In den heutigen Grenzen ist die DR Kongo einer der bedeutendsten, größten und bevölkerungsreichsten Staaten Afrikas mit 72,5 Mio. EinwohnerInnen und rund 250 Ethnien. Die DR Kongo ist in Bezug auf die Bevölkerungszahl der viertgrößte Staat Afrikas. Zum Vergleich: Die Republik Kongo zählt etwas über vier Millionen EinwohnerInnen. An Fläche ist die DR Kongo der zweitgrößte Staat Afrikas, fast 72-mal so groß wie seine ehemalige Kolonialmacht Belgien, und etwa 6,6 mal so groß wie Deutschland. Die DR Kongo hat neun Nachbarländer. Sie grenzt beginnend vom Atlantik im Uhrzeigersinn an die Republik Kongo, Zentralafrikanische Republik, Südsudan, Uganda, Ruanda, Burundi, Tansania, Sambia und Angola.
Kolonisierung setzt die Ära der Gewalt in Gang
Die Kolonialisierung der heutigen Demokratischen Republik Kongo begann nicht erst im 19. Jahrhundert, sondern bereits 1482. Portugiesische Expeditionen, und in deren Gefolge Kirchen, Mönche und Nonnen missionierten, unterjochten und plünderten im Namen des Christentums.
Die Bevölkerung verschiedener Stämme und Königreiche in dem riesigen Gebiet setzten sich gegen die gewaltsame Inbesitznahme ihres Landes und seiner Reichtümer zur Wehr. Aber natürlich haben die Herrscher der kongolesischen Königreiche versucht mit der Kolonialmacht ins Geschäft zu kommen und ihre eigenen Pfründe abzusichern. Ihre Unterwerfung war aber nicht aufzuhalten. Sie wurden entweder zu Lakaien der Kolonialmacht oder hinweggefegt.
Der Eroberungsdrang und die nackte Gewalt der Kolonialisten waren nicht aufzuhalten. In den folgenden Jahrhunderten bestimmte der Sklavenhandel die Geschichte.
Das Gebiet um die Mündung des Kongoflusses war am stärksten betroffen. Von der Küste Kongos und Angolas wurden etwa fünf Millionen Menschen im Laufe der nächsten drei Jahrhunderte in die Sklaverei nach Süd- und Nordamerika, Westindien etc. verschleppt.
Mitte des 19. Jahrhunderts sicherte sich der belgische König Leopold II. durch „Schutzabkommen“ mit verschiedenen Stammesoberhäuptern – nicht selten mittels Gewalt – die Rechte an vielen und großen Territorien entlang des Kongo. Mitte der 1880er fanden antikoloniale Aufstände statt, in deren Verlauf Truppenteile der belgischen Soldaten aus einigen Gebieten fliehen mussten.
Deutschland, die zu spät gekommenen imperialistische Macht im kolonialen Aufteilungspoker, nahm diese Aufstände zum Anlass und besetzte die verlassenen Militärstationen im heutigen Ruanda und Burundi. Das verstärkte die Widersprüche zwischen den Kolonialmächten. Um die territorialen Konflikte unter den Kolonialmächten zu schlichten wurde 1884/85 auf Einladung des kaiserlichen Deutschland die Berliner „Kongokonferenz“ einberufen. 15 Staaten nahmen daran teil: Frankreich, Großbritannien, USA, Deutschland, Österreich-Ungarn, Portugal, Belgien, Italien, Spanien, Osmanische Reich, Holland, Russland, Dänemark, Schweden und Norwegen. Bis zum Jahr 1900 waren 90 Prozent des afrikanischen Territoriums unter Kolonialherrschaft und nahezu völlig ökonomisch von dieser abhängig.
