Da wo es genehm ist, werden ethnische, nationale, religiöse Konflikte in abhängigen Ländern benutzt, aufgeputscht und dann als Vorwand für militärisches Eingreifen genommen. Das läuft für die BRD jetzt in Mali, in der Zentralafrikanischen Republik, in Somalia und im Südsudan so. Aber auch im Irak, Afghanistan und aktuell in der Ukraine!

Hauptfeind steht im eigenen Land –
Proletarischer Internationalismus

KommunistInnen wie Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, wie Lenin und die Bolschewiki waren Zeugen des millionenfachen Gemetzels im 1. Weltkrieg. Sie haben den Charakter des Imperialismus und die Entstehung imperialistischer Kriege richtig offengelegt. Sie haben mit einer kommunistischen, militanten Politik gegen den 1. imperialistischen Weltkrieg, für die Diktatur des Proletariats, für Frieden und Sozialismus gekämpft. Die Losungen „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“ und „Krieg dem Krieg“ von Karl Liebknecht wurden zum Fanal des antimilitaristischen Kampfes und zum Symbol der internationalen Solidarität der Arbeiter­Innen aller Länder.

Die Oktoberrevolution 1917 in Russland, geführt von den Bolschewiki, hat mit einem Paukenschlag den Weg gezeigt wie die Verbrechen der Weltbourgeoisie gegen die Menschheit zu beenden sind.

Dem Krieg Russlands wurde durch den gewaltsamen Sturz der russischen Bourgeoisie ein jähes Ende bereitet. Die sozialistische Revolution machte Schluss mit dem expansionistischen Streben der eigenen Bourgeoisie nach Territorien und Einflussbereichen.

Das Rote Russland schlug gewaltige Kerben in das imperialistische Weltsystem.

Sowjetrussland war Beispiel für das Weltproletariat, wie die Lohnsklaverei beendet werden kann, es eröffnete den Kolonialvölkern den Weg der Befreiung aus Unterdrückung und Kolonialismus.

Heute im Jahre 2014 braucht die Welt neue Oktoberrevolutionen!

TA Nr. 67 s

Geschichtsrevisionismus

Bürgerliche Meinungsmacher sowie Politiker stürzen sich in der Relativierung der Rolle Deutschlands im Ersten Weltkrieg auf einen aktuellen Bestseller: Christopher Clark, „Die Schlafwandler Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog“, Deutsche Verlags-Anstalt, 2013, 895 Seiten.

Das „Werk“ hält sich seit langem auf der Spiegel-Sachbuch-Liste, derzeit auf Platz 8.

Im Klappentext heißt es: „Lange Zeit galt es als ausgemacht, dass das deutsche Kaiserreich wegen seiner Großmachtträume die Hauptverantwortung am Ausbruch des Ersten Weltkriegs trägt. In seinem bahnbrechenden neuen Werk kommt der angesehene Historiker Christopher Clark, … zu einer neuen Einschätzung. Ein besonderes Augenmerk legt er dabei auf die Situation auf dem Balkan. Clark zeigt, dass den serbischen Einigungsbestrebungen, die letztlich auch zum Attentat von Sarajewo führten, eine deutlich größere Bedeutung zukommt, als bisher bekannt.“ Kurz: Clark stellt nationale Befreiungsbewegungen als terroristische Unternehmen hin, zieht die Parallelen zu allen heute um ihre Freiheit ringenden Völkern, die zu Terroristen abgestempelt werden. 80 Seiten widmet er den „Serbischen Schreckgespenstern“. Ein Apologet imperialistischer Politik.

