Neues und nicht Neues aus Palästina III: Oder Trumps „Jahrhundertdeal“ – Kriegsplan gegen das palästinensische Volk

Wir haben im Januar 2019 einen Artikel mit dem Titel „Palästina: Gretchenfrage jeder demokratischen Politik“ (TA Nr. 80) veröffentlicht. Darin haben wir zu den, bis zum damaligen Zeitpunkt letzten Entwicklungen in dieser Frage Stellung genommen. Im Anhang zu diesem Artikel, in dem wir über „Neues und nicht Neues“ berichteten, haben wir auch unsere „Thesen zur Palästina-Israelfrage“ veröffentlicht.

Seitdem hat sich in der Palästinafrage wieder einiges bewegt. Die US-Botschaft wurde von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt und trotz der Verurteilung durch die UN-Vollversammlung feierlich-pompös im Beisein des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu eröffnet. Die Intifada der palästinensischen Massen gegen diesen Affront wurde vom zionistischen Staat Israel brutalst unterdrückt. Das palästinensische Volk hat wieder mit hunderten von Toten für diese Provokation bezahlt.

Bei der Eröffnung dankte Netanyahu, wegen Korruptionsvorwürfen und anhängigen Verfahren in Schwierigkeiten geraten, seinem großen Freund Trump wegen seines „Muts“. Die Eröffnung der Botschaft sei ein großer Tag für Israel und auch „ein großer Tag für den Frieden“. Der zionistische Heuchler und Kriegsherr schob nach, wie er sich „den Frieden in Palästina vorstellt“: „Ein Frieden, der auf Lügen basiert, kann nur an den Felsen der nahöstlichen Realität zerschellen. Und die Wahrheit ist, dass Jerusalem immer die Hauptstadt des jüdischen Volkes bleiben wird.“i

Im Klartext heißt das, die PalästinenserInnen haben überhaupt kein Recht auf Jerusalem! Jerusalem ist jüdisch! Das ist eine Lüge, die als Wahrheit verkauft wird. Das liegt auf der Hand. J. Kushner, Trumps Schwiegersohn und Nahostpolitikberater des Schwiegervaters, erklärte bei der Eröffnung, die USA seien entschlossen, dabei zu helfen, „einen nachhaltigen Frieden zu schaffen.“

Plan für die Intensivierung des Kriegs im Namen „nachhaltiger Friedensschaffung“:

Wie dieser „nachhaltige Frieden“ aussehen soll, wurde in einer gemeinsamen Pressekonferenz von Trump und Netanyahu im Weißen Haus am 28. Januar 2020 der ganzen Welt vorgestellt! Der von Trump als „Deal des Jahrhunderts“ verkaufte „Friedensplan“ sieht eine „Zwei-Staaten-Lösung“, d.h. auch die Gründung eines Palästinenserstaates neben dem israelischen vor.

Das ist allerdings weder eine „Zwei-Staaten-Lösung“, wie sie im UN-Beschluss von 1947 vorgesehen war, noch eine Zwei-Staaten-Lösung, wie sie von der PLO nach 1974 vorgeschlagen und in UN-Resolutionen übernommen wurde. Trumps Plan stellt für die Gründung eines palästinensischen Staates völlig absurde Bedingungen, die die PalästinenserInnen schon immer mit nein beantwortet haben. So soll z.B. Jerusalem nach Vorstellung der US-Regierung „ungeteilte Hauptstadt Israels“ bleiben. Gleichzeitig wird den PalästinenserInnen eine „Hauptstadt in Ostjerusalem“ offeriert. Netanyahu konkretisiert in seiner Rede diese Offerte: Die Palästinenserhauptstadt solle im Vorort Abu Dis angesiedelt werden – d.h. jenseits der Mauern Jerusalems. Die Mauer soll natürlich weiter existieren „und soll als eine Grenze zwischen den Hauptstädten beider Parteien dienen“.