Der „Kongo-Freistaat“ des belgischen Königs war faktisch seine „Privatkolonie“. Die Konzessionsgesellschaften, deren Hauptaktionär der König selbst war, erhielten einen Freibrief zur hemmungslosen Ausbeutung der Menschen und zur massiven Ausplünderung der riesigen Rohstoffvorkommen im Kongo. Die Herrschaft Leopold II. (1888-1908) ging unter dem Begriff „Kongogräuel“ in die Geschichte ein. Mit unglaublicher Brutalität, mit Ermordungen, Verstümmelungen, Vergewaltigungen, Sklaverei und Zwangsarbeit wurden die Völker des Kongo gezwungen auf den Plantagen den Kautschuksaft aus den Bäumen zu gewinnen. Der Rohstoffboom um Kautschuk führte zu einem profitablen Absatzmarkt. 1891 wurden aus dem Kongo 82 Tonnen Kautschuk exportiert, zehn Jahre später bereits 6 000 Tonnen pro Jahr.
Nach Ende des Kautschukbooms entwickelte sich der Bergbau zum Kern der Kolonialökonomie. Die Diamantförderung (zumeist Industriediamanten für die Kriegsproduktion) machte drei Viertel der weltweiten Produktion aus. Die Arbeitsbedingungen in den Bergwerken waren ähnlich der Sklaverei. 1895 fand in Kasai eine Rebellion statt, die vier Jahre andauerte. Zwischen 1880 und 1920 wurden zehn Millionen Menschen im Kongo, also die Hälfte der EinwohnerInnen, aufgrund von Zwangsarbeit und Sklaverei hingemordet.
Die deutschen Kolonien in Ostafrika (heute Ruanda, Burundi und Tansania) und Westafrika (heute Togo, Kamerun und Namibia) grenzten auf allen Seiten an Länder anderer imperialistischer Mächte, an französische, portugiesische, britische und belgische. Belgisch-Kongo (heute die DR Kongo) hatte eine lange Grenze zu Kamerun und Deutsch-Ostafrika. So hatte der deutsche Imperialismus ein starkes Interesse am Kongo, um eine Brücke zu seinen Kolonien zu schlagen. Auch das war einer der Gründe für den deutschen Imperialismus den 1. Weltkrieg anzuzetteln. Er wollte ein größeres Stück vom kolonialen Kuchen haben, das seiner gewachsenen ökonomischen und politischen Macht „entsprach“.
Aber der 1. Weltkrieg endete mit der Niederlage Deutschlands. Ruanda und Burundi mussten an Belgien abgetreten werden.
Unmittelbar nach dem Krieg kam es aufgrund der brutalen Ausbeutung und Zwangsarbeit in den Minen – die imperialistische Welt brauchte Zinn, Gold, Kupfer, Diamanten – zu erneuten Aufständen: 1919 am Leopoldsee, 1920 in der Ostprovinz Iturri, 1921 in der Provinz Équateur. Sie wurden allesamt grausamst niedergeschlagen.
Auch im 2. Weltkrieg kam es in der Kolonialfrage zwischen den Westmächten zu massiven Widersprüchen. Die USA ging als stärkste Macht hervor und kämpfte mit Großbritannien um eine Neuaufteilung der Einflusszonen in Afrika, denn Frankreich und Belgien waren deutlich geschwächt. Im September 1942 landeten US-amerikanische Truppen in Belgisch-Kongo und übernahmen die Kontrolle über die Uran-Radium-Vorkommen in Katanga. Im gleichen Jahr wurde ein Abkommen zwischen den USA, Großbritannien und Belgien getroffen, das den USA drei Viertel des Uranerzes zusicherte.
Die koloniale Wirtschaft im Kongo lief auf Hochtouren: Die Zahl der ArbeiterInnen stieg von einer halben Million auf 800 000 im Jahr 1939 und bis auf eine Million im Jahr 1945. Der Kongo wurde nach Südafrika das am stärksten industrialisierte Land in der Subsahara. Doch die brummende Industrie brachte keinen Wohlstand für die Werktätigen, die Preise stiegen und die Inflation nahm dramatische Züge an. Die Zahl der Tage, an denen für die Kriegsproduktion gearbeitet werden musste, verdoppelte sich von 60 auf 120 Tage. Die Bevölkerung ließ nicht einfach alles über sich ergehen: es gab Revolten gegen die Kautschuksklaverei, 1931 gab es einen Aufstand im Westkongo gegen die Betreiber der Palmölwirtschaft, 1941 Streiks in den Minen Katangas und Aufstände in Kasai und Matadi (1944-1945). 1
Allerdings blieben die Aufstände regional begrenzt und die Völker kämpften mit einfachen Waffen gegen eine hochgerüstete Kolonialverwaltung.
