100 Jahre Gründung der KPD

100 Jahre Ermordung von Rosa und Karl

Anlässlich dieser herausragenden Ereignisse in der Geschichte der internationalen ArbeiterInnenbewegung haben wir 2018/2019 einen politischen Schwerpunkt unserer Arbeit darauf gelegt. In der gemeinsamen Erklärung „Vermächtnis von Rosa und Karl: Trotz alledem wird die proletarische Weltrevolution das imperialistische Weltsystem zerschlagen – Im Kommunismus wird sich die Menschheit befreien!“ haben die Partei Nordkurdistan/Türkei, (BP-KK/T), die Initiative für den Aufbau einer Revolutionär-Kommunistischen Partei Österreich (IA.RKP) und wir, Trotz alledem! Deutschland, Lehren für unseren heutigen Kampf gezogen. 1

Auf Veranstaltungen in verschiedenen Ländern wurde die Erklärung verteilt. Einen gemeinsamen Aufruf zur Mobilisierung für die LLL-Demonstration haben die Organisation Kommunistischer Aufbau und wir, Trotz alledem!, verbreitet.

In der Hauptstadt Berlin wurde weithin sichtbar, im Herzen von Kreuzberg an einer Häuserfront, ein Zeichen der Kontinuität kommunistischer Geschichte und Gegenwart gesetzt. „Mit Rosa und Karl – Trotz Alledem! Gegen das kapitalistische System Für Kommunismus! Nie vergessen! Ermordet 1919“

Aus etlichen Städten sind GenossInnen für ein revolutionäres Wochenende nach Berlin gekommen. Wir haben am Samstag einen Revolutions-Kulturtag organisiert. Alle waren begeistert, und wir wollen uns nächstes Jahr wieder am LLL-Wochenende treffen. Zum Kämpfen, Diskutieren und …

Veranstaltung:

Von Rosa und Karl lernend – den Aufbau der Kommunistischen Partei anpacken!

Am Vorabend der Luxemburg-Liebknecht-Lenin Demonstration in Berlin hat Trotz alledem! zu einer Veranstaltung eingeladen. Die zahlreichen BesucherInnen heißt eine TA-Genossin willkommen:

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genoss­Innen, seid herzlich gegrüßt. Schön, dass ihr alle gekommen seid. Wir treffen uns an diesem Wochenende in Berlin in historisch bedeutsamer Zeit.

Für die ArbeiterInnenbewegung und die kommunistische Bewegung. Vor hundert Jahren wird am Jahreswechsel Dezember 1918/Januar 1919 die Kommunistische Partei Deutschlands gegründet. Leider zu spät.

Die Novemberrevolution in Deutschland kann sich nicht zur sozialistischen Revolution weiter entwickeln. Die Januaraufstände des Proletariats hier in dieser Stadt, hier in Kreuzberg werden blutig zerschlagen. Am Dienstag nächster Woche, am 15.Januar 2019, jährt sich der grausame Mord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht zum hundertsten Mal. Auch wenn die Kämpfe zwischen den Werktätigen und der Konterrevolution, an ihrer Spitze die SPD, bis in die Mitte der 1920er Jahre andauern. Der deutsche Faschismus ist die bittere Konsequenz und Antwort des deutschen Imperialismus.

Wir beginnen mit dem Blick zurück in die Tage vor und während der Novemberrevolution.“

In der anschließenden spannenden Beamer-Präsentation zieht uns eine Genossin musikalisch mit Arbeiterliedern und dramatischen Bildern direkt in die Tage des Ersten Weltkriegs hinein. Das Grauen des Giftgaskrieges und die gegen Ende des Krieges aufflammenden Soldaten- und Arbeiterkämpfe führen direkt in das Revolutionsgeschehen.

Die Verräterrolle der SPD, die Politik und Kämpfe des Spartakusbundes, die flammenden Reden und Artikel von Rosa und Karl, die Gründung der Kommunistischen Partei – dicht gedrängt wird die Geschichte lebendig.

