1933 – 2023: Deutschland und Iran – Best friends

In der Trotz alledem! Nummer 91, Mai 2023, haben wir über die Revolte im Iran gegen das islam-faschistische Regime nach dem Tod der Kurdin Mahsā Jîna Amīnī berichtet. Einige Leser:innen haben angeregt, die deutsch-iranischen Beziehungen in einem weiteren Artikel zu beleuchten. Warum sind diese so beständig, warum ist der Iran so wichtig für das imperialistische Deutschland? In diesem Artikel wollen wir die politischen und Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern beleuchten.

Weltweit wurden Krokodilstränen geheuchelt, der Ruf nach weiteren Sanktionen laut. Doch was sind diese Tränen und das Geschreie wert? Angesichts des unglaublichen Reichtums an Ressourcen im Iran geht es den Heuchler:innen wohl eher um die eigenen Profitinteressen.

Deutsche Konzerne und Unternehmen können es kaum erwarten, dass im Iran das Regime nach dem Aufruhr wieder erstarkt. Es geht schließlich um milliardenschwere Verträge. Der Handel, die Ausbeutung von Ressourcen im Iran werden mittels wirtschaftlicher Beziehungen zwischen den westlichen imperialistischen, bzw. kapitalistischen Mächten und dem Iran munter weiter vorangetrieben. Das ist ein extremes Beispiel für die Heuchelei der bürgerlichen Herrschenden. Das Gerede von Menschenrechten ist angesichts der Barbarei der Islamist:innen vor allem in Bezug auf die Frauenrechte doppelzüngig und verschleiert die tatsächlichen Verhältnisse.

Der Iran hat eine gefestigte Position in unterschiedlichen Zusammenschlüssen der ehemaligen halbkolonialen Staaten zusammen mit Russland, China und diversen arabischen, asiatischen, afrikanischen und lateinamerikanischenLändern.i

Am 16. September 2022 starb im Iran die Kurdin Mahsā Jîna Amīnī im Gewahrsam der iranischen Sittenpolizei. Weil sie angeblich gegen die islamische Kleiderordnung verstoßen habe. Ihr Tod war Auslöser einer landesweiten Revolte gegen das faschistisch-islamische (schiitische) Regime. Überall auf der Welt sind Menschen unter der Parole „Jin Jîyan Azadî – Frau, Leben, Freiheit“ auf die Straße gegangen, um ihre Solidarität mit den heldenhaften Widerstandsaktionen der Frauen und unterdrückten Völkern im Iran zu zeigen.

Das Interesse der Medien im „ach so demokratischem Westen“ war enorm und Politiker:innen kündigten vollmundig Sanktionen und Strafen gegen das Regime an. Allen voran, die deutsche Außenministerin und Kriegstreiberin Annalena Baerbock: „Frauenrechte sind der Gradmesser für den Zustand einer Gesellschaft“. Als Maßnahme bestellte sie den iranischen Botschafter ins Auswärtige Amt! ii

Welch eine wichtige Tat, den Botschafter einzubestellen. Da sehen wir überdeutlich: Das Gerede von feministischer Außenpolitik der deutschen Außenministerin ist reine Augenwischerei. Das Gerede von Demokratie und Menschenrechten von Seiten des Kapitals und des Staates sind Heuchelei.

Iranisch-deutsche Wirtschaftsbeziehungen bestehen seit mehr als 100 Jahren. Die diplomatischen Beziehungen zwischen Iran, damals noch Persien, und Deutschland begannen offiziell mit der Eröffnung der iranischen Botschaft in Berlin 1885. Aber die Krallen des deutschen Imperialismus fuhren bereits vorher aus: 1868/69 reiste Georg von Siemens in den Iran (damals Persien), um Verhandlungen über den Bau und Betrieb der Indo-Europäischen Telegrafenlinie abzuschließen. Er ist der Mitgründer von Siemens – jenem deutschen Konzern, der bis heute im Iran agiert und unter anderem Technologie zur Überwachung der Opposition liefert.

Für Deutschland war der Iran als „Tor nach Indien” von strategischer Bedeutung im Konkurrenzkampf mit Großbritannien und so wurde 1906 die erste deutsche Schule im Iran eröffnet.