Das ist die zynische Verhöhnung des palästinensischen Volkes und offensive Propaganda der zionistischen Positionen durch die US-Regierung. Außerdem sollen alle Siedlungen im Westjordanland Bestandteil von Israels Staatsgebiet werden. Bislang verurteilte die UNO in vielen Entschließungen diese Siedlungen als völkerrechtswidrig und verlangt deren Auflösung. Die PLO hat der Zwei-Staaten-Lösung nach 1974 nur unter der Bedingung zugestimmt, dass Israel sich aus allen nach 1967 besetzten Gebieten zurückzieht und alle jüdischen Siedlungen im Westjordanland aufgelöst werden. Das alles wird in dem sogenannten neuen „nachhaltigen Friedensplan“ von Trump/Netanjahu völlig ignoriert. Nach diesem Plan ist vorgesehen, nur 70 Prozent des Westjordanlands den PalästinenserInnen „zuzuteilen“. Das ist der Plan für die Absicherung der offenen Annektion von 30 Prozent des Westjordanlands durch den zionistischen Staat Israel. Die Festschreibung offenen Unrechts zu Recht.

Trump zeigte in der gemeinsamen Pressekonferenz mit Netanjahu auf einer Landkarte die Grenzen des künftigen palästinensischen Staates. Er wäre komplett von Israel umgeben, der Gaza-Streifen wäre mit dem Westjordanland nur durch einen Tunnel verbunden. Der zukünftige palästinensische Staat wäre mit hunderten jüdischen Siedlungen, die auch zu integralen Bestandteilen des israelischen Staatsgebietes erklärt werden, übersät.

Was dieser als Friedensplan verkaufte Annexionsplan für die Zionisten wirklich bedeutet spricht der Kriegsminister Israels offen aus. Er redet nicht von „Westjordanland“, sondern von „Judäa und Samaria“. Das sind die Namen dieses Gebiets im alten Testament. Trumps Worte interpretiert er als direkte Aufforderung, aktiv zu werden: „Trump hat deutlich gemacht, dass sich die Entscheidungen in unseren Händen befinden. Er sagte uns, dass wir die Souveränität auf alle Siedlungen in Judäa und Samaria ausweiten sollen. Dieser Vorgang geht nun vom Weißen Haus zum Regierungssitz in Jerusalem über. Diese Gelegenheit darf nicht verpasst werden.“ ii

Weitere unannehmbare Bedingungen der USA, die das palästinensische Volk annehmen soll, damit es „seinen eigenen Staat“ von Trumps Gnaden erhalten könnte, sind:

– Israel muss als jüdischer Staat anerkannt werden. Das würde in der Praxis bedeuten, die völlige Entrechtung der arabischen Bevölkerung in Israel zu akzeptieren.

– Das palästinensische Volk und seine Regierung sollen „dem Terrorismus“, damit ist der nationale Befreiungskampf der PalästinenserInnen gemeint, abschwören.

– Ein künftiger Staat Palästina muss entmilitarisiert sein.

– Auch die im Gazastreifen herrschende Hamas muss ihre Waffen abgeben.

– Israel behält eine übergeordnete „Sicherheitsverantwortung“, was unter anderem die volle Kontrolle über den Luftraum westlich des Jordans, eine Kontrolle der Zubringerstraßen zu den palästinensischen Gebieten und Baubeschränkungen in den Grenzregionen bedeuten würde.

– Der US-Nahost-Plan sieht dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu zufolge kein Rückkehrrecht für palästinensische Geflüchtete nach Israel vor. Nach Angaben der US-Regierung sollen betroffene PalästinenserInnen drei Möglichkeiten bekommen: In den künftigen Staat Palästina zu ziehen, sich in den Staaten zu integrieren, in denen sie derzeit leben, oder sich in einem anderen Land niederzulassen.

