Auf dem Weg zum Mars,
während auf der Welt alles beim Alten ist?
Aber so wie es ist – bleibt es nicht!
Es sind 51 Jahre her, seit der erste Mensch, natürlich ein weißer US-Bürger, Neil Armstrong seinen Fuß auf den Mond setzte. Mit dem Spruch: „Es ist ein kleiner Schritt für mich, aber ein großer für die Menschheit!“. Welche Menschheit? Die Menschheit, die damals 1969 in Vietnam, Menschen durch Napalmbomben ermordete, in den USA die Schwarze Bevölkerung nach wie vor rassistisch unterdrückte, überall in der Welt weiterhin die ArbeiterInnen ausbeutete, die Völker unterdrückte? Groß wurde dieser fünfzigste Jahrestag der Mondlandung 2019 gefeiert.
Zum 51. Jahrestag ist „die Menschheit“ nun auf dem Weg zum Mars! Um die bemannte Raumfahrt zum Mars zu realisieren, ist ein Wettbewerb zugange der Milliarden Dollar verschlingt. Am 20. Juli 2020 hat eine japanische Trägerrakete eine Sonde der Vereinigten Arabischen Emirate auf den Weg zum Mars geschickt. Am 23. Juli hat China die Marssonde Tian-Wen 1, und am 30. Juli 2020 hat die NASA durch eine Trägerrakete der Firma SpaceX einen Marsrover ins All geschickt! Natürlich im Namen der Menschheit!
Während die andere, die große Menschheit, wie sie der türkischsprachige Dichter Nazım Hikmet nannte, die Werktätigen, die „Verdammten“ dieser Erde, aktuell unter der Corona-Pandemie leidet, während die übergroße Mehrheit der Weltbevölkerung in Armut lebt, während der Rassismus überall in der Welt nach wie vor Menschen tötet, während Raub, Kriege um Ressourcen und um die Neuaufteilung der Welt, Millionen von Opfern fordern, während das Patriarchat nach wie vor seine mörderische Herrschaft über Frauen aufrecht hält, während durch die Klimaveränderungen die Lebensgrundlagen der Menschheit vernichtet werden… während all dies und noch viel mehr sich ereignet … ist „die Menschheit“ nun auf dem Weg zum Mars! Es gibt aber nicht eine Menschheit!
Es gibt die zehn Prozent, die fast alles besitzen und im Namen der Menschheit sprechen und handeln, und es gibt Milliarden von Menschen, die nichts als ihre Ketten haben. Nach wie vor! Aber die Unterdrückten sind auf dem Weg … Sie werden die Welt erstürmen und sie werden eine andere Gesellschaft erkämpfen! Mars und Mond werden sie ihrem eigenen Schicksal überlassen!
Als der erste weiße Mensch vor 50 Jahren auf dem Mond landete, hat der Schwarze Poet und Musiker Gill Scott Heron folgendes Gedicht geschrieben und vertont:
Whitey on the Moon
Eine Ratte hat neulich meine Schwester Nell gebissen,
Wo doch der weiße Mann auf dem Mond ist.
Ihr Gesicht und ihre Arme sind angeschwollen,
Und der weiße Mann ist auf dem Mond.
Ich kann keine Arztrechnungen bezahlen,
Aber der weiße Mann ist auf dem Mond.
Daran zahle ich noch in zehn Jahren ab,
Während der weiße Mann auf dem Mond ist.
Mein Vermieter hat gestern die Miete erhöht,
Weil der weiße Mann auf dem Mond ist.
Kein warmes Wasser, keine Toiletten, kein Licht,
Aber der weiße Mann ist auf dem Mond.
Ich frage mich, warum hat er meine Miete erhöht?
Weil der weiße Mann auf dem Mond ist?
Dabei bezahle ich doch schon 50 die Woche,
Mit dem weißen Mann auf dem Mond.
Die Steuern fressen meinen ganzen Lohn auf,
Die Junkies rauben mir den letzten Nerv.
Die Preise für Nahrungsmittel steigen
Und als ob der ganze Scheiß noch nicht genug wäre
Eine Ratte hat neulich meine Schwester Nell gebissen,
Wo doch der weiße Mann auf dem Mond ist.
Ihr Gesicht und ihre Arme sind angeschwollen,
Und der weiße Mann ist auf dem Mond.
War das ganze Geld, das ich im letzten Jahr verdient habe
Für den weißen Mann auf dem Mond?
Wieso bleibt für mich überhaupt nichts über?
Hmmm … der weiße Mann ist auf dem Mond.
Wisst ihr, ich hab grad genug davon,
Vom weißen Mann auf dem Mond
Ich glaube, ich schicke die Arztrechnungen
Per Luftpost
An den weißen Mann auf dem Mond
Würde der 2011 gestorbene Gil Scott Heron heute noch leben –
was er für ein Gedicht würde er schreiben,
angesichts der Ermordung von George Floyd?