Südafrika: Vom Kampf gegenRassismus und Kolonialismuszum Kampf der Klassen!

Kolonialismus, Rassentrennung und Apartheid haben über  Jahrhunderte die Gesellschaft Südafrikas gespalten. An das Ende der Apartheid und den Sieg des ANC (African National Congress) knüpfte sich für die unterdrückten Völker die Hoffnung auf ein besseres Leben. Sie ist bisher unerfüllt geblieben. Der Gegensatz zwischen Reichen und Armen, zwischen Weißen und Schwarzen prägt auch heute ihren Alltag. Die wirtschaftlichen Machtverhältnisse wurden kaum angetastet.

Die Höhle Sterkfontein nahe Johannesburg ist wohl die weltweit größte und bedeutendste Fundstelle der frühen Menschheit. Knochenfunde von vor dreieinhalb bis vier Millionen Jahren belegen die Existenz der Frühformen des Menschen. Auch die ältesten Spuren des modernen Menschen stammen aus Südafrika: Der Homo Sapiens hat dort vor 140 000 Jahren an der Mündung des Klasies-Flusses gelebt.

Vor etwa 35 000 Jahren begannen Khoisan-Völker (Khoikhoi und die San) Südafrika zu besiedeln. Die San lebten als nomadisierende JägerInnen und SammlerInnen, die Khoikhoi als ViehzüchterInnen.

Bantu-Migration: Ab 300 v.u.Z. wanderten Angehörige der Bantu sprechenden Völker (Sotho, Zulu, Tswana Xhosa) in den Süden Afrikas ein. Die zweite Bantu-Immigration begann etwa 600 nach unserer Zeitrechnung, die dritte etwa 900 n.u.Z.

Europäische Immigration – Beginn der Kolonialisierung

Als erste Europäer erreichten portugiesische Seefahrer, im Auftrag des Königs des damaligen Weltreichs Portugal, Südafrika auf der Suche nach einem Seeweg gen Indien, der den arabischen, türkischen und venezianischen Zwischenhandel auf der Gewürz­route unterlaufen sollte. 1602 wurde in Amsterdam die Vereinigte Ostindien-Kompanie (VOC) gegründet. Innerhalb weniger Jahre stieg sie zum größten Handelsunternehmen der westlichen Welt auf. Die VOC war die erste Aktiengesellschaft der Welt. Sie gab Anteilsscheine aus, auf die sie stetig eine Dividende auszahlte, eine Gewinnausschüttung. Jan van Riebeeck gründete 1652 im Auftrag der VOC in der Tafelbucht (Kapstadt/Südafrika) die erste europäische Siedlung, die Kapkolonie.

Die afrikanischen Völker wurden entweder niederge­metzelt oder ins Hinterland vertrieben, oder ihrer Weidegebiete und ihres Lebensraumes beraubt, zu Sklaven gemacht, und zur Feld- und Dienstleistungs­zwangsarbeit in Haushalten und Farmen für die Kolonialisten gezwungen. Schwarze Frauen wurden systematisch zu Prostitution genötigt und durch die weißen Männerkolonialisten versklavt. Durch diese sexistische Gewalt gegen nahe­­zu alle schwarzen Frauen, bildete sich die Bevölkerungs­gruppe der sogenannten „Coloureds“. Ab 1653 wurden die ersten Menschen aus Asien aus den Kolonien der europäischen Mächte von den Kolonialisten als Sklaven nach Kapstadt deportiert, weitere Sklaven wurden aus West-Afrika, Java und Madagaskar verschleppt. Der Widerstand gegen die weiße Vorherrschaft begann bereits 1658, als die Khoisan-Völker sich weigerten, sich der Sklaverei zu unterwerfen und ihr Land den SiedlerInnen zu überlassen.

Die grausame Antwort der Kolonialisten, die sich über die  Jahrhunderte immer wiederholte war die gezielte Vernichtung der Khoisan und die Zerstörung ihrer Kulturen. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts lebten schätzungsweise über 1 200 EuropäerInnen in der Kap­gegend. Sie nannten sich „Afrikaaner“ und entwickelten eine eigene Sprache (Afrikaans). Aus dieser Sprache stammt auch der Begriff Buren als Selbst­bezeichnung der weißen Kolonialisten. Sie führten 1779 brutale Vertreibungskriege gegen die Bantu-Völker.

Bis 1877 setzten die weißen SiedlerInnen ihre Expansionsbestrebungen in neun Kolonial-Kriegen gegen die Völker Afrikas durch. Ende des 18.  Jahrhunderts befand sich der gesamte südliche Teil, die Kapprovinz, im Besitz holländischer Kolonialisten, der Buren.

Mythos Shaka – Königreich der Zulu

1818 gründete König Shaka ein gewaltiges Zulu-Reich an der Ostküste Südafrikas. Unter seiner Herrschaft wurden die Zulu zum mächtigsten Volk in Südafrika. Shaka hatte eine schlagkräftige Armee aufgebaut und andere Stämme unterworfen. Sein großes Königreich wurde selbst für die britischen Armeen zur Bedrohung. Die Zulu gewannen einige Schlachten, doch ihre Speere waren auf Dauer den modernen Gewehren der britischen Kolonialisten unterlegen. In der Ideologie der Inkatha, einer bis heute existierenden südafrikanischen Zulu-Partei, nimmt er als Gründer der Zulu-Nationeine zentrale Rolle ein. Weiße Viehdiebe, Sklavenjäger und Soldaten, eine große Dürre, aber auch die Expansionskriege von König Shaka lösen in der gesamten Region bis zum Sambesi große Völkerwanderungen (Mfecane – das Zerquetschen) aus. Etwa im Zentrum der heutigen Provinz Süd­afrikas, Ostkap bildeten sich aus Geflüch­teten und isiXhosa-sprachigen Gruppen die Mfengu. Die Volksgruppe der Swazi gründete das Königreich Swasiland. Lesotho und andere Fürstentümer in Sotho-Tswana entstanden.

Zwischen 1658 und 1834 war Süd­afrika eine Sklavenhaltergesellschaft.

Bis 1833 hatten die Kolonialmächte (vor allem England und Frankreich) bereits ca. 65 000 SklavInnen nach Südafrika verschleppt. Davon stammten 26 Prozent vom afrikanischen Kontinent hauptsächlich aus Ostafrika, 26 Prozent aus Indien, 25 Prozent aus Madagaskar und 23 Prozent aus Indonesien. Darüber hinaus wurden auch ansässige Bevölkerungs­gruppen zur Zwangsarbeit auf den Farmen der europäischen SiedlerInnen gepresst. 1

Europäische Herrschaftsansprüche

Die VOC verstrickte sich immer mehr in Korruption und ging 1794 bankrott. Europäische innerkapitalistische Widersprüche, auch um die Vorherrschaft in den jeweiligen Kolonien, führten 1780 zum Krieg zwischen England und Frankreich. Holland stellte sich auf die Seite Frankreichs. In mehreren Verhandlungen teilten die verschiedenen Kolonialmächte das Kap unter sich auf, bis es 1814 im Rahmen der „europäischen Neuordnung“ in den Kolonialbesitz Großbritanniens einverleibt wurde. Protestantische Missionare predigten die „Integration der indigenen Menschen in die europäisch-christliche Kultur“ und 1828 wurden coloured Menschen gleiche Bürgerrechte innerhalb der Kolonie zugesichert.

1833 schaffte Großbritannien die Sklaverei ab. Dagegen kämpften die SklavenhalterInnen an. Sie erhielten vom britischen Schatzamt Entschädigungszahlungen, die zur Gründung von Banken und Versicherungen sowie zu Investitionen in Land und Wollschafe führten. Wolle wurde zur führenden Exportware. Die Entwicklung der Kapkolonie hing bis Mitte des 19.  Jahrhunderts von diesem Export ab. Die Buren, die den Verlust ihrer Privilegien fürchteten, zogen ins Landesinnere, was im 20.  Jahrhundert als „Großer Treck“ der „Voortrekker“ (Buren) bezeichnet wurde. Die Landnahme der Buren stieß auf erbitterten Widerstand der afrikanischen Völker. 1838 besiegten die Buren die Zulu am Blood River und gründeten die Burenrepubliken Natal (1838), den Oranje Freistaat (1854) und Transvaal (1860). Somit entzogen sie sich dem britischen Recht und konnten die bestialische Ausbeutung der afrikanischen Völker uneingeschränkt und ohne Konkurrenz weiter fortsetzen.