Der Zweite Weltkrieg:
Deutschland und Iran 1933 – 1941

1932/33 belief sich Deutschlands Anteil am iranischen Außenhandel auf lediglich acht Prozent. iii

Um die Interessen der deutschen Großmacht in der Region auszubauen, wurde am 30. Mai 1934 mit Unterstützung deutscher Konzerne der Deutsche Orient-Verein gegründet. Das waren die Konzerne, die auch den Nazi-Faschismus an die Macht brachten: Siemens, I.G. Farben, Allianz, Dresdner Bank, Deutsche Bank, Krupp, MAN, Julius Berger und Hochtief. Siemens-Direktor Hermann Reyss wurde zum ersten Vorsitzenden. iv

1935 wurde aus dem sogenannten Irak- und Iran-Ausschuss des Orient-Vereins der Deutsche Wirtschaftsverband für Iran gebildet und am 29. April 1936 die Deutsch-Iranische Handelskammer. Bereits 1938/39 stieg Deutschland zum führenden Handelspartner Irans auf und konnte diese Position in den folgenden Jahren bis 1941 sogar noch ausbauen. Das deutsch-iranische Handelsvolumen erhöhte sich von 1932 bis 1941 fast um das Sechsfache. Deutschland lieferte vorwiegend industriell gefertigte Waren und technisches Knowhow. Der Iran exportierte agrarische Produkte, Erze und Mineralien. v

Mit der Zunahme der Handelsbeziehungen strömten vermehrt deutsche Ingenieure, Fachkräfte und auch Arbeiter:innen in den Iran. Infrastrukturprojekte wie der Bau der transiranischen Eisenbahn, die vom Kaspischen Meer zum Persischen Golf führen sollte, lockten deutsches Kapital.

SS-Oberführer Erwin C. Ettel wurde im Oktober 1939 zum deutschen Botschafter ernannt. Zu den gemeinsamen wirtschaftlichen und machtpolitischen Interessen kam die Sympathie der iranischen Bourgeoisie für die Deutschen dazu. Das Deutsche Reich war schließlich Gegner jener Mächte, von denen der Iran sich bedroht sah: Die Sowjetunion und Großbritannien.

So wurde zum Beispiel die Decke der großen Bahnhofshalle in Teheran mit großen, Hakenkreuzen ähnelnden Gebilden dekoriert. Auf den Beginn des Zweiten Weltkrieges reagierte die iranische Regierung am 4. September 1939 mit Abgabe einer Neutralitätserklärung.

Noch heute – 2023 – mehr als 80 Jahre nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges prahlt die Botschaft der islamischen Republik Iran in Berlin auf ihrer Webseite sogar damit, dass hunderte Deutsche sich während des Zweiten Weltkrieges im Iran aufhielten: „…die Präsenz hunderter deutscher Berater und Experten diente zu einem Vorwand für die Besetzung Irans durch die Alliierten.“vi

Der Iran galt als „fünfte Kolonne“ Deutschlands. Ab 1939 installierte Nazi-Deutschland im Iran ein Spionagenetzwerk. Sowjetischen Angaben zufolge hielten sich in Iran 5 000 bis 7 000 Deutsche auf, von denen 4 000 als Agenten der deutschen Geheimdienste, der Gestapo und des Propagandaapparates vor Ort waren. Außerdem sind von Jahresbeginn 1941 an nahezu 11000 Tonnen verschiedenster Waffen und Munition als Industrieausrüstungen getarnt nach Iran geschafft worden. Seit Juli 1941 wurden zahlreiche deutsche Offiziere angeblich als „Touristen“ in den Iran beordert. vii

Deutschland und Iran:
Von der „Modernisierungs“diktatur des Schah bis zur Islamischen „Revolution“

1921 machte sich Reza Khan, ein Oberst der Kosakenbrigade, durch einen Staatsstreich zuerst zum Kriegsminister und zwei Jahre später zum Premier. Nach vier Jahren ließ er sich zum Schah krönen. Die Sowjetunion und Großbritannien, die während des 2. Weltkrieges Iran besetzten, zwangen Reza Khan 1941 zum Rücktritt. Sein Sohn Mohammed Reza wurde der neue Herrscher. Er lehnte sich an die Westmächte USA und England an.

Nach dem 2. Weltkrieg kam es Anfang der 1950er Jahre zu Auseinandersetzungen zwischen dem Schah und dem gewählten Premier des Landes, Mohammad Mossadegh.