Auf Groschenroman-Niveau sucht Clark die Ursachen des 1. Weltkrieges bewusst nicht in ökonomischen und politischen Interessen. Das Buch befasst sich nicht damit, „warum der Krieg ausbrach, (sondern) damit wie es dazu kam.“ Eine seiner zentralen These lautet, den Krieg kann man nur verstehen, „wenn man die Wege, welche die Hauptentscheidungsträger beschritten… und ihre Sicht der Ereignisse schildert.“ (S. 17)

Die Gruppe der Attentäter von Sarajewo charakterisiert er in diesem Geschichtsverständnis: „Die Jungen … waren aus jenem düsteren, jugendlichen Stoff gemacht, der reich an Idealen, aber arm an Erfahrung ist und aus dem moderne terroristische Bewegungen in erster Linie ihren Nachwuchs rekrutieren. Sie tranken keinen Alkohol. Sie waren zwar romantisch veranlagt und heterosexuell, aber sie suchten nicht gerade die Gesellschaft junger Frauen.“ (S. 82)Unsagbar homophob, reaktionär auf dem untersten Niveau sowie totale Rechtfertigung des Imperialismus.

Das ist bürgerliche Geschichtswissenschaft 2014!

1. WK Buch

Entstehung und Ursachen des Ersten Weltkrieges

Im besonderen wurden Kriege unvermeidlich, als der Kapitalismus Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts endgültig in das höchste und letzte Stadium seiner Entwicklung, den Imperialismus, überging. Unter dem Imperialismus wurden die mächtigen Vereinigungen (Monopole) der Kapitalisten und die Banken zum entscheidenden Faktor im Leben der kapitalistischen Staaten. Das Finanzkapital wurde in den kapitalistischen Staaten Herr im Hause.

Das Finanzkapital forderte neue Märkte, die Eroberung neuer Kolonien, neue Gebiete für die Kapitalausfuhr, neue Rohstoffquellen.

Aber schon Ende des 19. Jahrhunderts war das ganze Territorium des Erdballs unter den kapitalistischen Staaten aufgeteilt. Nun verläuft die Entwicklung des Kapitalismus in der Epoche des Imperialismus äußerst ungleichmäßig und sprunghaft: einige Länder, die früher an erster Stelle gestanden haben, entwickeln ihre Industrie verhältnismäßig langsam, andere, früher rückständige, holen sie in schnellen Sprüngen ein und überholen sie. Das ökonomische und militärische Kräfteverhältnis der imperialistischen Staaten änderte sich. Das Streben nach einer Neuaufteilung der Welt trat zutage.

Der Kampf um die Neuaufteilung der Welt machte den imperialistischen Krieg unvermeidlich. Der Krieg von 1914 war ein Krieg um die Neuaufteilung der Welt und der Einflußsphären. Er wurde von allen imperialistischen Staaten seit langem vorbereitet. An diesem Krieg waren die Imperialisten aller Länder schuld.

Im besonderen aber wurde dieser Krieg vorbereitet von Deutschland und Österreich auf der einen, Frankreich, England und dem von ihnen abhängigen Rußland auf der anderen Seite. Im Jahre 1907 entstand der Dreiverband oder die Entente, ein Bündnis Englands, Frankreichs und Rußlands. Ein anderes imperialistisches Bündnis bildeten Deutschland, Österreich-Ungarn und Italien. Italien jedoch schied bei Beginn des Krieges von 1914 aus diesem Bündnis aus und schloß sich später der Entente an. Deutschland und Österreich-Ungarn wurden unterstützt von Bulgarien und der Türkei.

Mit der Vorbereitung des imperialistischen Krieges verfolgte Deutschland das Ziel, England und Frankreich Kolonien, Rußland die Ukraine, Polen, das Ostseegebiet abzunehmen. Durch den Bau der Bagdadbahn bedrohte Deutschland die Herrschaft Englands im Nahen Osten. England fürchtete das Wachstum der deutschen Flottenrüstungen. Das zaristische Rußland strebte nach einer Aufteilung der Türkei, träumte von der Eroberung der Dardanellen, der Meerengen zwischen dem Schwarzen Meer und dem Mittelländischen Meer, und von der Eroberung Konstantinopels. Zu den Plänen der zaristischen Regierung gehörte auch die Annexion Galiziens, eines Teils von Österreich-Ungarn. England strebte danach, durch den Krieg seinen gefährlichen Konkurrenten, Deutschland, zu schlagen, dessen Waren vor dem Krieg die englischen Waren auf dem Weltmarkt immer mehr zu verdrängen begonnen hatten. Außerdem beabsichtigte England, der Türkei Mesopotamien und Palästina zu entreißen und fest in Ägypten Fuß zu fassen. Die französischen Kapitalisten strebten danach, Deutschland das kohlenreiche Saarbecken und das eisenreiche Elsaß-Lothringen zu entreißen, das Deutschland im Kriege von 1870/71 Frankreich entrissen hatte.