Kampf des britischen Empire und der Buren um die Vorherrschaft

Die britischen Kolonialisten, die um ihre Vormachtstellung und die Kontrolle des Verkehrs durch Port Natal (Durban) fürchteten, besetzten 1843 das Territorium von Natal. Natal wird 1856 britische Kronkolonie. Die beiden anderen Burenrepubliken wurden von Großbritannien zunächst anerkannt später aber wieder annektiert. Ende der 1860er Jahre wurden zuerst angeschwemmte Diamanten später Ablagerungen von Diamanten in Kimberley gefunden. Sie zogen zehntausende Weiße und Schwarze zum industriellen Zentrum. Bis dahin unabhängige afrikanische Fürstentümer wurden systematisch unterjocht. 1868 wurde Lesotho britisches Protektorat. Ein Teil des Siedlungsgebiets der Sotho wurde den Buren überlassen.

1871 annektierte die britische Weltmacht die Diamantenfelder. 1897 wurde Zululand in Natal eingegliedert, die im Land verbleibenden Zulu kasernierten sie in kleinen Reservaten ein. Sotho und Swazi wurden ebenfalls unter britische Herrschaft gebracht, behielten jedoch ihren – vom britischen Imperialismus ab­­hängigen – Status als Fürstentümer. Die Entdeckung der Goldfelder war der Grund für den Ersten (1880 – 1881) und den Zweiten Krieg (1899 – 1902) der britischen Kolonialisten gegen die Burenrepubliken, in dem die Buren ein Bündnis mit dem Deutschen Reich eingingen.

Die Einkerkerung von schwarzen und coloured Menschen im Gefolge der Kriege in rassistisch getrennte Lager führte dazu, dass schätzungsweise 14 000 von ihnen an den brutalen Bedingungen starben. 2

Die Minenindustrie löste ein starkes wirtschaftliches Wachstum aus und brauchte billige Arbeitskräfte, was nur möglich war durch die weitere Unterwerfung schwarzer Völker, die in Reservate gezwängt wurden. Zwischen 1869 und 1894 wurden Völker, wie Pondo, Sotho, Gcaleka und Matabele gewaltsam unterworfen. Aber erst 1906 – mit dem Sieg über die Zulu – erhielten die Briten die Kontrolle über ganz Südafrika. 3

Tausende schwarze Arbeiter aus den angrenzenden Regionen, Malawi, Mosambik, Lesotho, Botswana und Swasiland arbeiteten in den südafrikanischen Minen. Weitere Arbeiter wurden unter anderem aus China rekrutiert, wohingegen qualifizierte Facharbeiter vor allem in Europa angeworben wurden. 1906 arbeiteten 94 000 afrikanisch stämmige, 51 000 chinesisch stämmige und 18 000 europäisch stämmige Menschen in den Minen. 4

Schwarze Arbeiter wurden in Barackenlagern untergebracht, wo sie für die Dauer ihrer Verträge von der Außenwelt völlig abgeschottet leben mussten. Ab 1885 wurden schwarze Arbeiter in geschlossenen Barackenlagern eingekerkert, die mit Stacheldraht umzäunt und nachts beleuchtet waren. Alle etwa 10 000 schwarzen Minenarbeiter in Kimberley und weitere in der De Beers Diamond Mining Companie waren in Arbeitslagern unter unwürdigsten Lebens­bedingungen eingepfercht.

Nach der Niederlage der Buren wurden Transvaal und Oranje Freistaat britische Kronkolonien, und 1910 entstand die Südafrikanische Union als selbstregiertes Dominion des britischen Commonwealth. 5

Innerhalb der europäischen Bevölkerung entstand eine eigene Bourgeoisie, deren Interesse eng mit den kolonialen Interessen des britischen Imperialismus verbunden war. Das britische Monopolkapital und die in Südafrika lebende europäische Bourgeoisie, die die Völker unterdrückten, beuteten die werktätige Bevölkerung gemeinsam aus. Sie schufen eine Viehzucht und einen Ackerbau mit hohem Warenertrag, eine weiterverarbeitende Großindustrie, sowie ein dichtes Eisenbahnnetz.

Die Entdeckung großer Diamanten- und Goldvorkommen brachte die Bergbau-Industrie in Südafrika zu internationaler Bedeutung. Der Anteil der Bergbauprodukte betrug 1910 insgesamt 78 Prozent am Gesamtexport.6

Z.B.: De Beers ist der älteste Diamantenkonzern der Welt. Er ist aus der BSAC (British South Africa Company) hervorgegangen und wurde unter anderen von Cecil Rhodes gegründet. 7

Zu diesen Plünderern gesellte sich der aus Deutschland eingewanderte Ernest Oppenheimer. Ausgestattet mit US-amerikanischem Investitionskapital, das er auch später in den De Beers Konzern steckte. Seitdem nannte sich der Konzern Anglo American/De Beers.

Erster und Zweiter Weltkrieg

Im Ersten Weltkrieg kämpfte Südafrika an der Seite des englischen Imperialismus. 140 000 weiße Südafrikaner nahmen an den Kämpfen in Deutsch-Südwestafrika, Deutsch-Ostafrika und in Nordfrankreich teil. 80 000 unbewaffnete schwarze Hilfstruppen wurden eingezogen. Die südafrikanischen Truppen eroberten Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia). Im Zweiten Weltkrieg kämpften etwa 350 000 schwarze Südafrikaner auf Seiten der Alliierten gegen das faschistische Deutschland und seine Verbündeten in Abessinien, Madagaskar, Nordafrika und in Italien. 8

Insbesondere profitierte die verarbeitende Industrie in Südafrika von diesen Kriegen. 1923 wurde die Electricity Supply Commission (ESCOM), eine verstaatlichte Elektrizitätsgesellschaft gegründet, die ein landesweites Monopol bildete. Mit der Gründung der Iron and Steel Corporation (ISCOR) 1928 wurde die einheimische Eisen- und Stahlindustrie aufgebaut. 1937 wurde die South African Airways gegründet, um die Infrastruktur zu verbessern und 1939 die Industrial Development Corporation (IDC) zur Erzeugung und Förderung von Industriegütern. Der Anteil der verarbeitenden Industrie am Bruttonationalprodukt erreichte Platz zwei nach dem Bergbau. 9

Apartheid-Politik

1920 erhält die Südafrikanische Union vom Völkerbund Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia) als Mandatsgebiet zugesprochen. 1926 wurde Südafrika faktisch souverän und fünf Jahre später, 1931 offiziell unabhängig. 10

Die Buren besetzen viele Ministerposten und drücken verschärfte rassistische Repressionen gegen die afrikanischen Völker durch. Mit Inkrafttreten der Verfassung wurde allen „Nicht-Weißen“ das generelle Wahlrecht aberkannt. Bereits ein Jahr später wurde eine Reihe rassendiskriminierender Gesetze erlassen, z.B. durften Schwarze außerhalb der Reservate kein Land erwerben, und es war ihnen nicht gestattet, qualifizierte Arbeiten auszuführen. Eine Folge dieser Landvertreibungspolitik war das Bulhoek-Massaker von 1921, als sich eine Gruppe von Schwarzen weigerte das Land abzugeben, auf dem sie sich niedergelassen hatten und eine Polizeistreife angriffen. Die Polizisten schossen die schwarze Landbevölkerung nieder.

1924 gewann die burische National Party die Parlamentswahlen, die eine weitere drastische Verschärfung der Rassentrennung forcierte. Z.B. wurden „rassisch“ getrennte Wohngebiete eingeführt und für Schwarze außerhalb der Kapkolonie galt Passzwang. Auch sexuelle Beziehungen zwischen Schwarzen und Weißen wurden unter strenge Strafe gestellt.

1948 wurde die Apartheid („Rassentrennung“) verfassungsmäßig verankert. Die Apartheid-Politik stand für Jahrzehnte des strikten und staatlich institutionalisierten Rassismus, systematischer Unterdrückung der schwarzen Bevölkerungsmehrheit und grausame staatliche Repression. Die Trennung der Wohngebiete nach Hautfarbe und die Schaffung von „homelands“ 11 war mit dem Verlust der staatsbürgerlichen Rechte in Südafrika, mit massenhaften Vertreibungen und Zwangsumsiedlungen von mindestens 3,5 Millionen Menschen verbunden.

Weiße galten nun als eine Nation, die schwarze Bevölkerung wurde in zehn Nationen aufgeteilt, denen jeweils eigene sogenannte „homelands“ zugewiesen wurden. Dahinter stand eine Herrschaftsstruktur und Ideologie, dass wenn 16 Millionen Schwarze in die „homelands“ verteilt werden, sie dann nicht mehr EinwohnerInnen des größten Teils von Südafrika sind und damit die 4,5 Millionen Weißen auf 85 Prozent des Landes zur stärksten ethnischen Gruppe werden. Schwarze, die in Großstädten arbeiteten und nicht täglich in ihr zugewiesenes Homeland zurückkehren konnten, lebten am Rand der Städte in so genannten Townships.