Iran_Premier Mossadegh

Er führte eine nationalliberale Koalition an, die das Ziel verfolgte, die unter der Vorherrschaft des britischen Imperialismus stehende Anglo-Iranian Oil Company (AIOC) zu verstaatlichen. Er verabschiedete eine Landreform zugunsten der Kleinbauernschaft. Räte auf dem Land wurden eingesetzt, der Anteil der Großgrundbesitzer:innen am Ertrag wurde um 20 Prozent verringert. Außerdem kündigte er eine Steuerreform an, die geringe Einkommen entlasten sollte. Im August 1953 wurde die Regierung Mossadegh unter Beteiligung der Geheimdienste der USA und Großbritanniens mit Unterstützung von iranischer Mittelschicht und Klerus gestürzt.

Mit Duldung des Westens, insbesondere der USA und Großbritanniens, erweiterte Mohammed Reza Schah stetig seine Machtbefugnisse und stiegt zum Alleinherrscher auf. Die Antwort darauf war eine Widerstandsbewegung gegen die Schah-Dynastie. Mitte 1963 weiteten die Proteste gegen den Schah sich zu schweren Unruhen aus, die brutal niedergeschlagen wurden.

Bei diesen spielten die religiösen Führer des Landes, der schiitische Klerus, eine wichtige Rolle mit Ayatollah(„Zeichen Gottes“) Ruhollah Khomeini als Führer. 1978 erneut zahlreiche Demonstrationen und Proteste, die von der Polizei blutig niedergeschlagen wurden. Hauptsächlich wurden die Demonstrationen von verarmten Landbewohner:innen initiiert, die auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen in die Städte gezogen waren. Sie wandten sich politisch in Teilen religiösen Zirkeln zu.

Diese Armen und Entrechteten waren es, auf die sich Khomeini stützte. Die millionenfachen Proteste, gingen dabei von sehr unterschiedlichen, gegensätzlichen Organisationen aus: Kommunist:innen, die liberale Bourgeoisie protestierten ebenso wie islamische Hardcore-Bewegungen. Was die Widerstand leistenden Gruppierungen in dieser Phase einte, war der Kampf gegen den Schah, die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit und ein Nationalismus, der sich gegen den westlichen Einfluss und den westlichen Profit am iranischen Öl richtete. Anfang 1979 war der Schah samt Familie gezwungen, ins Exil fliehen.

Khomeini löste die nach dessen Flucht gebildete provisorische Regierung auf. Und in nur wenigen Wochen gelang es ihm und seinen islamischen Anhängern, alle Schaltstellen der Macht zu übernehmen. Am 5. Februar beauftragte er den religiösen Ingenieur Mehdi Bazargan mit der Bildung einer sogenannten „Revolutionsregierung“ und beruhigte damit weite Teile in Militär und Wirtschaft – auch international. Am 1. April 1979 wurde die Islamische Republik offiziell ausgerufen und am 2. Dezember eine entsprechende Verfassung durch Volksabstimmung angenommen.

1946 – 1979 Business as usual:
Firmen des BRD-Imperialismus machten weiterhin emsig Geschäfte mit dem Iran

Schon 1946 eröffnete der Iran erneut ein Konsulat in Stuttgart. Ab 1952 nahmen beide Länder ihre diplomatischen Beziehung wieder auf. Der Iran unterhielt neben der Botschaft in Bonn auch drei Konsulate in Hamburg (März 1951), München (Mai 1960) und Westberlin (1966). Die Botschaft der islamischen Republik Iran in Berlin verkündet 2023 stolz auf ihrer Seite: „Deutschland hat in den vergangenen 50 Jahren stets zu den größten Handelspartnern Irans gehört. Viele iranische Unternehmen, darunter pharmazeutische und Nahrungsmittel produzierende Unternehmen, im Öl- und Gasbereich tätige Unternehmen, Kraftwerke und Wasserwerke wurden mit deutscher Hilfe gebaut.“ viii

1954 einigten sich beide Länder auf das Wieder-Inkrafttreten aller wirtschaftlichen Verträge, die durch den 2. Weltkrieg auf Eis lagen. Deutschland spielte in den kommenden Jahren und Jahrzehnten eine wichtige Rolle bei der Industrialisierung des Irans und förderte den Handel mit Bürgschaften und relativ hohen Hilfsleistungen. Trotz massiver Menschenrechtsverletzungen unter dem faschistischen Schah-Regime wurden die Beziehungen beider Länder permanent weiter ausgebaut.