Fatal die Zögerlichkeit der KommunistInnen, die sich zu spät zum endgültigen Bruch mit den Sozialdemokraten aller Schattierungen entschlossen haben. Bewegend die Januarkämpfe des aufständischen Proletariats, der ArbeiterInnen und der Soldaten die mutig sich für die Räte-Republik bewaffnet erheben. Schmerzvoll der Verlust der herausragenden KommunistInnen Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, ermordet durch die blutige Konterrevolution unter Führung der SPD, an deren Händen ihr Blut klebt. Entscheidende Lehre für heute, mit aller Kraft die kommunistische Organisation aufbauen, um für die kommenden Kämpfe gerüstet zu sein.

Anschließend leitet die Moderatorin mit knappen Schlussfolgerungen aus der Geschichte für den aktuellen Klassenkampf zur Diskussion über:

Heute steht uns ein globaler, in heftiger Konkurrenz um Weltherrschaft ringender Imperialismus gegenüber. Leid, Armut, Gewalt, Kriege, Verelendung, Zerstörung unserer Lebensgrundlage… für die werktätigen Menschen rund um den Globus alltägliche Realität. Die linke, revolutionäre und kommunistische Bewegung hat bittere Niederlagen erlitten und ist heute noch sehr schwach. Trotz alledem werden auf der ganzen Welt Millionen von ArbeiterInnen, RevolutionärInnen und KommunistInnen heute dieser Tage gedenken. Rosa und Karl, leidenschaftliche VorkämpferInnen für eine andere Gesellschaft leben in unserer aller Herzen weiter. Ihr scharfer Verstand, ihre kämpferische politische Praxis, ihre aufrüttelnden Reden und Aufrufe, ihre Verbundenheit mit den ArbeiterInnen sind uns Beispiel. Wir wollen nicht besserwisserisch über die Geschichte urteilen. Sondern aus den positiven wie negativen Erfahrungen für heute lernen. Was wir hier und heute aus den Erfahrungen der Novemberrevolution, der KPD, von Rosa und Karl lernen können und müssen, ist, dass wir um die Antwort auf die grundsätzlichen Fragen ringen müssen: Was Tun im Jahr 2019? Was sind konkret unsere nächsten Aufgaben? Ihr Vermächtnis ist, die Einheit der Kommunistischen Kräfte und eine wirklich kommunistische Partei aufzubauen. Mit aller Kraft, gegen alle Widrigkeiten. Das ist unser Leitsatz: Mit Rosa und Karl – gegen das System – Trotz alledem! Für den Kommunismus!“

In der Diskussion, an der sich auch sehr rege junge GenossInnen der FDJ beteiligen, werden Erfahrungen aus der Betriebsarbeit, die Notwendigkeit der Kommunistischen Partei und Erfahrungen der Novemberrevolution thematisiert. Mit der Internationale verabschieden wir uns gemeinsam für die Demo am nächsten Tag.

Kraftvoll – lautstark – kämpferisch: LLL-Demonstration

Tausende junge und „ältere“ TeilnehmerInnen aus vielen Ländern, von der „Linken“ und ihrem Reformismus bis hin zu vielen KommunistInnen im revolutionären Block. Eine politisch ziemlich zusammengewürfelte Demonstration zog zum Friedhof der Sozialisten in Friedrichsfelde. Leider, das war echt das einzig wirklich negative, in strömendem Regen und geplagt von heftigen Windböen. Aber wir haben in unserem Block diesen Widrigkeiten tapfer getrotzt und sind kollektiv in Reihen gelaufen. Die Fahnen wurden kraftvoll geschwungen und unser Transparent durch den Sturm gebracht.

Parolen wurden ausdauernd und mit aller Kraft gerufen „Trotz all der Lügen der Reformisten – Karl und Rosa war‘n Kommunisten“, „Ich war, ich bin, ich werde sein – die Revolution wird die Menschheit befreien“.Und viele mehr.

Unser „Einlaufen“ in den Friedhof ist hervorragend organisiert und die Fahnen wurden nicht eingerollt. In einem großen Kreis sammeln wir uns. Ein Junggenosse vom Kollektiv Rote Tücher hält eine kämpferische Rede:

Wir gedenken heute, hier Rosa und Karl, unseren Vorbildern – unseren GenossInnen. Leidenschaftliche Streiter­Innen für die Unterdrückten und Ausgebeuteten für eine befreite Welt. Ihr Ziel ist unser Ziel: der Kommunismus – die Menschheit befreit und alle Grenzen niedergerissen. Niemand ist mehr des anderen Untertan.