Eins der ersten Townships war Soweto (Abkürzung für South Western Township) bei Johannesburg. Verhaftungen ohne Anklage, Gewalt durch staatliche Sicherheitskräfte, Folterungen und Vergewaltigungen in Untersuchungshaft, sowie brutale Morde an Oppositionellen waren an der Tagesordnung. Die Lebensbedingungen in den „homelands“ waren katastrophal, die Männer wurden mit hohen Steuerforderungen zur Wanderarbeit in Südafrika gezwungen.

Für die herrschende weiße Minderheit brachte das System der Wanderarbeit enorme wirtschaftliche Vorteile. Die extrem niedrigen Löhne forcierten eine außerordentlich lukrative Entwicklung der Landwirtschaft und den rasanten Aufschwung der Bergbau-Industrie. Zudem drückte die Rekrutierung von Wanderarbeitern aus den Nachbarländern nicht nur die Löhne der südafrikanischen ArbeiterInnen, sondern erweiterte auch den Einflussbereich der südafrikanischen Industrie auf die Märkte des südlichen Afrika. Die „homelands“ waren zumeist von korrupten Chiefs (Stammesoberhäupter) verwaltetet.

Z.B.: Die antikommunistische Inkarta Freedom Party unter Chief Mangosuthu Buthelezi, die ihre Hochburg im Homeland KwaZulu hatte, wurde von der herrschenden weißen, rassistischen National Party, Polizei und Bürgermilizen mit Geld und Waffen unterstützt. 12

Wanderarbeitssystem und Homeland-Politik waren somit zwei wichtige Säulen zur Aufrechterhaltung der weißen Kolonialistenherrschaft in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht.

Die Vereinten Nationen verurteilten die Apartheid-Politik als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ in unzähligen Dokumenten und Resolutionen. Diese hatten jedoch keine bindenden Konsequenzen. Die UN „bittet“, „fordert auf“, „appelliert“ und verurteilte lediglich die „fortgeführte politische, militärische, nukleare, wirtschaftliche und sonstige Kollaboration mit dem rassistischen Regime und dessen transnationale Konzerne.13

Wirkliche Sanktionen, wie z.B. gegen die BRD, die weiterhin mit dem Rassistenregime kollaborierte, blieben aus.

Der ANC wurde von den westlichen Imperialisten als „revolutionär“ oder sogar „kommunistisch“ angesehen. Trotz der Sanktionen stützten die USA und Westeuropa das weiße Apartheidregime als „Bollwerk gegen den Kommunismus“ (sicher spielte ihr Interesse am weiterhin ungehinderten Zugang zu den südafrikanischen Ressourcen, wie Gold und Uran). Nachdem die portugiesischen Kolonien Mosambik und Angola unabhängig wurden, war die Unterstützung Südafrikas durch westliche Imperialisten umso wichtiger. Allerdings verlor das weiße Apartheidregime nach Ende des Kalten Kriegs an Bedeutung. Seitdem wurden die Sanktionen überhaupt erst wirksam. So kam es zu einem weitgehenden Boykott des kulturellen Austauschs mit Südafrika. Prominente KünstlerInnen organisierten Konzerte für die Freilassung von Nelson Mandela, bzw. eines Boykottaufrufs gegen Sun City. 14

1950 wurde die kommunistische Partei verboten. Die schwammige Definition des Begriffs Kommunismus gab der Regierung weitgehende Vollmachten ohne Kontrolle der Gerichte. Ein Jahr später wurden Inder und Coloureds aus der allgemeinen Wählerliste gestrichen.

1953 wurde der Bantu Education Act verabschiedet, ein Gesetz, das die Kontrolle über die Bildung der Schwarzen auf das Native Affairs Department übertrug. Die Regierung gab für jedes weiße Kind rund sechsmal mehr aus, als für ein schwarzes Kind. 15

1894 entstand unter Führung von Mahatma Gandhi der Natal Indian Congress (NIC). Er organisierte den Widerstand der indischen MigrantInnen gegen die diskriminierenden Gesetze, wie die Aberkennung des Stimmrechtes. 1919 wurde der NIC Teil des South African Indian Congress (SAIC), blieb aber als Unterorganisation bis zum Ende der Apartheid bestehen. 16

1912 wurde der „South African Native National Congress“ (ab 1923 African National Congress, ANC) gegründet. 1919 bildeten die schwarzen ArbeiterInnen mit der Industrial and Commercial Workers Union (ICU) einen eigenen Gewerkschaftsverband. „Der erste Versuch schwarzer organisierter Arbeiter eine nicht-rassische Gewerkschaft aufzubauen war die Schaffung der „‘Industrial and Commercial Workers Union’, (ICU) mit einer Mitgliedschaft von rd. 200000 Arbeiter aus allen Wirtschaftssektoren in den 1920er Jahren; ihre Bemühungen, mit weißen Gewerkschaften zu einer Föderation zu gelangen, wurden 1927 zurückgewiesen“.17

1921 wurde die Kommunistische Partei Südafrikas SACP gegründet. Anfangs durften nur weiße SüdafrikanerInnen der SACP beitreten. Auf dem Parteikongress 1924 wurde von den ausschließlich weißen Delegierten erstmals die Öffnung der SACP für Schwarze diskutiert. Im Dezember 1925 wurde der erste Kongress abgehalten, an dem auch Schwarze teilnahmen und der erste Schwarze wurde in das ZK gewählt. 1928 trat sie dem Exekutiv-Komitee der Kommunistischen Internationale (KI) bei und nahm auf Druck der Komintern die Native-Republic-These an, die besagte, dass Südafrika den Schwarzen gehöre. 1934 traten die ersten indischen Arbeiter der KP Südafrikas bei. 18

Der ANC gründete sich nicht als Befreiungsbewegung sondern als Lobbygruppe für eine schwarze elitäre Minderheit. 1927 wandelte eine Minderheit innerhalb des ANC, die mit der kommunistischen Partei zusammenarbeitete, den ANC zu einer Massen­bewegung um. Der zunächst gewaltfreie Widerstand wurde gnadenlos unterdrückt. Erst mit Gründung der ANC Jugendliga (ANC Youth League) 1944 (deren Gründer u.a. Nelson Mandela, Walter Sisulu und Oliver Tambo waren) wurde der Kampf gegen die weiße Herrschaft militanter geführt. Die Jugendliga war die treibende Kraft von Boykotten, zivilem Ungehorsam, illegalen Streiks und Demonstrationen.

Als 1946 ein Streik afrikanischer Bergarbeiter blutig niedergeschlagen wurde, kam es zu landesweiten Aufständen, in denen ANC und seine Jugendliga an Bedeutung gewannen. 1943 verabschiedete der ANC die „Africans’ Claims in South Africa“. Zentral waren die Forderungen nach dem allgemeinen Wahlrecht und nach einem Ende der Rassentrennung in Südafrika. Mit der Organisierung der „Missachtungskampagne“ 1952 bis 1953 gegen die diskriminierenden Gesetze des Apartheidregimes wuchs der ANC in kurzer Zeit von wenigen Mitgliedern auf über 100 000.

In den 1940er und 1950er Jahren verlagerten sich soziale Widerstände, wie z.B. gegen die Erhöhung der Fahrpreise, mehr und mehr in die Townships. Die Bereitschaft der indischen Community, mit Schwarzen zusammen zu kämpfen und ihre gemeinsamen Widerstandsaktionen, wie Landbesetzungen und Hungerstreiks, führten dazu, dass der ANC Anfang der 1950er Jahre verstärkt mit den bis dahin eigenständig agierenden Coloureds und der indischen Community Bündnisse einging. Der ANC, der Congress of Democrats, 19 der Indian Congress und der Coloured Peoples Congress bilden 1955 die Kongress-Allianz und verabschieden die Freiheitscharta. Etwa 160 Personen der Kongress-Allianz wurden des Hochverrats angeklagt.

Die Freiheits-Charta spricht sich für ein demokratisches und freiheitliches Südafrika ohne Rassismus aus:

Wir, das Volk von Südafrika, erklären vor unserem Land und der Welt: Südafrika gehört allen, die dort leben, Schwarzen und Weißen. Deshalb beschließen wir, das Volk von Südafrika, Schwarze und Weiße gemeinsam, gleichermaßen Landsleute und Brüder, diese Freiheitscharta. Wir verpflichten uns, weder Kraft noch Mühen zu scheuen, bis die hier dargelegten demokratischen Veränderungen verwirklicht sind.

Sie umfasste in zehn Punkten Forderungen, wie….