Zum imperialistischen Kriege führten somit die äußerst großen Widersprüche, die zwischen den beiden Gruppen kapitalistischer Staaten bestanden.

Dieser Raubkrieg um die Neuaufteilung der Welt berührte die Interessen aller imperialistischen Länder, daher wurden späterhin auch Japan, die Vereinigten Staaten von Amerika und eine Reihe anderer Staaten in diesen Raubkrieg hineingezogen. Der Krieg wurde zum Weltkrieg.

Die Vorbereitung des imperialistischen Krieges wurde von der Bourgeoisie ihren Völkern gegenüber mit tiefstem Geheimnis umgeben. Als der Krieg ausbrach, bemühte sich jede imperialistische Regierung zu beweisen, daß nicht sie die Nachbarn überfallen habe, sondern daß sie selbst überfallen worden sei. Die Bourgeoisie betrog das Volk, indem sie die wahren Kriegsziele, den imperialistischen, annexionistischen Charakter des Krieges verheimlichte. Jede imperialistische Regierung erklärte, daß der Krieg zur Verteidigung des eigenen Landes geführt werde.

Die Sozialdemokraten der II. Internationale verrieten aufs niederträchtigste die Sache des Sozialismus, – die Sache der internationalen Solidarität des Proletariats. Sie traten nicht nur nicht gegen den Krieg auf, sondern halfen im Gegenteil der Bourgeoisie, die Arbeiter und Bauern der kriegführenden Staaten unter der Flagge der Vaterlandsverteidigung aufeinanderzuhetzen.

Es war kein Zufall, daß Rußland auf der Seite der Entente, auf der Seite Frankreichs und Englands, in den imperialistisc hen Krieg eintrat. Man muß im Auge behalten, daß vor dem Jahre 1914 die wichtigsten Industriezweige Rußlands sich in der Hand des ausländischen Kapitals, hauptsächlich des französischen, englischen und belgischen, das heißt der Ententeländer, befanden. Alle diese Umstände sowie die Milliardenanleihen, die der Zar in Frankreich und England aufgenommen hatte, fesselten den Zarismus an den englisch-französischen Imperialismus, verwandelten Rußland in einen Tributpflichtigen dieser Länder, in ihre Halbkolonie. … Die kleinbürgerlichen Parteien der Sozialrevolutionäre und Menschewiki, maskiert durch die Flagge des Sozialismus, halfen der Bourgeoisie vom ersten Kriegstage an, das Volk zu betrügen, den imperialistischen, den räuberischen Charakter des Krieges zu verheimlichen. Sie predigten die Notwendigkeit des Schutzes, die Notwendigkeit der Verteidigung des bürgerlichen „Vaterlandes“ gegen die „preußischen Barbaren“, unterstützten die Politik des „Burgfriedens“ und halfen auf diese Weise der Regierung des russischen Zaren, den Krieg zu führen, ebenso wie die deutschen Sozialdemokraten der Regierung des deutschen Kaisers halfen, den Krieg gegen die „russischen Barbaren“ zu führen.

Nur die Partei der Bolschewiki hielt dem erhabenen Banner des revolutionären Internationalismus die Treue und verblieb fest auf dem marxistischen Standpunkt des entschiedenen Kampfes gegen die zaristische Selbstherrschaft, gegen die Gutsbesitzer und Kapitalisten, gegen den imperialistischen Krieg.