Der Schah kam 1957 und 1967 zum Staatsbesuch nach Deutschland, sein Ministerpräsident sogar dreimal. Bei den Protesten gegen den Schah-Besuch wurde in Berlin der Student Benno Ohnesorg von einem Polizisten erschossen.

Bundeskanzler Konrad Adenauer reiste 1957 in den Iran, 1968 Kurt Georg Kiesinger, CDU, Willy Brandt, SPD, 1972, Helmut Schmidt, SPD, 1975 sowie Bundespräsident Walter Scheel, FDP, 1978. Im Juni 1962 befreite die Bundesregierung Bürger:innen des Irans von der Visumspflicht. Iraner:innen und westdeutsche Staatsbürger:innen benötigten bis Mai 1980 keine Einreisegenehmigung in den Iran.

Bis 1978 entwickelte sich der Iran zum größten Öllieferanten Westdeutschlands – ein Fünftel aller Öl-Importe. Zudem investierte der Staat in westliche Unternehmen. So kaufte der Iran sich mit 25 Prozent in die Fried. Krupp AG ein. Nachdem sich am 17. Juli 1974 die staatliche National Iranian Steel Industries Company zu 25,04 Prozent zunächst an der Tochtergesellschaft Fried. Krupp Hüttenwerke AG beteiligt hatte, beteiligte sich der Staat Iran 1976 ebenfalls mit 25,01 Prozent an der Obergesellschaft Fried. Krupp GmbH.ix

Der Iran entwickelte sich zu einem der wichtigsten außereuropäischen Exportländer Westdeutschlands: Vor allem Maschinen, Chemietechnik, Elektrotechnik und Autos. Für den Iran war die Bundesrepublik der größte Exporteur. Von dort wurden jährlich etwa 20 Prozent der Gesamtimporte des Landes geliefert. Nach den statistischen Jahrbüchern des Iran stieg das Importvolumen aus der BRD von etwa 830 Millionen DM im Jahr 1971 bis 1982 auf 4,7 Milliarden DM an. Der Anteil Deutschlands am gesamten Export der damaligen EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft) in den Iran betrug 60 Prozent. x

Zwischen 1974 und 1979 verkaufte Westdeutschland an den Iran Waffen im Wert von rund einer Milliarde DM. Ein Abkommen von 1974 vereinbarte, 94 iranische Offiziere und Kadetten an der Bundeswehr-Hochschule in München auszubilden. xi

Am 4. Juli 1976 schlossen beide Länder ein Abkommen über die atomwirtschaftliche Zusammenarbeit und einen Vertrag über den Bau des ersten iranischen Atomkraftwerks nahe der Stadt Buschehr am Persischen Golf. xii

Die Kraftwerk Union AG (KWU) sollte die Bauausführung übernehmen. Knapp ein Jahr später begannen Verhandlungen des Iran mit der KWU über weitere Atomkraftwerke. Mit einem Volumen von rund acht Milliarden DM (andere Zahlen sprechen sogar von elf Milliarden) war dies einer der größten deutschen Export-Aufträge überhaupt. Zudem arbeitete deutsches Fachpersonal im Iran beim Aufbau eines iranischen Kernforschungszentrums mit. xiii

Und noch 1978, während der Revolte im Iran, orderte der Schah sechs U-Boote und vier Fregatten bei bundesdeutschen Konzernen. xiv

1979 – Deutschland und das Mullah-Regime

„Nach dem Sieg der Islamischen Revolution verfolgte die Außenpolitik des Landes einen Kurs der Unabhängigkeit von Ost und West. In dieser Zeit waren die Beziehungen zwischen Iran und Deutschland von den Höhen und Tiefen der gesamten Beziehungen zwischen Iran und dem Westen geprägt. Dennoch hat Deutschland stets zu den Befürwortern des konstruktiven Dialogs zwischen Iran und den europäischen und westlichen Staaten gehört. Hans-Dietrich Genscher war der erste westliche Außenminister, der 1984 Iran besuchte.“ xv

Ahmadinejad: „Wir lieben die Deutschen!“ oder Von Bazargan bis zum islam-faschistischen Raisi

Die westlichen Regierungen erkannten bereits im Februar die provisorische Regierung unter Mehdi Bazargan mit antikommunistischen Argumenten an. Das Auswärtige Amt und die Botschaft in Teheran ließen verlauten, dass im neuen iranischen Kabinett keine „links-extremen Kräfte“ vertreten seien. Außenminister Hans-Dietrich Genscher verkündete „die Fortsetzung der freundschaftlichen Beziehungen“. xvi

