Thesen zur Palästina-Israelfrage

i Palästina war ein arabisch-islamisches Land, mit religiösen Minderheiten, arabischen Jüd:innen und Christ:innen. ii

1) Nationale Frage

Die jüdische Frage ist nicht nur eine „religiöse Frage“, das Judentum ist nicht nur „eine Religion“. Mit der Entwicklung des Kapitalismus wurde die jüdische Frage zur nationalen Frage.

2) Jüdische Nation

Als Ende des 19. Jahrhunderts der politische Zionismus formuliert wurde, war es nicht möglich weltweit von einer jüdischen Nation zu sprechen. In den meisten Ländern lebte die jüdische Bevölkerung als eine unterdrückte nationale Minderheit. In einzelnen Ländern wie in Polen, der Ukraine und Weißrussland dagegen, war die Herausbildung der JüdInnen zu einer Nation am weitesten fortgeschritten.

3) Politischer Zionismus

Der politische Zionismus ist jüdischer Nationalismus und zugleich eine Reaktion auf den Antisemitismus. Dieser Nationalismus wird von den Imperialisten für ihre Zwecke benutzt.

Der politische Zionismus hat zwei Seiten: eine gerechte, mit der er sich gegen die nationale Unterdrückung der JüdInnen richtet und sich durch Gründung eines eigenen jüdischen Staates davon befreien wollte. Auf der anderen Seite hat er einen aggressiven, kolonialistischen Charakter. Mit seinem Programm „Ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land“ leugnet er ideologisch/politisch die Existenz des eingeborenen (autochthonen) arabischen Volkes in Palästina und organisiert praktisch seine Vertreibung.

4) Jüdische Nation in Palästina

Die zionistische Einwanderung, der Antisemitismus, der im Holocaust, iii mündete, und die vor dem Nazi-Faschismus flüchtenden jüdischen Menschen spielten bei der Herausbildung der jüdischen Nation in Palästina eine ausschlaggebende Rolle. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs betrug die jüdische Bevölkerung in Palästina ca. ein Drittel der Gesamtbevölkerung. Gemessen an den marxistischen Kriterien einer Nation (Gebiet, Kultur, Sprache, Wirtschaft und historische Gemeinschaft) bildete die jüdische Bevölkerung in Palästina Ende des Zweiten Weltkriegs weitgehend eine Nation. Das Recht der JüdInnen auf einen Staat in Palästina war damit gegeben. Eine Lösung für das friedliche Zusammenleben beider Völker wäre ein dualer demokratischer Staat, in dem sowohl die arabische als auch die jüdische Bevölkerung gleichberechtigt zusammen leben. Das jahrzehntelange Treiben der Imperialisten hatte jedoch dafür gesorgt, dass eine Teilung Palästinas in einen jüdischen und einen arabischen Staat auf die Tagesordnung kam.

5) Lösung der Palästinafrage 1945-1948

Als die Palästinafrage in der UN (United Nations – Vereinte Nationen) auf die Tagesordnung kam, trat die sozialistische Sowjetunion für die Schaffung eines unabhängigen, vereinigten demokratischen gemeinsamen Staates, in dem AraberInnen und JüdInnen leben, ein. Als deutlich wurde, dass dies nicht zu verwirklichen sei, plädierte sie für die Zwei-Staaten Lösung d.h. in Palästina einen arabischen und einen jüdischen Staat zu gründen.

Der Teilungsplan der UN 1947 wurde von der Sowjetunion unterstützt, da das Selbstbestimmungsrecht beider in Palästina lebenden Völker und ihr Recht auf nationale, staatliche Unabhängigkeit verteidigt wurde, sowie den Abzug der britischen Kolonialmacht und ein Ende des imperialistischen Mandats beinhaltete. Er war fortschrittlich und demokratisch. Der Plan sah eine Wirtschaftsunion beider Staaten vor mit der Zielsetzung, eine freiwillige Vereinigung des jüdischen und des arabischen Staates in der Zukunft zu ermöglichen.

Das war eine Lösung, um die aufgeladene Situation zu entspannen und eine bessere Ausgangssituation für die Bildung eines unabhängigen, demokratischen arabisch-jüdischen Staats zu schaffen. Die Haltung der SU war und ist auch im Rückblick richtig.

6) Gründung des Staates Israel –
An Nakba des palästinensischen Volkes

Die Imperialisten, die Zionisten und die arabischen Reaktionäre haben die Zwei-Staaten-Lösung verhindert. Die Zionisten verkündeten die einseitige Gründung des Staates Israels. Die Staaten der arabischen Liga haben, auch als angebliche VertreterInnen des palästinensischen Volkes, mit Unterstützung einiger Imperialisten einen Krieg gegen den neu gegründeten Staat Israel begonnen. In diesem Krieg nahm die „An Nakba“, die „große Katastrophe“, die systematische brutale Vertreibung des palästinensischen Volkes aus seinem Land ungeheure Dimensionen an.

7) Zionistischer Staat Israel

Israel ist aufgrund seiner besonderen historischen Entwicklung und aktuellen Lage ein Sonderfall. Israel hat ein Existenzrecht in Palästina. Aber es ist gegründet auf der Aberkennung und Leugnung des Selbstbestimmungsrechtes und der Verhinderung der Bildung eines Staates des palästinensischen Volkes.