1. Das Volk soll regieren!…

2. Alle nationalen Gruppen sollen die gleichen Rechte haben!…

3. Das Volk soll am Reichtum des Landes teilhaben!…

4. Das Land soll unter denen verteilt werden, die es bearbeiten!…

5. Vor dem Gesetz sollen alle gleich sein!…

6. Für alle sollen die gleichen Menschenrechte gelten!…

7. Arbeit und soziale Sicherheit für alle!…

8. Bildung und Kultur sollen allen offen stehen!…

9. Wohnraum, Sicherheit und Wohlstand für alle!…

10. Friede und Freundschaft sollen herrschen!…

….und endet mit einem Schrei nach Freiheit:

Lasst alle, die wie wir unser Volk und unser Land lieben, sagen: Wir werden unser ganzes Leben lang für diese Freiheitsrechte… Seite an Seite kämpfen, bis wir unsere Unabhängigkeit erreicht haben.“ 20

Der Besitz und die Weiterverbreitung der Freiheitscharta blieben in Südafrika während der Zeit der Apartheid verboten. Nach deren Ende zählt sie bis heute (zumindest offiziell) zu den programmatischen Grundlagen des ANC.

1958 spaltete sich der Pan Africanist Congress (PAC) vom ANC ab. Er betonte im Zuge des Panafrikanismus die schwarzen Wurzeln und lehnte eine Beteiligung von „Weißen“ am Kampf der Schwarzen gegen das weiße Rassistenregime ab. Der PAC stand in Opposition zur Freiheitscharta und trat gegen die Mitgliedschaft von InderInnen und Weißen in der Kongress-Allianz auf.

Am 21. März 1960 rief der PAC zu einer Aktion gegen das Passgesetz. 20 000 beteiligten sich in Sharpeville, einem Township etwa 50 Kilometer südlich von Johannesburg, an der Aktion. Die Polizei schoss in die Menge. 69 DemonstrantInnen wurden ermordet, 186 zum Teil sehr schwer verwundet. Der ANC solidarisierte sich mit der Aktion. Der Ausnahmezustand wurde verhängt, sowie ANC und PAC verboten.

Das Massaker von Sharpeville veränderte die bis dahin gewaltlose Politik des ANC. Bereits seit 1959 bereitete sich der ANC auf die Arbeit in der Illegalität vor.

Mit der Gründung der Untergrundorganisation Umk­honto we Sizwe (MK, „Speer der Nation“) nahmen ANC und die kommunistische Partei den bewaffneten Kampf auf. Der MK griff strategische Ziele an, wie die Sasolburg Raffinerie, das Atomkraftwerk Koeberg bei Kapstadt sowie Polizeistationen und Militärstütz­punkte. Den größten Aufschwung erlebte die Umk­honto-Bewegung in den Jahren 1962/63, als sie 192 Sabotageakte verübte. 21

Poqo („Wir allein“), der bewaffnete Flügel des PAC, verübte Angriffe gegen Informanten, Chiefs, Polizisten, gegen Handlanger des Apartheidregimes und gegen die weiße Bevölkerung.

Das Regime reagierte darauf, indem es Einzelpersonen verbannte und verhaftete. Im Hochverratsprozess von Rivonia wurden 1964 die meisten Angeklagten, darunter Nelson Mandela, Walter Sisulu, Raimond Mhlaba, Govan Mbeki, Ahmed Kathrada, Elias Motsoaledi und Andrew Mlangeni zu lebenslanger Haft verurteilt und auf der Gefängnisinsel Robben Island im Atlantik vor Kapstadt eingekerkert. „Ich habe gegen die weiße Vorherrschaft gekämpft, und ich habe gegen die schwarze Vorherrschaft gekämpft. Mein teuerstes Ideal ist eine freie und demokratische Gesellschaft, in der alle in Harmonie mit gleichen Chancen leben können. Ich hoffe, lange genug zu leben, um dies zu erreichen. Doch wenn dies notwendig ist, ist dies ein Ideal, für das ich zu sterben bereit bin,“ so Mandela in seiner Verteidigungsrede. 22

Sie ist mehrfach unterdrückt: weil sie schwarz ist und die schwarzen Werktätigen stehen unter der untersten Stufe der rassistischen Apartheid-Leiter. Weil sie eine schwarze Frau ist, die vom weißen Kapitalisten und männerchauvinistischen Herrscher als Arbeiterin und Frau besonders ausgebeutet und mit sexualisierter Gewalt geknechtet wird. Weil sie als schwarze Frau auch vom schwarzen Mann unterdrückt ist. Die schwarze Frau wird ausgebeutet, weil sie eine Arbeiterin ist und weil schwarze Arbeiter weniger verdienen. Aber die schwarze Frau verdient noch weniger als der schwarze Mann!

Zahlreiche werktätige, mutige Frauen haben sich am Kampf gegen die Apartheid beteiligt. Viele bekannte HeldInnen und namenlose HeldInnen. Um nur einige mit Namen zu nennen:

– Bettie du Toit, Gewerkschafterin, die sich zunächst für die Rechte von armen burischen Mädchen in den Textilfabriken eingesetzt hat, die dann weiter politisiert wurde und gegen die Apartheid kämpfte.

– Violet Weinberg, Mitglied der Kommunistischen Partei, wurde gefoltert und ging viele Jahre später ins Exil.

– Hilda Bernstein, die von sich sagt, dass sie immer eine Ausländerin in Südafrika geblieben wäre, wenn sie nicht durch die KP schwarze Freunde gefunden und mit ihnen zusammen gearbeitet hätte

– Winnie Mandela, ein Symbol der schwarzen Frauenbewegung

– Joyce Sikakane, die im Gefängnis von Nylstroom gefoltert wurde

– Fatima Meer, Vorsitzende der Black Women‘s Federation, eine Organisation der Black Consciousness Bewegung, wurde gebannt, unter Hausarrest gestellt, verhaftet….. 23

Viele schwarze Frauen haben gemeinsam mit Inder­innen, Coloured und weißen Frauen zusammen gegen das Passgesetz gekämpft:

Im Oktober 1955 marschieren 20 000 Frauen zum Sitz des Premiers in Pretoria und verlangen die Abschaffung des Passgesetzes. Sie lesen ein Manifest vor, das mit den Worten endet „Vorwärts! Freiheit zu unseren Lebzeiten!

1956: Frauen gegen das Passgesetz: 1 200 in Germinston, 2 000 in Johannesburg. In Evaston marschieren 2 000 Frauen sieben Meilen lang in Boykott zu der Fahrpreiserhöhung.

1957/58 Frauen eines Reservats in West-Transvaal protestieren gegen die Pass-Gesetze. Der Protest weitet sich zur Revolte gegen die Bantu-Behörden und ihre Helfers-Helfer.

Im Oktober 1958 protestieren 3 000 Frauen vor der Stadthalle von Johannesburg gegen die Pass-Gesetze. Die Polizei verhaftet 2 000 Frauen. Von ihnen werden 1 300 zu Geldstrafen und Gefängnis verurteilt, Im Februar des darauffolgendes Jahres wird eine Versammlung von Frauen in der Nähe Pretorias gegen die Passgesetze durch Knüppeleinsatz der Polizei aufgelöst, und 14 Frauen werden schwer verwundet. (Ripken, „Südliches Afrika“, S. 214)

Ende der 1960er Jahre erhielt die Industrialisierung Südafrikas einen weiteren Schub. Nicht mehr die Minen waren der wichtigste Produktionszweig, es entstand eine Konsumindustrie mit der ein Teil der Binnennachfrage befriedigt werden konnte. Investoren aus Europa, USA und Japan bauten Produktionsstätten für Autos, Elektroartikel und landwirtschaftliche Geräte.

1960 gab es noch 106 000 landwirtschaftliche Betriebe, 1975 waren es nur noch 78 000. Das führte zu einem steilen Anstieg der sowieso schon krassen Arbeitslosigkeit: Der Aufbau der kapitalistischen Landwirtschaft gelang nur dadurch, dass die Bauern gewaltsam von ihrem Land vertrieben wurden. Bis 1985 mussten 3,5 Millionen Schwarze aufgrund von Arbeitslosigkeit in das ihnen zugewiesene Homeland umziehen. 24

Die „homelands“ wurden zu „Abladeplätzen für über­flüssige Menschen“, wie die rassistisch-faschistischen Apartheidbürokraten die Erwerbslosen nannten.

Republik Südafrika bis zum Ende der Apartheid…

1961 erklärt die NP-Regierung unter Premierminister Hendrik Verwoerd Südafrika zur Republik, nachdem ein nur unter Weißen durchgeführtes Referendum zu dieser Frage gewonnen worden war. Eine neue Währung, der Rand, wurde eingeführt, Südafrika in Republik Südafrika umbenannt. 1966 wird Verwoerd ermordet. Noch am gleichen Tag und in der Nacht nach dem Mord wurden landesweit über 18 000, hauptsächlich schwarze SüdafrikanerInnen, ohne eine Nennung von Gründen verhaftet und teilweise monatelang ohne Gerichtsverfahren in Gefängnissen sowie auch in schnell eingerichteten Lagern festgesetzt.