Die bolschewistische Partei vertrat gleich von den ersten Kriegstagen an die Auffassung, daß der Krieg nicht zur Verteidigung des Vaterlandes, sondern zur Eroberung fremder Territorien und zur Ausplünderung fremder Völker im Interesse der Gutsbesitzer und Kapitalisten begonnen worden ist, daß die Arbeiter gegen diesen Krieg entschieden Krieg führen müssen.

(Auszüge, Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (B), Verlag Neuer Weg, 1945, S. 194)

1. WK

Im Westen nichts Neues“

Titel des weltberühmtesten Buches über den 1.  Weltkrieg. Der Verfasser, Erich Maria Remarque schildert darin in einfacher Sprache traumatische Kriegserfahrungen.

Im Prolog heißt es „Dieses Buch soll weder eine Anklage noch ein Bekenntnis sein. Es soll nur den Versuch machen, über eine Generation zu berichten, die vom Kriege zerstört wurde – auch wenn sie seinen Granaten entkam.“

Dem nationalistischen, kriegsverherrlichenden Wahn der Imperialisten stellt er die Brutaliät des Krieges gegenüber: „Granaten, Gasschwaden und Tankflottillen – Zerstampfen, Zerfressen, Tod. Ruhr, Grippe, Typhus – Würgen, Verbrennen, Tod. Graben, Lazarett, Massengrab – mehr Möglichkeiten gibt es nicht.“

Januar 1929 erscheint die Erstausgabe und wird zum Welterfolg. Im Juni 1930 ist das Buch in 23 Sprachen übersetzt und das einmillionste deutsche Exemplar erscheint. Bis heute sind es über 20 Millionen Exemplare, in 50 Sprachen.

Die Rote Fahne der KPD kritisierte 1929 den Roman „Im Westen nichts Neues“: „Nein, es ist nicht wahr! Das Buch über die Kriegsschuld ist noch nicht geschrieben. Pazifismus ist die furchtbarste Kriegsschuldlüge, weil es die wahren Ursachen des Krieges, die in den politisch-ökonomischen Voraussetzungen der bürgerlichen und kapitalistischen Gesellschaftsordnung liegen, leugnen und sich weigert, ihre einzig mögliche Beseitigung durch den gewaltsamen Sturz dieser Gesellschaftsordnung zu fordern.“

Unserer Meinung nach, verkennt die KPD den demokratischen Kern des gegen den ungerechten Krieg gerichteten Werkes.

Der Roman wird von Hollywood verfilmt. NS-Schlägertrupps verhindern im Auftrag Goebbels 1930 die deutsche Uraufführung des oscargekrönten Antikriegsfilms. „Besudelung der deutschen Ehre“ und „Vaterlandsverrat“ geifert die faschistische und rechte Presse.

Remarques Bücher werden verboten und 1933 öffentlich verbrannt. 1938 wird Remarque ausgebürgert. Er emigriert in die USA und in die Schweiz. Noch in den 1950 bis in die 1970 Jahre wird Remarque als „treuloser Deutscher“ beschimpft, da er sich gegen die Remilitarisierung der Bundesrepublik aussprach. Seine Romane wurden weiter politisch diffamiert.

„Im Westen nichts Neues“ ist ein Symbol für das tatsächliche Grauen des ungerechten 1. Weltkrieges im Interesse der Herrschenden.

26. Oktober (8. November) 1917

Die Arbeiter-und-Bauern-Regierung, die durch die Revolution vom 24.-25. Oktober geschaffen wurde und sich auf die Sowjets der Arbeiter-, Soldaten- und Bauerndeputierten stützt, schlägt allen kriegführenden Völkern und ihren Regierungen vor, sofort Verhandlungen über einen gerechten demokratischen Frieden aufzunehmen.