Durch die Verfassung vom 2. Dezember erhielt der religiöse FührerKhomeini weitreichende Rechte: Er ernennt die Leiter des Militärs, die Führung der Revolutionsgarden, die Mitglieder des Wächterrats und er bestimmt die Richtlinien der Außenpolitik. xvii

Iran_Regierungsschema

Die Islamische Republik setzte mit nackter faschistischer Gewalt den Umbau des Staates durch. Alle politischen Gegner:­innen wurden gejagt, viele öffentlich hingerichtet. Bis 1988 wurden tausende Oppositionelle getötet. Zehntausende wurden verhaftet, gefoltert oder mussten fliehen. Zahlreiche Grundrechte wurden eingeschränkt, vor allem die Rechte von Frauen: Die Sittenwächter überwachten die Kleidungsvorschriften und Verhaltensweisen. Der Mann erhielt die Entscheidungsgewalt und das Recht zur Scheidung. Das Heiratsalter wurde schrittweise auf neun Jahre gesenkt. Verheiratete Frauen wurden vom Schulbesuch ausgeschlossen. Weltliche Schulen und Universitäten mussten schließen. Die Pressefreiheit wurde zunehmend eingeschränkt. Wissenschaft und Kultur wurden ausgeblutet.

Im September 1980 begann der erste Golfkrieg. Es ging um die Vorherrschaft am Persischen Golf und letztlich um die Besetzung der iranischen Ölfelder im Süden des Landes. Unterstützt wurde der Irak mit Waffenlieferungen aus dem Westen. Nach acht Jahren endete der erste Golfkrieg mit einem Waffenstillstand. Die Bilanz des Krieges: Insgesamt eine Million Tote.

1989 starbKhomeini. Nach verschiedenen inneren Machtkämpfen trat Ali Chamenei als neuer religiöser Führer (Ayatollah) in die Fußstapfen seines Vorgängers.

Mit Haschemi Rafsandschani wurde ein Klerikaler auch zum Staatspräsidenten gewählt. xviii

Auf Rafsandschani folgte Mohammed Chatami im Mai 1997. Mahmoud Ahmadinejad wurde der erste Regierungschef Irans (seit 1981), der nicht dem Klerus angehörte. Im Juni 2013 wurde Hassan Rouhani zum siebten Präsidenten gewählt. Der achte und aktuelle Präsident ist der islam-faschistische Ebrahim Raisi seit 2021.

Für die westdeutsche Großbourgeoisie – scheißegal welches Regime herrscht

Auch 1979 war die Bundesrepublik weiterhin der wichtigste Handelspartner des Iran, wenngleich die deutschen Ausfuhren in den Iran um zwei Drittel gegenüber dem Vorjahr einbrachen. Erst in den vergangenen Jahren löste China Deutschland als ersten Handelspartner des Iran ab. Dennoch pflegte kein westliches Land weiterhin so sehr den Kntakt zum islam-faschistischen Regime wie die Bundesrepublik.

Viele Großaufträge aus der Schah-Zeit wurden weiter betrieben: der Bau einer Raffinerie in Isfahan durch Thyssen, eines Wärmekraftwerks in Neka durch BBC/Deutsche Babcock, sowie Anlagen zur Wasserversorgung in Teheran durch Lar-Tunnel-Konsortium Huta Hegerfeld im Gesamtwert von drei Milliarden DM. Nur KWU/Siemens zog sich 1979 aus dem Auftrag für das Kernkraftwerk in Buschehr zurück.

1983 lag der Wert der deutschen Exporte bereits bei 7,7 Milliarden DM und stieg weiter an. In den 1990er Jahren machten deutsche Exporte bis zu 50 Prozent der gesamten EG-Exporte in den Iran aus. Zahlreiche Delegationen verschiedener Ebenen reisten zwischen beiden Ländern hin und her: Außenminister Genscher 1984 zu einem Staatsbesuch in den Iran. Im Jahre 2000 kam der damalige Staatspräsident Chatami nach Deutschland. Der Handel florierte und Deutschland ist mit einem Handelsvolumen von ca. 5 Milliarden Euro– nach wie vor – einer der wichtigsten Handelspartner Irans. xix

Der Iran hielt weiterhin sein Aktienpaket an Krupp-Aktien und das Regime damit einen Vertreter im Aufsichtsrat des Konzerns. Erst auf Druck der USA 2003 kaufte der Konzern die iranischen Anteile auf. xx

Im Dezember 2006 verhängte der UN-Weltsicherheitsrat Sanktionen gegen den Iran aufgrund seines Atomprogramms, zwei weitere Resolutionen folgten jeweils im März 2007 und 2008. Aufgrund starker Handelsbeschränkungen für zivile und militärische Güter, sowie strenger Auflagen für Exportkredite, schrumpften die deutschen Ausfuhren 2013 auf nur noch etwa 1,8 Milliarden Euro.