Das Terrorismus-Gesetz gewährte der Polizei das Recht, Verhaftete auf unbefristete Zeit und ohne Gerichtsurteil in Einzelhaft zu nehmen. Die Öffentlichkeit hatte kein Anrecht darauf, die Namen der Verhafteten zu erfahren.

In den Townships entwickelte sich eine neue politische Kraft, die Black Consciousness-Bewegung (Schwarzes Bewusstsein). 1969 gründete Steve Biko die schwarze Studentenorganisation SASO (South African Students‘ Organisation). Ziel war die Befreiung der Schwarzen aus der Apartheid und die Entwicklung eines Selbstbewusstseins über die eigene Kultur, die ihre eigenen Werte enthält. 1972 wurde die Black People‘s Convention als Dachorganisation von 70 Black Conciousness-Gruppen gegründet.

Südafrika Soweto

Die Aufstände der schwarzen Bevölkerung nahmen an Vehemenz zu, trotz der sich verschärfenden faschistischen Tyrannei. Der Aufstand der Schülerinnen und Schüler in Soweto 1976 gegen die Bildungspolitik der weißen Rassisten-Regierung war dabei ein historischer Höhe- und Wendepunkt. Während der Rebellion und der nachfolgenden Demonstrationen wurden 575 Kinder und Jugendliche von der Polizei bestialisch niedergemetzelt, 3 907 wurden verletzt und 5 980 inhaftiert. Viele von ihnen wurden unvorstellbar grausam gefoltert, Mädchen von staatlichen Sicherheitskräften vergewaltigt.

Landesweite Proteste, Streiks, Demonstrationen, sowie gewaltsame Angriffe und gezielte Anschläge auf Institutionen der Herrschenden folgten. Etwa 250 000 Menschen in 160 schwarzen Siedlungen nahmen offensiv und todesmutig den Kampf mit dem herrschenden System auf. 25

Es war ein Aufstand der Jugend in den Townships für ihre selbstbestimmte Zukunft und für die Befreiung der schwarzen Völker Südafrikas.

Trotz Verhaftungen und Bannung konnte der Widerstand nicht gebrochen werden. Im November wurde ein fünftägiger Streik ausgerufen, an dem sowohl schwarze Industriearbeiter, als auch Wanderarbeiter teilnahmen. Im Oktober 1977 griff die Regierung zu einem generellen Verbot fast aller Organisationen der Black Consciousness-Bewegung. (Die SACP wurde ja schon 1950, ANC und PAC 1960 verboten)

Der Aufstand von Soweto, die Entstehung einer Massenbewegung gegen das rassistisch-faschistische Regime zwang die Herrschenden zu einigen Zugeständnissen. Ihre größten Hoffnungen setzten sie dabei auf eine Spaltung der revolutionären Bewegung. Daher begannen sie in den 1970er Jahren, einigen „homelands“ die „Unabhängigkeit“ zu gewähren. Im Oktober 1976 wurde die Unabhängigkeit der Transkei als nationales Vaterland des Volkes der Xhosa und im Dezember 1977 die Unabhängigkeit von Bophuthatswana proklamiert. Die Herrschenden verfolgten mit der Um­­wandlung der „homelands“ in Marionetten-Staaten das Ziel, die Völker sowohl räumlich, als auch ideologisch voneinander zu isolieren. Die Gefahr eines be­­waffneten Aufstandes gegen das Rassistenregime sollte auf ein Minimum reduziert werden und dem revolutionären bewaffneten Kampf die Basis ent­zogen werden.

Eine kleine Verfassungsreform 1984 räumte zwar den coloured peoples und der indischen Bevölkerung eigene Kammern mit begrenzten Rechten im Parlament ein, schloss die Schwarzen aber weiterhin aus. Mehr als 80 Prozent der stimmberechtigten indischen und coloured WählerInnen boykottierten allerdings diese Wahl.

Die United Democratic Front (UDF) entstand, eine breite demokratische Massenorganisation, in der Frauen, Jugendliche und gewerkschaftliche Organisationen vertreten waren.

700 verschiedene Gruppen und drei Mio. Menschen waren in ihr organisiert. Der Wahlspruch der UDF war UDF Unites, Apartheid Divides („UDF vereint, Apartheid trennt“). Das erste Ziel der UDF war die Bekämpfung des kurz zuvor eingeführten Drei-Kammer-Systems des Parlaments. Zudem organisierte sie Mietboykotte, Schülerproteste, Streiks und andere Boykotte. Die UDF propagierte die Freiheitscharta und setzte sich für die Freilassung der politischen Gefangenen ein. Die UDF war formell nicht mit dem ANC verknüpft und beteiligte sich nicht am bewaffneten Widerstand. 26

Mitte der 1980er Jahre hatte sich eine unabhängige Gewerkschaftsbewegung, der Dachverband COSATU (Congress of South African Trade Unions) gegründet, der schnell anwuchs und gegen das Apartheid-Regime kämpfte.

Die Regierung verhängte einen landesweiten Ausnahmezustand, 26 000 Menschen wurden innerhalb eines Jahres verhaftet, Todesschwadronen führten Gewaltexzesse durch.

Doch der Widerstand war nicht mehr zu brechen.

Südafrika Biko

Südafrika – International

Weltweit gab es in vielen Ländern eine umfassende und breit verankerte aktive Anti-Apartheidbewegung, die von ML Gruppen bis hin zu kirchlichen Gruppen getragen wurde. Deren Kampagnen, wie Boykott der Waren aus Südafrika, Demonstrationen, Protestaktionen, sowie die Kam­pagne zur Freilassung Nelson Mandelas waren mit ausschlaggebend da­­für, dass sich inter­nationale Organisationen, wie die UNO, aber auch bürgerliche, im­­perialistische Regierungen zunehmend von dem Apartheid-Regime distanzieren mussten. In vielen Ländern wurden Anti-Apartheid-Bewegungen schon in den späten 1950er Jahren gegründet und erlebten einen zweiten Schub in den späten 1960er Jahren mit der StudentInnenbewegung.

Die erste europäische Boykottaktion initiierte die niederländische Anti-Apartheid-Bewegung. Auch in Dänemark spielte der Boykott südafrikanischer Produkte eine wichtige Rolle. Nachdem sich auch die Gewerkschaften an den Boykottkampagnen beteiligten, beugten sich die großen Supermarktketten und verkauften keine Produkte mehr aus Südafrika. Appelle an die dänische Wirtschaft, ihre Kontakte nach Südafrika abzubrechen, fanden aber wenig Resonanz. Im Mai 1986 beschloss das dänische Parlament nach einer militanten Aktion gegen das südafrikanische Konsulat in Kopenhagen ein vollständiges Handelsverbot mit Südafrika.

Z.B.: Die deutsche Anti-Apartheidbewegung wurde erst 1974 gegründet. Sie hatte 65 aktive Lokalgruppen. Ihre Kampagne „Kauft keine Früchte der Apartheid“ 1976 und der Bankenboykott wurden breit unterstützt. Beim Thema militärische und nukleare Zusammenarbeit der BRD mit dem Apartheid-Regime, wurde die Bewegung durch Recherchen des ANC unterstützt. Diese Arbeit gipfelte in einem internationalen Kongress 1978 zur militärischen und nuklearen Zusammenarbeit BRD-Südafrika.

In Österreich bildeten sich „apartheidfreie Zonen“: Bildungshäuser, Spitalskantinen oder Universitätsmensen verzichteten auf südafrikanische Produkte. Eine wichtige Kraft im Kampf gegen die Apartheid war die US-amerikanische Anti-Apartheidbewegung. Dass der US-Kongress 1986 mit dem „Comprehensive Anti-Apartheid Act“ gegen das Veto von Präsident Ronald Reagan einen Handels- und Investitionsboykott Süd­afrikas durchsetzte, war Ergebnis der Arbeit dieser Organisationen.