Die weltweiten antikolonialen Aufstände und die Unabhängigkeit Ghanas 1957 unter dem Nationalrevolutionär Nkrumah waren Ansporn für einen Zusammenschluss der Unabhängigkeitsbewegungen.
Patrice Lumumba und dem Mouvement National Congolais (MNC, Nationale Kongolesische Bewegung), der antiimperialistischen Befreiungsbewegung im Kongo, gelang es, sich in sämtlichen Landesteilen zu verankern. 1960 wurde der Kongo nach heftigen Kämpfen endlich unabhängig.
Aber Lumumba, der revolutionäre Befreiungskämpfer, der erste Premierminister, wurde mit Unterstützung Belgiens und der USA ermordet. Im ganzen Land kam es nach dem Mord an Lumumba zum Aufruhr.
Im Januar 1964 starteten die AnhängerInnen von Lumumba unter Pierre Mulele einen Befreiungskrieg in Kwilu, im Mai begann die Simba-Rebellion im Osten, die Schlacht um Goma entbrannte im Juli 1964. In der goldreichen Provinz Maniema wurde ein Streik der Bergarbeiter von den Volksmassen mit Waffen unterstützt. Im Westen dehnte sich die Revolte aus. Im Osten wurde die Volksrepublik Kongo mit Stanleyville (heute Kisangani) als Hauptstadt ausgerufen. Die Volksrepublik Kongo wurde mit Hilfe belgischer, britischer und US-amerikanischer Truppen niedergemetzelt und die Hoffnung auf eine unabhängige Republik Kongo im Blut erstickt.
1965 putschte Joseph Mobutu – eine Marionette des US- und französischen Imperialismus – und installierte eine brutale faschistische Diktatur und hielt sich 32 Jahre an der Macht. 1971 nannte er das Land in Zaïre um. Die Wirtschaft boomte in den ersten Jahren seiner Herrschaft. Kupfer aus Zaïre war ein gefragter Rohstoff und auf dem Weltmarkt teuer.
Doch 1973, mit der Ölkrise, fielen die Rohstoffpreise. Es folgte eine Verschuldungskrise, die Infrastruktur zerfiel immer mehr, die Wirtschaft brach völlig zusammen. Es herrschte Hyperinflation (1994: 7400 Prozent). Zaïre wurde zur Neokolonie des IWF. 1993 kam es zu Aufständen bei denen über 1 000 Menschen starben. 1994 unterstützte die Mobutu-Clique – mit Hilfe Frankreichs – den Völkermord an den Tutsi in Ruanda.
Auch Deutschland unterhielt gute Kontakte zu Mobutus Kompradorenclique. Zum Beispiel erhielt die deutsche Raketentestgesellschaft OTRAG 1976 die uneingeschränkte Nutzung und die komplette Kontrolle eines Gebietes in Katanga überschrieben, das so groß wie die ehemalige DDR war. Mit 440 Millionen US-Dollar war das die größte Privatinvestition in ganz Afrika. 2 Die USA unterstützten unterdessen Truppen aus Uganda und Ruanda, um das Mobutu-Marionettenregime zu stürzen und ein ihnen genehmeres Regime zu installieren. Auch der spätere Präsident Desiré-Laurent Kabila wurde in diesem Rahmen von den USA unterstützt. Die Banyamulenge, eine aus Ruanda stammende Volksgruppe der Tutsi, die sich im Kongo niedergelassen hatte, schlossen sich ebenfalls dem bewaffneten Kampf gegen Mobutu an. Das Regime hatte ihnen die Staatsangehörigkeit und damit das Wahlrecht entzogen, sie wurden ihrer Landrechte und dadurch ihrer ökonomischen Lebensgrundlagen beraubt.