Dennoch waren zahlreiche deutsche Konzerne im Iran tätig: Bosch, Carl Zeiss, Deutz, Degussa, KraussMaffei, Linde, Merck und Miele, und andere. xxi

Aufgrund des Atomabkommens von 2015 wurden die Sanktionen 2016 größtenteils aufgehoben. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel reiste – samt hochkarätiger Wirtschaftsdelegation nach dem Atomabkommen in den Iran, um die lukrativen Geschäfte mit der Islamischen Republik wieder aufleben zu lassen. Der damalige Bundesaußenminister Frank Walter Steinmeier fuhr ebenfalls 2015 in das Land. Im Januar 2016 folgte Gerhard Schröder als Ehrenvorsitzender des Nah- und Mittelost-Vereins an der Spitze einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation.

Vom 1. bis 4. Mai 2016 fand die 5. Sitzung des gemeinsamen iranisch-deutschen Wirtschaftsforums statt, in der eine Roadmap und eine Strategie für langfristige iranisch-deutsche Wirtschaftsbeziehungen definiert wurden. Es wurde prognostiziert, dass die Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre sechs Milliarden Euro (das Handelsvolumen im Jahre 2006) erreichen werde. xxii

Laut Destatis stiegen die deutschen Iranausfuhren 2017 umgehend auf 3 Milliarden Euro. Riesige Gasfelder lockten deutsche Unternehmen, wie Linde, um über LNG-Projekte (Liquefied Natural Gas, verflüssigtes Erdgas) zu verhandeln.

Am 8. Mai 2018 verkündete der damalige US-Präsident Trump, aus dem Atom-Abkommen auszusteigen. Im November 2018 folgte die Wiedereinsetzung und Verschärfung von Sanktionen. Viele deutsche Firmen zogen sich daraufhin aus Furcht vor US-Strafen aus dem Handel mit dem Iran zurück. Im Oktober 2022 beschloss die EU insgesamt 13 neue Sanktionsmaßnahmen gegen den Iran.

EU Sanktionen und Kündigung des Atom-Abkommens der USA zeigen Wirkung

Exporte in den Iran sanken bis 2021 auf 1,4 Milliarden Euro. Das war der niedrigste Wert seit 20 Jahren. Das deutsch-iranische Handelsvolumen betrug im Jahr 2021 1,76 Mrd. Euro.

Deutsche Exporte in den Iran und
Importe aus dem Iran in Mrd. Euro
xxiii

Die Zusammensetzung der deutschen Iranexporte hat sich auch signifikant verändert. Mehr als die Hälfte der Ausfuhren entfiel 2022 auf Nahrungsmittel (vor allem Getreide), Agrarchemikalien, Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen sowie Medikamente und Medizintechnik. xxiv

Deutsche Einfuhrgüter
(Prozent der Gesamteinfuhr)
2021:

Nahrungsmittel 45,5 Prozent; Rohstoffe (ohne Brennstoffe) 23 Prozent; Chemische Erzeugnisse 11,6 Prozent; Eisen und Stahl 9 Prozent; Textilien und Bekleidung 7 Prozent; NE-Metalle 1,3 Prozent; Maschinen 0,7 Prozent; Baustoffe/Glas/Keramik 0,2 Prozent; Metallwaren 0,1 Prozent. xxv

Deutsche Ausfuhrgüter
(Prozent der Gesamtausfuhr) 2021:
xxvi

Foto4_Iran_Ausfuhr BRD in Iran

Trotz der blutigen Niederschlagung von Protesten stiegen bereits 2022 die deutschen Exporte nach Iran weiter an. Von Januar bis November wuchsen sie um 12,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf rund 1,5 Milliarden Euro.