Internationale Kritik der UNO und des Commonwealth an der Apartheidpolitik der Regierung führte dazu, dass Südafrika 1961 aus dem Commonwealth austrat und die Republik ausgerufen wurde. Das Land geriet in die politische Isolation: Die Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) erkannte 1963 die beiden Widerstandsgruppen ANC und PAC offiziell an. 1966 wurde Südafrika auch das UNO-Mandat für Südwestafrika (Namibia) entzogen. Die Isolation verstärkte sich, als das im Norden angrenzende britische Protektorat Betschuanaland als Botswana (1966) und das vollkommen von südafrikanischem Territorium umgebene Basutoland als Lesotho (1966) von Großbritannien ihre Unabhängigkeit erkämpften. Lesotho lehnte die Anerkennung der Transkei und anderer südafrikanischer „homelands“ ab und bot südafri­kanischen Flüchtlingen Asyl an. Die Apartheidregierung Südafrikas verhängte Sanktionen und übte wirtschaftlichen, politischen und militärischen Druck auf Lesotho aus. Zwei Jahre später errang auch Swasiland seine Souveränität. Die portugiesischen Kolonien Angola und Mosambik hatten enge ökonomische, politische und militärische Beziehungen zum südafrikanischen Regime. Auch Rhodesien (Simbabwe) mit seinem weißen Herrscher-Regime und Malawi waren feste Verbündete Südafrikas.

Befreiungskämpfe und Konterrevolution im Süden Afrikas

Die erstarkenden antikolonialen Kämpfe und die „Nelkenrevolution“ in Portugal am 25. April 1974 veränderten allerdings die Machtverhältnisse. Mit der Unabhängigkeit von Mosambik und Angola hatte das Apartheid-Regime Südafrikas auf einmal Regierungen in seiner Nachbarschaft, die offen den Befreiungskampf unterstützten und im Widerstand zum Apartheid-Regime standen.

Angola

Nach Ausbruch des Befreiungskriegs in Angola marschierte die südafrikanische Armee im Oktober 1975 mit Unterstützung der USA in Angola ein. Südafrika stand auf der Seite der pro-westlichen UNITA (União para a Independência Total de Angola – Union für die völlige Unabhängigkeit Angolas), die sozialimperialis­tische Sowjetunion und Cuba unterstützten die Befreiungsbewegungen MPLA (Volksbe­wegung für die Befreiung Angolas) in Angola und die Frelimo (Frente de Libertacao de Mocambique, Mosambikanische Befreiungsfront) in Mosambik. China unterstützte in Konfrontation zur Sowjetunion ebenfalls die UNITA. Eines der Ziele Südafrikas beim Einmarsch in Angola war auch, die namibische SWAPO zu bekämpfen, die 1966 den bewaffneten Kampf gegen Südafrika aufgenommen hatte und von Angola aus operierte. Nach dem Rückzug aus Angola führte Südafrika den Krieg gegen die SWAPO vom besetzten Namibia aus fort.

Mosambik

Südafrika unterstützte die reaktionäre Regierung in Mosambik. Nach dem Sieg der Befreiungsbewegung FRELIMO beschloss die neue Regierung Sanktionen gegen die weiße Regierung in Rhodesien. Als Reaktion setzten erste Angriffe der rhodesischen Armee sowie der vom rhodesischen Geheimdienst gegründeten MNR (später Renamo, Resistencia Nacional de Mocambique) ein. Nach der Unabhängigkeit Simbabwes 1980 übernahm Südafrika die Unterstützung der Renamo.

Simbabwe

Nach dem Sieg der Befreiungsbewegung im Rhodesien brach einer der letzten Verbündeten Südafrikas weg.

Malawi

Malawi war unter Präsident Banda ein Polizeistaat und eine antikommunistisch eingestellte Diktatur. Als solche erfreute sie sich in Zeiten des Kalten Krieges der Unterstützung des Westens. Zudem unterhielt Banda als einziger Regierungschef in der Nachbarschaft Südafrikas bis 1992 enge Beziehungen zum Apartheidregime.

1977 verhängte die UNO ein Waffenembargo gegen Südafrika. 1986 verschärft sie das Wirtschaftsembargo, das die Wirtschaft des Landes schwächte. Internationalen Sanktionen und der Niedergang der Goldindustrie führten zum wirtschaftlichen Abschwung. Der Rand lag Mitte des Jahres 1985 um 63 Prozent unter dem Außenwert von 1983. Die damit verbundene Verteuerung der Importe hat in Verbindung mit den Einbrüchen auf dem Exportmarkt und der ausufernden Steigerung der Ausgaben zur Sicherung des Regimes (Polizei und Militär und Beamte) dazu geführt, dass Südafrika Mitte 1985 praktisch die Grenze seiner Zahlungsfähigkeit erreicht hatte. 27

Im August 1989 wurde Premierminister Botha von seiner eigenen Partei aus dem Amt gedrängt und durch Frederik Willem de Klerk ersetzt, der die Wende einleitete. Er unternahm erste Schritte zur Abschaffung der Rassendiskriminierung. 1990 wurden der ANC, PAC und SACP, sowie andere Organisationen und Parteien wieder zugelassen. Bereits kurze Zeit später wurden auch die politischen Gefangenen freigelassen, unter ihnen – Nelson Mandela.

Regierung und ANC verhandelten über einen friedlichen Übergang zur Demokratie und eine neue Verfassung. Ein Allparteien-Kongress bereitete ab 1991 eine Konstituierende Nationalversammlung vor. Der „Group Areas Act“, die „Land Acts“ sowie der „Population Registration Act“ wurden ersatzlos gestrichen. Die Apartheid-Politik in Südafrika war offiziell beendet. In den ersten 17 Monaten legaler Tätigkeit, rekrutierte der ANC 700 000 Mitglieder. 28

Südafrika am Rand eines Bürgerkriegs

Die weiße de Klerk-Regierung unternahm alles, um die ersten demokratischen Wahlen zu verhindern. Die Inkatha Freedom Party von Chief Buthelezi überfiel die Townships, deren Bevölkerung mehrheitlich den ANC unterstützt. Von 1990 bis 1994 starben 14 000 Menschen in diesen vier Jahren gewalttätiger Unterdrückungsversuche durch die Inkatha und Staatsinstitutionen. 29

Im März 1994 führten bewaffnete Anhänger der Inkatha-Partei in Johannesburg eine Demonstration durch, bei der fünfzig Menschen starben. Der ANC enthüllte, dass Millionen von der de Klerk-Regierung an die Inkatha geflossen waren, die Polizei in die Angriffe auf den ANC verwickelt war und die Geheimdienste nach wie vor verdeckte Operationen gegen den ANC durchführten.

Auch in den „homelands“ Bophuthatswa und Ciskei kämpften die Chiefs gegen die Wiedereingliederung in die südafrikanische Föderation, da sie um ihre Pfründe bangen mussten.

Faschistische Gruppen verübten Anschläge gegen schwarze SüdafrikanerInnen und verbreiteten ein Klima des Terrors. Erst eine Woche vor der Wahl lenkte Buthelezi ein. Als Gegenleistung wurde er an der Regierung beteiligt.

Internationale Sanktionen und Blockaden zwingen das rassistische Regime der Nationalpartei zum Einlenken. Die landesweiten Massenproteste, angeführt von COSATU, ANC, SACP und der bewaffneten MK, sowie der Bewegungen der Black Conciousness führen letztendlich zur Befreiung vom Apartheid-Regime.Der Übergang erfolgt jedoch ohne revolutionären Umsturz, sondern durch Verhandlungen um eine bürgerliche Demokratie in einem kapitalistischen Land – unter der Herrschaft der schwarzen Mehrheits­be­völkerung. Gemäß der Übergangsverfassung werden daher die Nationale Partei und die Inkatha an der Regierung der Nationalen Einheit beteiligt und der MK in die neu gegründete South African National Defence Force (SANDF, Südafrikanische nationale Verteidigungsstreitkräfte) integriert. Im gleichen Jahr wird Südafrika Mitglied der OAU und tritt wieder in den Commonwealth ein.

Die ersten freien Wahlen Südafrikas 1994 gewinnt der ANC mit rund 63 Prozent und bildet eine Allianz, das Dreierbündnis von ANC, SACP und COSATU. Nelson Mandela wird der erste schwarze Präsident in Südafrika.

August 2016

In der nächsten Nummer beschäftigen wir uns mit der aktuellen politischen Lage Südafrikas und der Politik der Dreierallianz ANC, SACP und COSATU, die die Regierung stellt.