Ein gerechter oder demokratischer Frieden, wie ihn die überwältigende Mehrheit der durch den Krieg erschöpften, gepeinigten und gemarterten Klassen der Arbeiter und Werktätigen aller kriegführenden Länder ersehnt, ein Frieden, wie ihn die russischen Arbeiter und Bauern nach dem Sturz der Zarenmonarchie auf das entschiedenste und beharrlichste gefordert haben, ein solcher Frieden ist nach der Auffassung der Regierung ein sofortiger Frieden ohne Annexionen (d.h. ohne Aneignung fremder Territorien, ohne gewaltsame Angliederung fremder Völkerschaften) und ohne Kontributionen.

Die Regierung Rußlands schlägt allen kriegführenden Völkern vor, unverzüglich einen solchen Frieden zu schließen, wobei sie sich bereit erklärt, sofort, ohne die geringste Verzögerung, bis zur endgültigen Bestätigung aller Bedingungen eines solchen Friedens durch die bevollmächtigten Versammlungen der Volksvertreter aller Länder und aller Nationen, alle entscheidenden Schritte zu unternehmen.

Unter Annexion oder Aneignung fremder Territorien versteht die Regierung, im Einklang mit dem Rechtsbewußtsein der Demokratie im allgemeinen und der werktätigen Klassen im besonderen, jede Angliederung einer kleinen oder schwachen Völkerschaft an einen großen oder mächtigen Staat, ohne daß diese Völkerschaft ihr Einverständnis und ihren Wunsch unmißverständlich, klar und freiwillig zum Ausdruck gebracht hat, unabhängig davon, wann diese gewaltsame Angliederung erfolgt ist, sowie unabhängig davon, wie entwickelt oder rückständig eine solche mit Gewalt angegliederte oder mit Gewalt innerhalb der Grenzen eines gegebenen Staates festgehaltene Nation ist, und schließlich unabhängig davon, ob diese Nation in Europa oder in fernen, überseeischen Ländern lebt.

Wenn irgendeine Nation mit Gewalt in den Grenzen eines gegebenen Staates festgehalten wird, wenn dieser Nation entgegen ihrem zum Ausdruck gebrachten Wunsch – gleichviel, ob dieser Wunsch in der Presse oder in Volksversammlungen, in Beschlüssen der Parteien oder in Empörungen und Aufständen gegen die nationale Unterdrückung geäußert wurde – das Recht vorenthalten wird, nach vollständiger Zurückziehung der Truppen der annektierenden oder überhaupt der stärkeren Nation in freier Abstimmung über die Formen ihrer staatlichen Existenz ohne den mindesten Zwang selbst zu entscheiden, so ist eine solche Angliederung eine Annexion, d.h. eine Eroberung und Vergewaltigung.

Diesen Krieg fortzusetzen, um die Frage zu entscheiden, wie die starken und reichen Nationen die von ihnen annektierten schwachen Völkerschaften unter sich aufteilen sollen, hält die Regierung für das größte Verbrechen an der Menschheit, und sie verkündet feierlich ihre Entschlossenheit, unverzüglich Friedensbedingungen zu unterzeichnen, die diesem Krieg unter den obengenannten, für ausnahmslos alle Völkerschaften gleich gerechten Voraussetzungen ein Ende machen.

Gleichzeitig erklärt die Regierung, daß sie die obengenannten Friedensbedingungen keineswegs als ultimativ betrachtet, d.h., sie ist bereit, auch jegliche anderen Friedensbedingungen zu erwägen, wobei sie lediglich darauf besteht, daß das Angebot der Friedensbedingungen seitens irgendeines kriegführenden Landes möglichst rasch und mit vollster Klarheit, bei unbedingter Ausschaltung jeder Zweideutigkeit und Geheimhaltung erfolgt.

Die Regierung schafft die Geheimdiplomatie ab, sie erklärt, daß sie ihrerseits fest entschlossen ist, alle Verhandlungen völlig offen vor dem ganzen Volk zu führen, und wird unverzüglich darangehen, alle Geheimverträge zu veröffentlichen, die von der Regierung der Gutsbesitzer und Kapitalisten in der Zeit vom Februar bis zum 25. Oktober 1917 bestätigt oder abgeschlossen wurden.