Januar 1919 der proletarische Aufstand in Deutschland wurde grausam nieder geschlagen. Rosa und Karl, Tausende Arbeiter und Arbeiterinnen ermordet von Freikorps, monarchistischen Militärs und Sozialdemokraten. Euer Kampf war Kampf für die gewaltsame, proletarische Revolution in Deutschland – Für die sozialistische Räterepublik! Euer Kampf war für die proletarische Weltrevolution! Das ist die historische Wahrheit! Damals wie heute muss unser Kampf wie eurer sein!

Unversöhnlich gegen den Reformismus und gegen das kapitalistische System! Mit Rosa und Karl sind wir „der Meinung, dass dieser Staat zerstört werden muß“. Damals wie heute gilt: Es gibt keine Lösung in diesem System! Wer das Ziel will, muss das Mittel wollen. Imperialismus und Krieg – oder Sozialismus und Frieden! Kein Drittes gibt es! Und daher Revolution ist großartig – alles andere ist Quark! Trotz alledem!“

Gemeinsam mit den GenossInnen von Kommunistischer Aufbau – und wie jedes Jahr mit spontan zu uns stoßenden TeilnehmerInnen – singen wir die Internationale in mehreren Sprachen. Begeisternd war, dass wir durch unseren jahrelangen Widerstand gegen die reformistische Friedhofsruhe der VeranstalterInnen in der Praxis revolutionäres Gedenken endlich „großflächig“ durchgesetzt haben.

An verschiedenen Ecken um den Gedenkstein herum bildeten sich immer wieder neue Gruppen, die endlich auch den Mut aufbrachten, die Internationale anzustimmen. Die Demonstration hat uns allen viel Kraft mit auf den Weg gegeben.

Nichts Neues in der XXIV. Rosa Luxemburg Konferenz

Eindrücke und Einschätzungen einer TA-Sympathisantin

Die von der Tageszeitung „junge Welt“ seit 1995 alljährlich veranstaltete Rosa Luxemburg Konferenz fand 2019 am 12. Januar im Mercure Hotel Moabit/Berlin statt. Diese Konferenz, veranstaltet am hundertsten Jahrestages des heldenhaften Januaraufstands der Spartakisten und der feigen Ermordung von Rosa und Karl durch die – auch sozialdemokratischen – Konterrevolutionäre, hatte das Motto: „Sozialismus oder Barbarei – Die nächste Krise. Der nächste Krieg. Die nächste Revolution“.

Die Konferenz wurde durch eine Einlage der kubanischen Musikgruppe „Projecto son Batey“ musikalisch eröffnet. Dieses Mal nicht mehr, wie üblich vom Kabarettisten Dr. Seltsam, sondern von einer jungen Schauspielerin und Regisseurin, Anja Panse, moderiert.

In dem großen Saal wurden dann von verschiedenen RednerInnen Vorträge zum Motto der Konferenz gehalten. Otto Köhler, (geboren 1935, mit 17 SPD Mitglied, 1962 ausgetreten, 2018 im Zuge der Kampagne „eintreten um – aus der Groko – auszutreten“ wieder eingetreten, freier Journalist), hielt einen Vortrag mit dem Titel „Die nächste imperialistische Großmacht“.

In dem Vortrag hat er sehr gut und anekdotenreich das Wesen des deutschen Imperialismus als eine der imperialistischen Großmächte und als die imperialistische Großmacht, die zwei Weltkriege auslöste, herausgearbeitet. Er hat auch die Rolle der sozialdemokratischen Partei als Partei des deutschen Imperialismus, die im Ernstfall! immer hinter der eigenen Bourgeoisie in Stellung geht, benannt.

