40 Jahre nach dem rassistischen Mord an Ramazan Avcı

NICHTS VERGESSEN ! NICHTS VERGEBEN!

KAMPF DEM RASSISMUS! KAMPF DEM FASCHISMUS!

Wir gedenken heute Ramazan Avcı, dessen Sohn Ramazan vor vierzig Jahren, 10 Tage nach dem Tod seines Vaters das Licht der Welt erblickte. So lebt Ramazan Avcı weiter! Gülistan Avcı und Ramazan Avcı, die heute an der Gedenkveranstaltung teilnehmen, begrüßen wir herzlich. Wir teilen ihr Leid und ihren Schmerz von ganzem Herzen.

40 volle Jahre sind vergangen, ohne das der Nazi-Mord an Ramazan Avcı richtig aufgeklärt und die Täter bestraft worden sind.

Ramazan Avcı, 26 Jahre,  Arbeiter aus der Türkei, der in Hamburg arbeitete und mit seiner hochschwan­geren Frau Gülistan Avcı lebte, wurde am 21. Dezember 1985 von einer Nazi- Skinheadtruppe brutal angegriffen und ermordet.

Das  war der Tag seines 26. Geburtstages. An dem Abend war er mit seinem Bruder und einem Freund unterwegs. An der Bushaltestelle S-Landwehr wurden sie  von einer Gruppe junger Nazis, damals Stiefel und Kahl rasierter Kopf (Skinheads) als Markenzeichen,  entdeckt. Es war noch die Zeit, in der zwei Deutschlands existierten. In Westdeutschland, BRD  wurden Menschen wie Ramazan Avcı in der Amts­sprache  heuchlerisch als „Gastarbeiter“ abwertend bezeichnet, obwohl sie schon lange keine vorüber­gehenden „Gäste“ waren, sondern ein fester Bestandteil der „deutschen Gesellschaft“. Sie waren Teil  der Arbeiter:­innenklasse in Deutschland.

Was in offiziellem Deutsch „Gastarbeiter“ hieß, war für offen faschistische Nazi-Kräfte „Kanake“, „Auslän­der“,  die nicht zu Deutschland gehören, die rausgeworfen werden sollten. „Ausländer raus“, „Deutschland den Deutschen“ waren ihre Hauptparolen. „Ausländer“ im Stadtbild! Das war für Nazis ein Rotes Tuch! Daher griffen die vor einem Sauf-Lokal stehenden Skinheads Ramazan Avcı, seinen Bruder und seinen Freund brutalst an. Sie beleidigten Ramazan und seine Begleiter und prügelten auf sie ein. Die Ange­griffenen versuchten sich zur Wehr zu setzen. Und haben zur Verteidigung auch Tränengas eingesetzt. „Kanaken“, die sich vor der Herrenrasse nicht duckten, sondern auch noch sogar wagten sich zu verteidigen… das war den Jungnazis viel zu viel.

In der Kneipe bewaffneten sie sich mit Baseballschlägern und diversen anderen Waffen.  Die Nazi-Truppe wuchs in kurzer Zeit auf  30 Mann an, sie griffen Ramazan und seine Begleiter massiv an.  Die drei mussten versuchen vor dieser Horde zu fliehen. Ramazans Bruder und sein Freund konnten knapp mit dem gerade einfahrenden Bus entkommen. Ramazan musste vor der Übermacht der wildgewordenen Nazis fliehen und  versuchte auf die andere Seite der Straße zu kommen um ihnen zu entkommen. Auf  der Fahrbahn wurde er von einem PKW erfasst und blieb, noch halb unter dem Auto liegend, verletzt auf der Fahrbahn. Kein Mensch kam ihm zur Hilfe. Aber die Nazis waren zur Stelle. Sie haben ihn mit Knüppeln, Baseballschlägern, Axtstielen im wahrsten Sinne des Wortes zu Tode geschlagen. Ramazan fiel ins Koma und wurde als „Verkehrsopfer“ schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht. Drei Tage später verstarb er dort an den Folgen seiner Verletzungen ohne aus dem Koma zu erwachen.