Ausländisches Kapital im Bergbau Südafrikas war es im wesentlichen, das die Grundlagen der Reservats-Politik legte. Diese beruht auf dem ‚Glen-Grey-System‘, das der Minenmagnat Cecil Rhodes, während seiner Regierungszeit in der Kap-Kolonie eingeführt hat. Das ‚Glen-Grey-Gesetz‘ von 1894 fand seine endgültige landesweite Ausformung im ‚Land-Gesetz‘ des Jahres 1913. Ziel dieser Reservatspolitik war die Etablierung eines Systems von Wanderarbeit, das ursprünglich freie Bauern in temporäre Lohnarbeit mit Zwangsarbeitscharakter trieb.
Dieses System der Ausbeutung schwarzer Arbeitskraft beruht in Südafrika bis heute (1983 Anmerkung TA) auf der Verweigerung des Rechtes auf Freizügigkeit, auf der Missachtung des Rechts, seinen Arbeitsplatz und Wohnort frei wählen zu können und mit der Familie zusammenzuleben und auf dem faktischen Verbot einer kollektiven Interessenwahrnehmung für afrikanische Minenarbeiter.“
(W. Geisler, G. Wellner, „DM-Investitionen in Südafrika“, S. 7, 1983, Informationsstelle Südliches Afrika e.V., – Geisler „DM-Investitionen“)
Die Arbeiterklasse vor und nach dem Zweiten Weltkrieg:
Die schwarzen ArbeiterInnen wehrten sich massiv gegen die ununterbrochene Produktion zu Kriegszwecken, die den südafrikanischen Industriellen riesige Profite brachte.
Zwischen 1940 und 1945 bewirkten 52 394 Streikende einen Ausfall von 220 205 Arbeitstagen (4,2 Tage pro Streikendem). Viele ArbeiterInnen und ihre noch jungen Gewerkschaften wurden vom Rat der nicht-europäischen Gewerkschaften (CNETU, Council of Non European Trade Unions) beraten. CNETU war 1941 als eine Koordination der schwarzen Gewerkschaften in Transvaal, Südafrika entstanden. Viele der an CNETU angebundenen Gewerkschaften wurden zehn Jahre später Mitglied im Gewerkschaftsbund South African Congress of Trade Unions (SACTU).
Ebenfalls einzigartig in dieser Zeit war die erfolgreiche Organisierung schwarzer Minenarbeiter – zumeist Wanderarbeiter – in der Minenarbeitergewerkschaft AMWU (African Mine Workers Union). Der Streik der Minenarbeiter von 1946 ragt hierbei als der bis dahin bedeutsamste Streik in der Geschichte der südafrikanischen ArbeiterInnenbewegung heraus. Zwischen 70 000 und 100 000 Wanderarbeiter brachten alleine im August 21 Minen teilweise oder komplett zum Stillstand. Der Streik richtete sich gegen niedrige Löhne, unerträgliche Arbeitsbedingungen und die Fortsetzung der Gültigkeit der Kriegsgesetze. Der Staat antwortete wie erwartet mit brutaler Gewalt:
Nach einer Woche waren zwölf schwarze Arbeiter getötet und 1 200 verletzt worden.
Dieser Streik bewies die Stärke der schwarzen ArbeiterInnenklasse und ihrer Gewerkschaften, die es geschafft haben unter den schwierigsten Umständen sogar die Wanderarbeiter zu organisieren und zu mobilisieren.
(Ken Luckhardt und Brenda Wall, „Arbeiter gegen Apartheid“, S. 24, 1981, ISSA wissenschaftliche Reihe, Informationsstelle Südliches Afrika e.V., – Luckhardt, „Arbeiter“, S. 25 )
Deutschland und faschistisches Apartheid-Regime
1963 verhängte die UNO ein Waffenembargo gegen Südafrika. Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland (damals Westdeutschland) ignorierte dieses und wurde dafür im November 1976 von der UNO-Vollversammlung verurteilt. Auch das 1986 verschärfte Wirtschaftsembargo gegen Südafrika interessierte die meisten Konzerne aus Deutschland nicht.
Die westdeutsche Industrie investiert vornehmlich in folgenden südafrikanischen Wirtschaftssektoren: – Automobil-Industrie (25 Prozent der Direktinvestitionen); Elektrotechnik (22 Prozent der Direktinvestitionen); Chemische Industrie (17 Prozent der Direkt­investitionen). …
Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums beliefen sich die Direktinvestitionen 1965 auf 85,9 Mio. DM (Deutsche Mark) und stiegen bis 1981 auf 710,5 Mio. DM… Die westdeutschen Investitionen … stiegen in diesem Zeitraum um 113%, also wesentlich schneller als US-amerikanische oder britische Investitionen mit Wachstumsraten von 62 Prozent bzw. 87 Prozent.“ (Geisler, „DM-Investititonen“) (Darunter alle deutschen Monopole von Rang und Namen: Siemens, Daimler Benz, L.&C. Steinmüller, Bayer AG-Group, Dillinger, BMW, Hoechst Group Deutsche Babock, Mannesmann-Group, Henkel, R. Bosch usw.)
1975 veröffentlichte der ANC Dokumente, die belegen, dass unter Beteiligung verschiedener westdeutscher Ministerien und einiger von der Bundesregierung direkt und indirekt kontrollierter Firmen, Südafrika in den Besitz von nuklearer Technologie gelangt war. (Ripken, „Südliches Afrika“, S. 227)
Die BRD war einer der wichtigsten Handelspartner Südafrikas, noch vor den USA, und gehörte zu den bedeutenden Kapitallieferanten besonders für die Staatsunternehmen, die vom reaktionärsten Teil der Buren beherrscht wurden. (ebenda, S. 221)
Steve Biko
Biko wuchs in einer Familie der unteren Mittelschicht auf. Er kam in den 1960ern zu der Überzeugung, dass die wirkliche Befreiung der schwarzen Völker nicht nur in einer ökonomischen und politischen, Befreiung sondern auch in einer Entkolonialisierung des eigenen Bewusstseins, einer Wiederaneignung der eigenen unterdrückten Kultur liegen kann und sie sich von den Weißen vollständig unabhängig machen müssen. Biko war in seinem Denken und Handeln beeinflusst von den weltweiten anti-kolonialen Bewegungen und Befreiungskämpfen. Er hatte sich mit den Werken von Aimé Césaire und Frantz Fanon (beide Martinique) auseinandergesetzt und die Entwicklungen und Kämpfe der Black Panther, verfolgt. „Black man, you are on your own“ lautete der Slogan der von Biko 1968 gegründeten SASO. Im Februar 1973 wurde Biko mit einem Bann belegt, dann von der Sicherheitspolizei verhaftet, zusammengeschlagen und gefoltert. Zu der Zeit des Soweto-Aufstands war Biko zwar im Gefängnis, aber die Black Consciousness Bewegung hatte den Aufstand der Jugendlichen hervorgebracht. Steve Biko starb ein Jahr später durch die brutale Polizeigewalt.
COSATU (Congress of South African Trade Unions, südafrikanischer Gewerkschafts-Dachverband)
1955 schlossen sich einige Gewerkschaften im Dachverband SACTU (South African Congress of Trade Unions – Südafrikanischer Gewerkschaftskongress) zusammen. Ursprünglich war SACTU eine Ansammlung von nicht registrierten afrikanischen Gewerkschaften, die CNETU angehörten und Gewerkschaften, die eine Vereinigung mit dem opportunistischen TUCSA ablehnten. 30Auf dem Gründungskongress wurde eine prinzipielle Erklärung vereinbart:
Die Zukunft des Volkes von Südafrika liegt in den Händen der Arbeiterklasse. Nur die Arbeiterklasse, im Bündnis mit den fortschrittlich gesinnten Teilen der Gesellschaft, kann ein glückliches Leben für alle Südafrikaner schaffen, ein Leben frei von Arbeitslosigkeit, Unsicherheit und Armut, frei von Rassenhaß und Unterdrückung, ein Leben voller Möglichkeiten für alle Menschen. Aber die Arbeiterklasse kann in diesem großartigen und edlen Vorhaben nur erfolgreich sein, wenn sie vereint und stark ist, wenn sie sich ihrer schöpferischen Verantwortlichkeit bewußt ist. Die Arbeiter Südafrikas brauchen eine vereinigte Gewerkschaftsbewegung… von Vorurteil und rassistischer Diskriminierung unberührt…Wir beschließen, dass diese Koordinierungsstelle der Gewerkschaften sich bemühen wird, alle Arbeiter in ihren Reihen zu vereinigen, ohne Diskriminierung und ohne Vorurteil…“ 31
SACTU sah die Apartheidpolitik als Hauptgrund für die miesen Arbeitsbedingungen der schwarzen Arbeiterklasse und forderte weitreichende politische Reformen. Nachdem fast alle Organisationen der schwarzen Bevölkerung in Südafrika verboten wurden, war die Gewerkschaftsbewegung die einzige wirkliche Opposition im Land. SACTU schloss sich dem Befreiungskampf an, wurde verboten und konnte ab 1956 nur noch aus dem Exil agieren.
Ab 1973 gewann die Gewerkschaftsbewegung wieder an Stärke. Etwa 100 000 ArbeiterInnen nahmen an einer massiven Streikwelle mit Zentrum in Natal teil. Die ArbeiterInnen aus der Niedriglohn-Textilindustrie führten den Streik an. (ebenda, S. 30)
Aufbauend auf diesen Demonstrationen formierten sich drei Gewerkschaftsverbände, die sich für das Recht auf Organisationen für schwarze ArbeiterInnen einsetzten:
Die Federation of South African Trade Unions (FOSATU) mit zwölf Industriegewerkschaften und rund 20 000 organisierten Arbeiterinnen und ArbeiterInnen,
die Community Unions, die vor allem im Ostkap entstanden,
und CUSA, der Council of Trade Unions in South Africa, der hauptsächlich um Johannesburg verankert und von der Black-Consciousness-Bewegung beeinflusst war. Es kam zu Uneinigkeit über die Strategie bei der Registrierung. Die Gewerkschaften, die für die Registrierung waren, gründeten 1985 den COSATU. Neben den FOSATU-Gewerkschaften schlossen sich die National Union of Mineworkers (NUM) und einigeEinzelgewerkschaften der Community Unions dem COSATU an. 32
Seit der Illegalisierung des SACTU verfügte Südafrika damit wieder über einen gewerkschaftlichen Dachverband auf antirassistischer Grundlage, der die Zersplitterung der Gewerkschaftsbewegung in wesentlichen Bereichen aufhebt. Der neue Gewerkschaftskongress vertritt Mitglieder aller Hautfarben. Gewerkschaften, die der Black Consciousness-Bewegung nahestehen, arbeiten deshalb nicht mit, so z. B. der CUSA. Doch mit über einer halben Million Mitgliedern und 36 Einzelgewerkschaften bildete der COSATU die größte und am besten organisierte Kraft innerhalb der kämpferischen Gewerkschaftsbewegung Südafrikas. In einem Interview sagte der damalige COSATU-Präsident Elija Barayi: „Die Botschaft lautet, wir gehen in die Offensive. Wir werden nicht länger passiv bleiben. Von jetzt an werden die schwarzen Gewerkschaften politisch, sozial und kulturell eine aktive Rolle spielen.“ 33
Der neue Dachverband forderte u. a. einen ausländischen Investitionsboykott gegen Südafrika, die Aufhebung aller politischen Organisationsverbote und die Freilassung aller politischen Gefangenen. Er forderte ultimativ die Abschaffung der Passgesetze binnen eines halben Jahres, andernfalls würden die Schwarzen ihre Pässe verbrennen. Von einer zukünftigen Mehrheitsregierung erwartet der COSATU die Nationalisierung der Bergwerke und anderer wichtiger Industriezweige, er führe einen Kampf für eine Gesellschaft, in der der nationale Reichtumgerecht unter denen verteilt ist, die ihn produzieren