Seine Rede war wie ein Aufruf an die SPD-Parteileitung, ihn aus der Partei zu werfen. Fragt sich natürlich, warum einer wie Köhler, der den Charakter dieser mittlerweile 15 Prozent-„Volkspartei“ ganz genau kennt und beschreibt, 2018 wieder eingetreten ist. Ebenso warum er nicht selber austritt und darauf spekuliert, hinausgeworfen zu werden. Es gibt im Prinzip nur eine Antwort auf diese Frage. Nach wie vor haben viele Intellektuelle Hoffnungen auf die Veränderung dieser Partei und sehen diese immer noch als das kleinere Übel. Und das ist das eigentliche Übel.

Die Zerschlagung der Novemberrevolution 1918 und der Januaraufstände im Sinne der Bourgeoisie beruht auch auf diesem Übel. Die Hoffnung auf die SPD und die leider zu späte Trennung von ihr, hat letztendlich der möglichen sozialistischen Revolution in Deutschland das Rückgrat gebrochen. Genau diese Lehre sollten wir eigentlich aus der Geschichte ziehen.

Nach Otto Köhler folgt der italienische Ökonom Vladimiro Giacche. Sein Thema: „Die nächste ökonomische Krise“. Er arbeitete heraus, dass die nächste ökonomische Krise als Überproduktionskrise im Anmarsch ist, dass die Finanzkrise jederzeit ausbrechen könne und dass die Grundlage all dieser Verwerfungen das kapitalistische ökonomische System ist.

Er ging auf verschiedene Ausgangsmöglichkeiten der Krise im Rahmen des Kapitalismus ein. Den einzig richtigen Ausweg aus der kapitalistischen Krise nennt er in der Computerfachsprache die „Installierung eines new operating system“. Schön gesagt. Das Problem ist, eine Installierung eines völlig neuen Systems ist nicht möglich ohne Zerschlagung des alten „operativen Systems“ durch eine proletarische Revolution! Fragt sich, wer verbietet es denn, das offen zu sagen? Und wenn das heute in den imperialistischen Metropolen – noch – offen gesagt werden kann, warum sagt er das nicht offen? Um vielleicht die eigene bürgerliche Existenz als „Wirtschaftswissenschaftler“ nicht in Gefahr zu bringen?

Als dritter Vortragsredner war der US-amerikanischeÖkonom Michael Hudson eingeladen. Als ein wichtiger Fakt seiner Biografie wurde er als Patenkind Leo Trotzkis vorgestellt. Sein Vortrag, der flatterhaft von Anekdote zu Anekdote sprang, damit Herr Hudson sich seiner Bekanntschaften mit trotzkistischen und bürgerlichen „Persönlichkeiten“ rühmen konnte, trug den Titel „Der nächste imperialistische Krieg“.

Seine Hauptthese war, wir befinden uns bereits im dritten Weltkrieg und der US-Imperialismus sei der Hauptfeind der Völker der Welt. Warum jemand aus den USA eingeladen wird, um diese sattsam bekannten „Wahrheiten“ auf der RL-Konferenz zu verkünden, ist das Mysterium der Konferenz-VeranstalterInnen. Der einzig neue „Erkenntnisgewinn!“ aus dem Vortrag des Bürgers Hudson war, dass wir aus seinem Munde erfahren, der Sieg Hitlers sei nur dadurch möglich gewesen, weil Stalin den deutschen KommunistInnen verboten habe, gegen Hitler einen Aufstand zu organisieren.

Ich habe in meinem politischen Leben sehr viel Quatsch gehört, aber einen solchen trotzkistischen Superquatsch,der noch im Brustton der Überzeugung, ohne jedwede Begründung vorgetragen wurde, hatte ich noch nicht gehört. Gut, dass es Stalin und die sozialistische Sowjetunion unter seiner Führung gegeben hat, die dem Hitler-Faschismus den Garaus gemacht haben. Sonst würden wir, Herr Bürger Hudson mit eingeschlossen, wahrscheinlich solche Konferenzen nicht veranstalten können!

Als vierte VortragsrednerIn trat Meşale Tolu auf. Die aus der Türkei/Nordkurdistan stammende, in Ulm geborene Journalistin mit Doppelstaatsbürgerschaft, wurde am 30. April 2017 in Istanbul von „Antiterroreinheiten“ festgenommen. Ihr wird „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ und „Terror-Propaganda“ vorgeworfen. Eine breite Solidaritätskampagne, wenn auch nicht so groß wie bei Deniz Yücel, setzte sich in Deutschland für ihre Freilassung ein. Nach einigen Monaten U-Haft wurde sie entlassen. Ihr Prozess, auch der Prozess gegen ihren Mann, dauert an.