Damit wurde bereits nach elf Monaten das Ergebnis des gesamten Jahres 2021 von gut 1,4 Milliarden Euro übertroffen. „Deutschland ist nach wie vor Irans wichtigster Handelspartner in Europa“, so die deutsch-iranische Industrie- und Handelskammer. xxvii

Der Iran ist nach den USA und Russland drittgrößter Gasproduzent weltweit.

Zwischen 2000 und 2020 hat sich die Förderung fast verfünffacht. Bis zum Ende dieses Jahrzehnts soll die Produktion um weitere 50 Prozent gesteigert werden, so dass der Iran zum zweitgrößten Produzenten weltweit aufsteigen könnte.

Der Internationale Währungsfonds prognostiziert für 2023/2024 eine Erhöhung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Iran um real 3 Prozent, die Weltbank erwartet sogar 4,1 Prozent. Satte Profite, fette Gewinne, das ist es, worum es Germany Trade & Invest (GTAI), als Außenwirtschaftsagentur der Bundesrepublik Deutschland und einigen deutschen Konzernen und Unternehmen geht. Es geht darum, dass Deutschland ein fettes Stück vom Kuchen abbekommt. xxviii

Es geht nicht um Frauenrechte, Pressefreiheit, nein, es geht um Ausbeutung von Rohstoffen, um Profite, um strategische Einflussgebiete weltweit. Da kann die deutsche Außenministerin und Kriegstreiberin Annalena Baerbock noch so viel schwafeln von feministischer Außenpolitik. Es ist reine Augenwischerei.

Das Gerede von Demokratie und Menschenrechten von Kapital und Staat ist Heuchelei.

Die Entlarvung und Anprangerung der Machenschaften des deutschen Imperialismus mit dem aktuellen Regime sowie das Favorisieren von Schah Reza Pahlavi als Alternative zum Khomenei-Regime ist dringend angesagt.

Der mutige Widerstand insbesondere der Frauen und der Arbeiter:innenklasse im Iran wird sich trotz der anhaltenden barbarischen Unterdrückung immer wieder in neuen Wellen gegen das faschistisch-klerikale Regime entfalten.

Internationale Solidarität ist gefragt!

Internationales Atomabkommen

Die Gespräche zwischen Iran und den fünf permanenten Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats (China, Frankreich, Russland, USA, Vereinigtes Königreich) inklusive Deutschland und der Europäischen Union zeigten bald Fortschritte. Sie führten nach einer Reihe von Verhandlungen zu dem in Wien vereinbarten Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA), auch als „internationales Atomabkommen“ bekannt.

Mit diesem Abkommen vom Juli 2015 verpflichtete sich der Iran – im Gegenzug zur schrittweisen Aufhebung von Sanktionen – für 15 Jahre zur Suspendierung und regelmäßigen Überwachung der potentiell militärisch nutzbaren Bestandteile seines Atomprogramms.

i Nach dem Motto: „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“ betreibt der Iran vor allem mit Kuba, Nicaragua und Venezuela Handel in Lateinamerika. Zuletzt besuchte der iranische Präsident Seyed Ebrahim Raisi im Juni 2023 Kuba, Nicaragua und Venezuela.

ii spiegel.de/politik/deutschland/annalena-baerbock-gruene-fordert-nach-tod-junger-iranerin-neue-sanktionen-gegen-iran-a-dd4e7dca-d8d7-4fcc-9cac-1d2161e5e79b

iii Verglichen mit der Sowjetunion (28 Prozent), Großbritannien (23 Prozent) und den USA (12 Prozent) war das wenig.

iv de.wikipedia.org/wiki/Nah-_und_Mittelost-Verein, eingesehen 27.11.23

v Klaus Jaschinski, Das deutsch-iranische Verhältnis im Lichte der alliierten Invasion in Iran 1941, comparativ.net/v2/article/download/962/853/157

vi Botschaft der islamischen Republik Iran, Berlin, berlin.mfa.ir/de/GeneralCategoryServices/10395, eingesehen November 2023

vii Britischen Angaben zufolge gab es zu dieser Zeit 2.000 bis 3.000 Deutsche im Iran. Deutsche und iranische Behörden sprechen von lediglich 1.050 Deutschen im Iran.