Das war eindeutig  ein rassistischer Mord!  Aber weder die deutsche Politik, die deutsche Polizei und Justiz, noch die  „deutsche Zivilgesellschaft“ haben diesen offen rassistischen Mord als Mord benannt und polizeilich und juristisch so behandelt. Freunde von Ramazan Avcı  und vor allem die migrantische Community sind auf die Straße gegangen und haben Gerechtigkeit gefordert! Durch den Druck der Solidaritätsaktionen vor allem der migrantischen Community musste der Staat handeln, um seine „demokratische“ Maske zu wahren. Fünf junge Skins wurden 1986  vor Gericht gestellt  und angeklagt, aber nicht wegen gemeinschaftlichen, geschweige denn rassistischen Mordes. Der Richter erkannte kein politisches Motiv bei der Tat der Nazis an. Als strafmildernd wertete das Gericht, dass die Angeklagten „nicht die Absicht hatten Ramazan Avcı zu töten. Sondern seinen Tod nur ‚billigend in Kauf‘ genommen haben.“ Die fünf Angeklagten kamen mit milden Strafen davon und liefen nach kurzer Haftzeit als unbescholtene Bürger frei herum!

Von den Zuschauerbänken im Gericht wurde dieser Urteilsspruch mit den Rufen kommentiert „Deutsche Polizisten und die Justiz, schützen die Faschisten!“

Ramazan Avcı war nicht das erste  und einzige Opfer rassistischer Morde in der BRD und in dem seit 1990 wieder vereinigten Deutschland. Von über  200 rassistisch motivierten Morden spricht die offizielle Statistik. Sogar die deutsche Verfassungsschutzbehörde, die selbst bei manchen der rassistischen Morde direkt ihre Finger im Spiel hatte, wie bei der NSU-Mordserie, stellte in ihrem Bericht 2024 insgesamt 1.281 „rechtsextremistische Gewalttaten“ fest!

Nazis sitzen heute in allen Parlamenten im „Deutschland einig Vaterland!“ Die faschistische AfD ist die zweitstärkste Partei im deutschen Bundestag! Bürgerliche Parteien bekämpfen angeblich die AfD, in dem sie in zentralen Fragen wie „Ausländerfeindlichkeit, und Deutschtümelei von deren Programm übernehmen. Es läuft ein Wettbewerb unter CDU/CSU, SPD, FDP und GRÜNEN, auch BSW darüber, wer der die höchsten Abschiebequoten „nicht legaler“ Migrant:innen durchsetzt, wer die Grenzen gegen die Migration am besten ganz dicht macht!

Der Rassismus gegen Migrant:innen in Deutschland  ist heute genauso virulent und politikbestimmend wie vor vierzig Jahren. Und es ist nicht nur die Politik einer faschistischen Partei oder Nazigruppe, sondern es ist Staatspolitik mit allen ihren Institutionen.  Staat und Nazis Hand in Hand! Wir haben das bei allen Morden und Gewalttaten der Nazis erlebt und gesehen. Auch 40 Jahre nach dem Mord an Ramazan Avcı geht die Gewaltspirale, an der auch häufig deutsche Polizist:innen als Täter:innen beteiligt sind, weiter.

Es wird sich auch nichts verändern, wenn wir uns nicht organisiert wehren!

Es reicht nicht aus, dass wir unsere Toten würdig zu Grabe tragen, versuchen  das Leid der Familien und Betroffenen zu teilen, es reicht nicht aus gegen einzelne Täter:innen und Tätergruppen zu kämpfen.

Organisierter Kampf gegen die Wurzeln des Rassismus und Faschismus tut Not!

Kampf gegen das kapitalistische System, Kampf gegen den deutschen Imperialismus,  für eine andere Gesellschaft, für Sozialismus – das tut Not!

Wir gedenken heute  Ramazan Avcı mit diesen Gedanken. Wir stehen an der Seite seiner Familie und Freund:innen.

Wir werden das Andenken Ramazan Avcıs in unserem Kampf weiterleben lassen!

Wir gedenken heute auch aller anderen zahllosen Opfer der Nazigewalttaten in Deutschland.

Hoch die internationale Solidarität!

Dezember 2025

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