Sie berichtete über ihre Haftbedingungen und bedankte sich für die erfahrene Solidarität. Über die Verhältnisse in der Türkei hat ihr Vortrag keinen neuen Erkenntnisgewinn gebracht. Es war die Wiederholung der bekannten These, dass die Türkei sich nun in Richtung einer faschistischen Diktatur entwickelt. Diese These geht an der politischen Realität der Türkei vorbei, die seit der Gründung der Republik Türkei eine faschistische Diktatur war und ist.

Dietmar Dath’s Beitrag mit dem Titel „Die nächste Revolution“ beschloss die Vortragsreihe. Die nächste Revolution wird kommen. Entweder Sozialismus oder Untergang in der Barbarei war die Quintessenz seiner Rede.

Mit dem traditionellen Podiumsgespräch wurde die XXIV. RL-Konferenz beendet. Sein Thema: „Dass sich die Wut in Widerstand verwandeln wird – trotz alledem. 100 Jahre Novemberrevolution – wie geht Klassenpolitik heute?“

TeilnehmerInnen des Podiums: Ulrich Maurer, ehemaliger Landesvorsitzender SPD, BaWü, Mitbegründer der Partei DIE LINKE ; Jan von Hagen, Gewerkschaftssekretär ver.di NRW; Lena Kreymann, Bundesvorsitzende der SDAJ, (die übrigens im vorigen Jahr einen wichtigen Teil ihrer Mitglieder verloren hat, die sich als „Kommunistische Organisation“ (KO) gegründet haben); und Nina Scholz, Journalistin und Aktivistin aus Berlin. Moderiert wurde die Podiumsdiskussion, auch traditionell!, vom Chefredakteur der jungen Welt, Stefan Huth.

Was Neues gab es auch in dem Podiumsgespräch nicht zu erfahren.

Die Vortragsreihe war sehr viel schwächer als in den vorangegangenen Jahren. Mit Bürger Hudson hat die Niveaulosigkeit allerdings einen Tiefpunkt erreicht.

Die Veranstalterinnen sollten sich bei der Planung der Konferenz mehr Gedanken über die Inhalte machen. Wenn sie nicht wollen, dass diese zu einer offen antikommunistischen Bühne wird. Solche gibt es ja bereits genug!

Undemokratisch und bürokratisch ist die „neue Praxis“, dass jede Möglichkeit der Intervention und Diskussion durch die TeilnehmerInnen – insgesamt immerhin mehr als 2 000 Leute – abgeschafft wurde. In den vergangenen Jahren war es immerhin noch möglich, den ReferentInnen kurze Fragen und Anmerkungen zur Diskussion zu stellen. Durch die Fülle der verschiedenen Vorträge und Beiträge auf der Bühne und den unheimlich gestrafften Zeitplan ist das (bewusst?) unmöglich. Die reine frontale „Ansprache“ der geladenen Gäste an das „Veranstaltungsvolk“, ohne Kommunikation, ohne Frage- und Diskussionsmöglichkeit ist einfach falsch.

Die politische Praxis der Namensgeberin der Konferenz, Rosa Luxemburg, wird damit konterkariert. Rosa steht für eine lebhafte, kritische, öffentliche und politische Auseinandersetzung innerhalb der kommunistischen Bewegung. Davon ist überhaupt nichts zu spüren auf dieser Veranstaltung.

Neben diesem offiziellen Programm der Rosa-Luxemburg-Konferenz wurde das Jugendforum veranstaltet: „Auch 100 Jahre später: Kämpfen wie Rosa und Karl!“, das gut besucht war. Die RednerInnen von DIDF aber vor allem die SDAJ-Vorsitzende haben kämpferische Reden gehalten. Die Arbeiterklasse ist zentral, und ohne sie zu gewinnen, können wir gar nichts erreichen. Tenor war, in den alltäglichen und praktischen Kämpfen das Klassenbewusstsein entwickeln.