Alle Bestimmungen dieser Geheimverträge, soweit sie, wie es zumeist der Fall war, den Zweck hatten, den russischen Gutsbesitzern und Kapitalisten Vorteile und Privilegien zu verschaffen, die Annexionen der Großrussen aufrechtzuerhalten oder zu erweitern, werden von der Regierung bedingungslos und sofort für ungültig erklärt.

Indem sich die Regierung an die Regierungen und Völker aller Länder mit dem Vorschlag wendet, sofort offene Verhandlungen über den Friedensschluß aufzunehmen, gibt sie ihrerseits ihrer Bereitschaft Ausdruck, diese Verhandlungen sowohl schriftlich, telegrafisch als auch auf dem Wege mündlicher Unterhandlungen von Vertretern der verschiedenen Länder oder auf Konferenzen dieser Vertreter zu führen. Um solche Unterhandlungen zu erleichtern, entsendet die Regierung ihren bevollmächtigten Vertreter in die neutralen Länder.

Die Regierung schlägt allen Regierungen und Völkern! aller kriegführenden Länder vor, sofort einen Waffenstillstand abzuschließen, wobei sie es ihrerseits für wünschenswert hält, daß dieser Waffenstillstand auf mindestens 3 Monate abgeschlossen werde, d.h. für eine Frist, die völlig ausreicht sowohl für den Abschluß von Friedensverhandlungen unter der Teilnahme von ausnahmslos allen Völkerschaften oder Nationen, die in den Krieg hineingezogen oder hineingezwungen wurden, als auch für die Einberufung bevollmächtigter Versammlung gen der Volksvertreter aller Länder zur endgültigen Bestätigung der Friedensbedingungen.

Die Provisorische Arbeiter-und-Bauernregierung Rußlands, die dieses Friedensangebot an die Regierungen und an die Völker aller kriegführenden Länder richtet, wendet sich gleichzeitig insbesondere an die klassenbewußten Arbeiter der drei fortgeschrittensten Nationen der Menschheit und der größten am gegenwärtigen Krieg beteiligten Staaten: Englands, Frankreichs und Deutschlands.

Die Arbeiter dieser Länder haben der Sache des Fortschritts und des Sozialismus die größten Dienste erwiesen – in den großen Vorbildern der Chartistenbewegung in England, in den Revolutionen von weltgeschichtlicher Bedeutung, die das französische Proletariat vollbracht hat, und schließlich im heroischen Kampf gegen das Sozialistengesetz sowie in der für die Arbeiter der ganzen Welt mustergültigen langwierigen und beharrlichen disziplinierten Arbeit zur Schaffung proletarischer Massenorganisationen in Deutschland.

Alle diese Vorbilder proletarischen Heldentums und geschichtlicher Schöpferkraft sind für uns eine Bürgschaft, daß die Arbeiter der genannten Länder die ihnen jetzt gestellte Aufgabe, die Menschheit von den Schrecken des Krieges und seinen Folgen zu befreien, erkennen werden, daß diese Arbeiter uns durch ihre allseitige, entschiedene, rückhaltlos energische Tätigkeit helfen werden, die Sache des Friedens und zugleich damit die Sache der Befreiung der werktätigen und ausgebeuteten Volksmassen von jeder Sklaverei und jeder Ausbeutung erfolgreich zu Ende zu führen.

Der Vorsitzende des Rats der Volkskommissare

Wladimir Uljanow-Lenin

W. I. Lenin: Werke, Bd. 26, S. 239-242

Das Dekret über den Frieden wurde von Lenin auf der zweiten Sitzung des Zweiten Gesamtrussischen Sowjetkongresses, am Abend des 26. Oktober 1917, verlesen und danach von den Delegierten einstimmig angenommen.