Israel ist ein kapitalistisch entwickeltes vom Imperialismus abhängiges Land und hat expansionistische, kolonialistische imperialistische Züge gegenüber der arabischen Nation und den arabischen Staaten.

Der Staat Israel ist zionistisch, hochgradig rassistisch, durchmilitarisiert und faschistisch gegenüber der arabischen Bevölkerung in den besetzten Gebieten Palästinas (2011 Gaza und Westbank). Die Herrschaftsform in den besetzten Gebieten ist faschistisch. Die Herrschaftsform des israelischen Staates in Israel ist bürgerlich-demokratisch mit einer faschistischen Herrschaftsstruktur gegenüber der palästinensischen arabischen Minderheit. Der zionistische Staat zieht eine Mauer um „sein annektiertes Land“ sowie durch die Westbank, die er zu großen Teilen kolonisiert. In Jerusalem werden die PalästinenserInnen weiter vertrieben und enteignet. Gegen Gaza führt der israelische Staat Krieg, mauert Gaza ein und belegt es mit Blockaden.

8) Lösung nationale Frage

Im Kapitalismus gibt es für die nationale Frage keine gerechte Lösung und kann es keinen dauerhaften Frieden geben. Wir müssen uns als KommunistInnen dennoch auch heute im Imperialismus dazu verhalten. Heute, unter den kapitalistischen imperialistischen Bedingungen, unterstützen wir als Übergangslösung die Gründung von zwei Staaten auf Basis des UN-Teilungsbeschluss Nr. 181 vom 26. November 1947. Diese Lösung ist im Kapitalismus der einzig gangbare Weg. Besondere Beachtung muss der Anpassung an aktuelle Verhältnisse (Bevölkerungszuwachs, Gebiete) gegeben werden. Zusätzlich muss das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge gewährleistet sein. Als KommunistInnen in Deutschland müssen wir das Spiel der imperialistischen Großmächte entlarven, allen voran das der BRD, und die Befreiungsbewegung des palästinensischen Volkes unterstützen!

9) Aktuelle Lösung

Das Ende des Krieges in Palästina und ein Friedensabkommen zwischen arabischen Palästinenser­Innen und dem Staat Israel ist die Voraussetzung für die Entwicklung des Klassenkampfs in Israel und Palästina. Das ist unter heutigen Bedingungen nur in einem imperialistischen Frieden möglich. Die Forderung der PLO (Palästinensische Befreiungs-Organisation), in den Grenzen von 4. Juni 1967 einen palästinensischen arabischen Staat zu gründen, in dem alle jüdischen Siedlungen aufgelöst werden, kann ein Schritt zum vorübergehenden Frieden sein. Eine solche Lösung bietet sowohl den palästinensischen Massen als auch den jüdischen Werktätigen in Israel eine Verbesserung ihrer Lage und Kampfbedingungen.

Aber dies ist keine entscheidende, vorwärts bringende Forderung für die palästinensische Sache. Die 1967er Lösung ist überhaupt der minimalste aber selbst unter zionistischer Besatzung schwer erreichbare Lösungsansatz, der keineswegs das Recht der palästinensischen Nation auf Selbstbestimmung verwirklicht und keine tatsächlich demokratische Lösung der nationalen Frage in Palästina.

10) Wirkliche Lösung

Die wirkliche Lösung liegt in den Revolutionen in Israel und in Palästina unter Führung des Proletariats mit dem Ziel des Sozialismus/Kommunismus. In Palästina spielt der Kampf gegen die israelisch-zionistische Besatzung in der Revolution die Hauptrolle.

11) Kampfmethoden

„Selbstmordanschläge“ wie sie Hamas und Djiad ausführen, die auf die wahllose Ermordung jüdischer Bevölkerung abzielen, lehnen wir als Mittel des politischen Kampfes ab, da sie nicht dem Befreiungskampf dienen sondern schaden. Sie dienen letztlich dem zionistischen Staat und der arabischen Reaktion. Gleichzeitig verurteilen wir alle heuchlerischen Verdammungen der Selbstmordanschläge, die darauf hinarbeiten, die faschistische Besatzung des zionistischen Staates aus der Schusslinie zu nehmen.

i Diese Thesen beruhen auf den ausführlichen Einschätzungen in der Palästina-Frage in Trotz alledem! Nr. 32/33 Juni 2004 und Nr. 47 März 2008.

ii Ende des 19. Jahrhunderts/Beginn des 20. Jahrhunderts zerfiel das osmanische Reich, unter dessen Herrschaft Palästina stand. Aufgrund seiner strategischen Bedeutung spielte Palästina eine zentrale Rolle in der Rivalität der imperialistischen Großmächte, insbesondere Frankreich und England um die Aufteilung des Nahen Ostens.

England nutzte den aufkommenden Zionismus und die damit verbundene Auswanderung europäischer JüdInnen nach Palästina, um eine Kolonisierung Palästinas durchzusetzen. In den 1910er/1920 Jahren erhob sich das palästinensische Volk gegen die koloniale Unterdrückung und kämpfte für ein freies, unabhängiges Palästina. Teile der nationalen Befreiungskräfte, wie der Großmufti von Jerusalem waren stark antisemitisch geprägt und in den 1930er/40er Jahren mit dem deutschen Faschismus eng verbunden.

iii Deutscher Völkermord an den europäischen JüdInnen