Klaus Jaschinski, Das deutsch-iranische Verhältnis im Lichte der alliierten Invasion in Iran 1941, comparativ.net/v2/article/download/962/853/1575

viii Botschaft der islamischen Republik Iran, Berlin, berlin.mfa.ir/de/generalcategoryservices/10394/wirtschaft, eingesehen 27.11.2023

ix de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Krupp_AG, eingesehen November 2023

x iranjournal.org/wirtschaft/deutsch-iranische-wirtschaftsbeziehungen, Stand 25.12.2018

xi zeitgeschichte-digital.de/doks/files/683/b%C3%B6sch_zwischen_schah_und_khomeini_2015_de.pdf

xii Dennis Romberg stellt in seinem Buch „Atomgeschäfte, Die Nuklearexportpolitik der Bundesrepublik Deutschland 1970–1979“ fest, es gebe einen geheimen Briefwechsel zu diesem Abkommen, in dem die Bundesregierung dem Iran zusichert unter bestimmten Bedingungen Wiederaufarbeitungs- und Anreicherungstechnologie zu liefern.

brill.com/display/title/55721, eingesehen Dezember 2023

xiii de.wikipedia.org/wiki/Iranisches_Atomprogramm, eingesehen Dezember 2023

xiv zeitgeschichte-digital.de/doks/files/683/b%C3%B6sch_zwischen_schah_und_khomeini_2015_de.pdf

xv Botschaft der islamischen Republik Iran, Berlin, berlin.mfa.ir/de/GeneralCategoryServices/10395

xvi Archiv für Sozialgeschichte – Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, library.fes.de/pdf-files/afs/bd59/afs59_16_boesch.pdf

xvii Der Wächterrat überwacht unter anderem die Übereinstimmung der vom Parlament verabschiedeten Gesetze mit den Prinzipien des Islam. Er kontrolliert außerdem die Qualifizierung und Zulassung der Präsidentschaftskandidaten, der Kandidaten für den Expertenrat, der Kandidaten für das Parlament und steht in direktem Kontakt mit dem Revolutionsführer. Ein zentrales Beobachtungsgremium, vom Wächterrat ernannt, überwacht alle Wahlprozesse und gibt das Wahlergebnis bekannt.

Frauen wurden bisher generell von Präsidentschaftswahlen ausgeschlossen.

de.wikipedia.org/wiki/W%C3%A4chterrat, eingesehen Dezember 2023

xviii Rafsandschani rühmte 2008 die „strategische Allianz zwischen den beiden Ländern im Zweiten Weltkrieg“ (gemeint sind Deutschland und der Iran) als Vorbild für die Gegenwart.

matthiaskuentzel.de/contents/die-deutschen-und-der-iran, 2009

xix Botschaft der islamischen Republik Iran, Berlin, berlin.mfa.ir/de/GeneralCategoryServices/10395

xx zeitgeschichte-digital.de/doks/files/683/b%C3%B6sch_zwischen_schah_und_khomeini_2015_de.pdf

xxi iranjournal.org/wirtschaft/deutsch-iranische-wirtschaftsbeziehungen/2

xxii Botschaft der islamischen Republik Iran, Berlin, berlin.mfa.ir/de/GeneralCategoryServices/10394

xxiii WIRTSCHAFTSDATEN KOMPAKT, Iran, November 2022, Germany Trade & Invest 2022, gtai.de/iran

xxiv gtai.de/de/trade/iran/wirtschaftsumfeld/iranische-wirtschaft-bleibt-auf-stabilem-wachstumskurs-261344

xxv 2012 haben die EU und die USA die Einfuhr von Öl und Gas aus dem Iran verboten. Trotzdem hat Deutschland im März 2023 69,737 Tonnen Rohöl und Erdölprodukte aus dem Iran importiert. Zuletzt hatte Deutschland im Jahr 2018 zehntausend Tonnen Rohöl oder Erdölprodukte aus Iran importiert. Damit hat es trotz Embargo gegen den Iran Rohöl oder Erdölprodukte importiert.

Eurostat: Deutschland importiert Öl aus Iran, https://parstoday.ir/de/news/iran-i81424-eurostat_deutschland_importiert_% C3%96l_aus_iran

xxvi Quelle: GTAI

xxvii spiegel.de/wirtschaft/deutsche-iran-exporte-sind-2022-gestiegen-trotz-protesten-a-16e86f45-6b57-4572-b312-848db778ded4, Stand 10.01.2023

xxviii gtai.de/de/trade/iran/wirtschaftsumfeld/iranische-wirtschaft-bleibt-auf-stabilem-wachstumskurs-261344