Der Jugendvertreter (JAV) Sprecher der EVG (Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft) ist zugleich im Aufsichtsrat und hat eher wie ein Gewerkschaftsbonze gesprochen.

Das Ergebnis der Tarifverhandlung hat er als Erfolg gefeiert, die Spaltung der ArbeiterInnen durch die GDL (Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer) als „hinzunehmenden Zustand“ beschrieben. Dafür hat er gute Kritiken bekommen, auch das Ergebnis wurde als -0,3 Prozent als Niederlage der EVGler eingeschätzt.

Ein Schüler aus Berlin hat die Politik des „Linken Senats“ als nicht bedeutend für ihre Arbeit bezeichnet. Die Ergebnisse seien nicht relevant, nichts habe sich geändert. Viel wurde über den Rechtsruck aber nicht über Faschisierung diskutiert. Die Debatte insgesamt wurde dem Anspruch des Forums „Kämpfen wie Rosa und Karl“ allerdings nicht gerecht.

Die heutigen Aufgaben im Kampf für die proletarische Revolution und für den Aufbau der Kommunistischen Partei standen nicht im Mittelpunkt.

Eine Kunstausstellung der Gruppe Tendenzen„Für antiimperialistische Solidarität und sozialen Fortschritt“ wurde in den Räumen gezeigt. Während des Hauptprogramms wurden

* das Bühnenstück „Sagen, was ist“, Hommage an Rosa Luxemburg mit Blick auf eine unvollendete Revolution mit Gina Pietsch und Christina Reumschüssel aufgeführt

* die jährliche Grußbotschaft von Mumia Abu-Jamal eingespielt

* die „Manifestation: 60 Jahre Revolution-Gegenkultur auf Kuba“ mit Abel Prieto – ehemaliger Kulturminister Kubas; Nieves Iliana Hernandez-Europa, Verantwortliche der Internationalen Abteilung im ZK der KP Kubas und Eduardo Sosa – Liedermacher – veranstaltet. Ich bin zwar sehr für die Solidarität mit Kuba. Aber die kritiklose Hochjubelei der kleinbürgerlichen „K“P Kubas und des angeblichen Aufbaus des „Sozialismus“ auf den RL-Konferenzen nervt wirklich sehr!

Die Grußbotschaft von Ivan Marquez aus Kolumbien, zwischen 2013-2016 Chefunterhändler der FARC bei den Friedensverhandlungen mit der Regierung, an die RL-Konferenz, die hatte es in sich. Darin führte Marquez, der sich nach dem Abschluss des Abkommens von der FARC trennte, aus:

Seit der Unterzeichnung des Abkommens und der Abgabe der Waffen sind mehr als 400 soziale Führungspersönlichkeiten des Landes und mindestens 85 Guerilleros ermordet worden. Das Abkommen verfolgte das Ziel, die Sprache der Waffen aus der Politik zu verbannen, doch die Waffen werden weiter eingesetzt, um die Oppositionellen physisch auszurotten.“ Sein Fazit ist, es warein Fehler, die Waffen niederzulegen, bevor die Wiedereingliederung der Guerilleros in das zivile Leben gesichert war.

Das ist sicher eine richtige Einschätzung. Allerdings müssen sich die RevolutionärInnen angesichts der etwa einprozentigen Unterstützung bei den Wahlen für die legale Partei der FARC auch die Frage stellen, ob der Vorhut- bzw. Focus- krieg, ohne die Unterstützung eines entscheidenden Teils der Bevölkerung überhaupt eine richtige Strategie ist. Meiner Meinung nach ist es Zeit, diese Frage zu stellen und richtig zu beantworten.

Trotz alledem! hat, wie schon in den Jahren zuvor, klare politische Statements weithin sichtbar im Veranstaltungssaal und in der Eingangshalle anbringen können.

Bei der XXIV. RL-Konferenz war meiner Meinung nach das Erfreulichste, dass sie nach und nach mehr jüngere Menschen anzieht. Es waren viel mehr jugendliche Menschen als sonst da. Ansonsten alles beim Alten.

1 Die Gemeinsame Erklärung liegt in farsi, englischer, türkischer, französischer und deutscher Sprache vor.