1 bpb.de/gesellschaft/migration/laenderprofile/200126/historische-entwicklung, eingesehen Mai 2016

2 Info Verteiler Wien, Nr. 76, September 2010, S. 7

3 Peter Ripken, „Südliches Afrika, Geschichte, Befreiungskampf und politische Zukunft“, S. 210, 1978, Verlag Klaus Wagenbach, – Ripken, „Südliches Afrika“

4 bpb.de/gesellschaft/migration/laenderprofile/200126/historische-entwicklung, eingesehen Mai 2016

5 Als Dominion (engl. „Herrschaftsgebiet“) wurden ab Anfang des 20.  Jahrhunderts offiziell die sich selbst verwaltenden Kolonien sowie Irland innerhalb des Britischen Reiches bezeichnet.

6 Inge Grau, „Afrika, Geschichte und Gesellschaft im 19. und 20. Jahrhundert“, S. 225, 2000, Promedia Verlag Wien, – Grau, „Afrika“

7 Zu Cecil Rhodes, den imperialistischen Interessen der BSAC und der Ausbeutung der Völker siehe Trotz alledem! Nr. 72, S. 37

8 de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_S%C3%BCdafrikas, eingesehen Mai 2016

9 Grau, „Afrika“, S. 260 ff

10 Südafrika erlangte 1926 mit dem Balfour-Bericht eine faktische Souveränität. Großbritannien erlaubte Südafrika, Botschaften in anderen Ländern zu eröffnen; ein unabhängiges südafrikanisches Außenministerium entstand. Der Balfour-Bericht ist eine Presseerklärung, die von einem Ausschuss zur Neubestimmung der Beziehungen innerhalb des Britischen Empires erarbeitet wurde. Er bildete eine Abkehr von einer Föderation als mögliche Staatsstruktur für das britische Weltreich. Der Bericht bildet den Anfang der langsamen Auflösung des britischen Empires, dessen Nachfolger der Commonwealth of Nations ist. 1931 erhielt die südafrikanische Union durch das Statut von Westminster auch formal die gesetzgeberische Unabhängigkeit von Großbritannien. Das Statut von Westminster wurde durch das britische Parlament erlassen und verlieh den Dominions des British Commonwealth of Nations formal die gesetzgeberische Unabhängigkeit.

11 „homelands“: „Heimatländer“, ehemals Reservate und verächtlich „Bantustans“ genannt. Das Prinzip der „homelands“ ist Kern der Apartheidpolitik. Es greift auf das Landgesetz von 1912 zurück, das bestimmt, wo Schwarze Land kaufen dürfen. Dieses Land ist manchmal nicht größer als eine Farm. Sie nehmen seit den 1930er Jahren (Bantu Trust and Land Act 1936 nur 13 Prozent der Gesamtfläche von Südafrika ein.

12 junge Welt, 20.07.2015, Nr. 165, S. 15

13 unric.org/html/german/resolutions/A_RES_34_93.pdf

14 Sun City galt als das Las Vegas Südafrikas, in dem nur Weiße Zutritt hatten: Artists United Against Apartheid – Sun City. (wikipedia: Artists_United_Against_Apartheid)

15 Nelson Mandela, „Der lange Weg zur Freiheit“, S. 230 ff, 1. Aufl. 1994, 18. Aufl. 2013, Fischer Taschenbuch, – Mandela, „lange Weg“

16 sahistory.org.za/organisations/natal-indian-congress-nic, eingesehen Juni 2016

17 Geisler „DM-Investitionen“, S. 9

18 sahistory.org.za/article/south-african-communist-party-timeline-1870-1996, eingesehen Juli 2016

19 „Eine Partei radikaler, linksgerichteter, gegen die Regierung eingestellter Weißer“ – Mandela, „lange Weg“, S. 236Ripken schreibt „weithin verstanden als Nachfolgeorganisation der 1950 illegalisierten Kommunistischen Partei“ – „Südliches Afrika“, S. 188

20 zitiert nach uni-frankfurt.de/46835711/Heinz-Josef-Prehler.pdf, eingesehen Mai 2016

21 Afrikainstitut der Akademie der Wissenschaften der UdSSR, „Der bewaffnete Kampf der Völker Afrikas für Freiheit und Unabhängigkeit“, S. 317, 1981, Militärverlag der DDR, – Afrikainstitut, „bewaffnete Kampf“

22 sueddeutsche.de/politik/zitate-von-nelson-mandela-ein-ideal-fuer-das-ich-zu-sterben-bereit-bin-1.1837100, eingesehen Juni 2016

23 Ruth Weiss (Hrg.), „Frauen gegen Apartheid“, S. 7 ff, 1980, rororo,

24 uni-frankfurt.de/46835711/Heinz-Josef-Prehler.pdf, eingesehen Mai 2016

25 liportal.de/suedafrika/geschichte-staat/#c1550, eingesehen Mai 2016

26 Mit der Legalisierung des ANC 1990 verlor die UDF rasch an Bedeutung.

27 Falk, „Südafrika“

28 Mandela, „lange Weg“, S. 792

29 junge Welt, 20. Juli 2015, Nr. 165, S. 15

30 Ursprünglich Südafrikanischer Gewerkschaftsrat (SATUC), später änderte man den Namen in Gewerkschaftsrat von Südafrika (TUCSA, Trade Union Council of South Africa). Schwarze Gewerkschaften waren seit 1969 aus dem gemischten Dachverband TUCSA ausgeschlossen. Aber 1973 kam es zu starken Streiks mit 246 Kämpfen, die sich bis 1974 fortsetzten. Im selben Jahr wurden schwarze Gewerkschaften unter dem Dach von TUCSA wieder zugelassen. Die weiße politische Bourgeoisie erhoffte sich hiermit eine Schwächung von inzwischen entschlossen auftretenden schwarzen Gewerkschaftsgruppen.

31 Luckhardt, „Arbeiter“, S. 25

32 giga-hamburg.de/de/system/files/publications/gf_afrika_1410.pdf, eingesehen Juni 2016

33 Rainer Falk, „Südafrika: Widerstand und Befreiungskampf,“ S. 38 ff, 1986, Pahl-Rugenstein – Falk, „Südafrika“