Dabei geht es nach Angaben der Vereinten Nationen um etwa 5,5 Millionen Menschen – PalästinenserInnen, die 1948 im ersten Nahostkrieg flüchteten, sowie um ihre Nachkommen.

Das ist im Groben der imperialistische, sogenannte „Zwei Staaten-Lösungs-Plan“ der USA, der angeblich „nachhaltigen Frieden“ in dem Gebiet schaffen würde.

Dieser Plan ist, was die Lösung der Palästinafrage betrifft, nicht das Papier wert, auf dem er geschrieben ist. Das ist der imperialistisch-zionistische Grenzerweiterungsplan des Staates Israel. Es ist eine dreiste Unverschämtheit, dass das als „Friedensplan“ verkauft wird. Dieser Plan wird von palästinensischer Seite, wie in diesem Fall von einem Sprecher von Hamas, als das tituliert, was es wirklich ist: Müll!

Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas, der für eine Zwei-Staaten-Lösung in den Grenzen vor 1967 ist, lehnt diesen Plan kategorisch ab: „Nach dem Unsinn, den wir gehört haben, sagen wir ‚Nein‘, tausend Mal ‚Nein‘ zum Deal des Jahrhunderts. Präsident Donald Trump und Israels Premier Benjamin Netanyahu haben über die Ohrfeige des Jahrhunderts gesprochen. Eine Ohrfeige, die wir mit Ohrfeigen beantworten werden.“ Alle palästinensischen Organisationen lehnen Verhandlungen auf der Basis dieses Plans kategorisch ab. Der palästinensische Diplomat Husam Zomlot, einst Botschafter in Washington, dessen diplomatische Vertretung von der US-Regierung geschlossen wurde, sagt in einer Sendung von CNN:

Donald Trump hat die Aussicht auf eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung begraben. (…) Der israelische Premierminister hat doch bereits Jerusalem, alle Siedlungen und das Jordantal in seiner Tasche. Allein das Jordantal umfasst ein Drittel des besetzten Westjordanlands. Da stellt sich doch die Frage, ob irgendein israelischer Premierminister sich jemals wieder hinsetzen wird und eine Zwei-Staaten-Lösung verhandelt, die internationalen Beschlüssen entspricht.“

Dieser Plan hat für die palästinensischen Werktätigen den heilsamen Effekt, dass etwaige Illusionen über eine Maklerrolle der USA und eine imperialistische „Zwei-Staaten-Lösung“ in Palästina erst einmal völlig zerschlagen sind.

International sind nur die USA und das zionistische Israel vehement für diesen Plan. Es gibt darüber hinaus nur leise Stimmen von den Lakaienregimen wie die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi Arabien, Ägypten, die den PalästinenserInnen vorschlagen, darüber nachzudenken und den Plan als Verhandlungsgrundlage zu nehmen.

Die europäischen Imperialisten melden leise Bedenken und Vorbehalte an, mit der Begründung, dass dieser Plan den Krieg in dem Gebiet weiter entfachen könnte. Ansonsten wird dieser Plan international rundweg abgelehnt.

Die „Neuigkeit“ des Trump-Plans hat letzten Endes nichts wirklich Neues gebracht.

Nach wie vor ist eine „Zwei-Staaten-Lösung“ in den 1947 vorgesehenen Grenzen ein gangbarer Weg für die Gründung eines palästinensischen Staates.

Das ist aber ohne Revolution nicht zu haben. Nach wie vor liegt die wirkliche Lösung in den Revolutionen unter Führung des Proletariats.

Es ist die Aufgabe der KommunistInnen die imperialistischen Lösungsvorschläge zu entlarven und an der wirklichen Lösung zu arbeiten.

i https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-05/jerusalem-israel-usa-botschaft-eroeffnung

ii Susanne Glass, ARD Tel Aviv, „zu den Reaktionen auf Trumps Nahost-Plan“ tagesschau24 12:00 Uhr, 29.01.2020