1. Kongokrieg 1996 – Mai 1997
Im Herbst 1996 begann der sogenannte Befreiungskrieg (1. Kongo Krieg) gegen Mobutu. Geführt wurde er von Kabila mit Unterstützung der kongolesischen Banyamulenge, Soldaten aus Ruanda und Angola. Kabila übernahm kurz vorher die Führung des Bündnisses „Alliance des Forces Démocratiques pour la Libération du Congo“ (AFDL: Allianz der demokratische Kräfte zur Befreiung des Kongo) und wurde dabei von den USA, Uganda und Ruanda unterstützt. Mobutu wurde von Söldnern, die Frankreich entsandt hatte, unterstützt, um seinen Sturz zu verhindern, sowie von der angolanischen UNITA 3 die bisher den Kongo als Rückzugsgebiet genutzt hatte und auch von Teilen der Ex-FAR/Interahamwe Armeen (Mitglieder der ehemaligen Hutu-Armee Ruandas – Forces Armées Rwandaises und Interahamwe).
Mobutu wurde gestürzt und Kabila, der in den 1960er-Jahren ein Lumumbist war, kam 1997 an die Macht und benannte das Land in Demokratische Republik Kongo um. In der ersten Zeit besetzte Kabila wichtige Posten in der neuen Regierung mit staatlichen Vertretern aus Ruanda und Uganda z.B. wurde der ehemalige ruandische Geheimdienstchef James Kabarebe neuer Generalstabschef des Landes und Kabila gewährte ihnen Truppenpräsenz im Osten des Landes. (Zur Geschichte des Völkermordes in Ruanda und die Rolle der DR Kongo siehe Artikel S. 28.)3
2. Kongokrieg – 1998 bis 2003
Kabila, entwickelte sich rasch zu einem nicht vollständig kontrollierbaren Staatschef. Er versuchte die imperialistischen Mächte im Kongo gegeneinander auszuspielen und für seine Kompradorenschicht die größt möglichen Vorteile daraus zu ziehen. Im August 1998 annullierte er die Schürfverträge für Diamanten, Gold und Kupfer mit seinen ehemaligen Alliierten Ruanda und Uganda sowie die Forst-Konzessionen für Uganda. Er entließ die ruandischen Berater und warf die ruandischen Soldaten aus dem Land, die daraufhin gemeinsam mit ugandischen Truppen die Städte Goma und Bukavu im Osten und einige Städte im Westen besetzten.
Die Gründung der „Rassemblement Congolais pour la Démocratie“ (Kongolesischer Zusammenschluss für Demokratie – RCD) im Osten unter Führung von Ernest Wamba-dia-Wamba ist auf die Herrschenden in Ruanda und Uganda zurückzuführen. Im November desselben Jahres entstand im Norden des Kongos das „Mouvement pour la Libération du Congo“ (Bewegung für die Befreiung des Kongo – MLC), unter Führung von Jean-Pierre Bemba und finanziert von Uganda. Bemba ist ein reicher Sohn eines engen Vertrauten Mobutus. (Im Jahr 2000 wurde die MLC zu 40 Prozent von Uganda finanziert).
Kurz nach der Machtübernahme Kabilas brach im Osten bereits der 2. Kongokrieg aus. Ruanda, Uganda und Burundi ihrer Rohstoffe und Ausbeutungsrechte im Kongo beraubt, wollten Kabila unbedingt loswerden. Der Angriff wurde von der RCD, von Ex-Mobutu-Anhängern und Tutsi-Truppen ausgeführt. Die Tutsi, ehemals Verbündete Kabilas, wendeten sich nun gegen seine Clique.
Die Regierung Kabilas warb mit rassistischer Propaganda gegen die Gruppe der Tutsi innerhalb kürzester Zeit zehntausende Kämpfer als Selbstverteidigungsmilizen an, die in der maroden kongolesischen Armee aufgingen.
Nur durch militärische Hilfe Angolas, Namibias, Simbabwes und Frankreichs konnte der Sieg der Anti-Kabila-Koalition verhindert werden. Frankreich schickte einige hundert Soldaten aus dem Tschad und der Zentralafrikanischen Republik. Auch Libyen versorgte Kabila mit Waffen. Auf Seiten Kabilas kämpften nun auch die Ex-FAR/Interahamwe, die die Seite gewechselt hatten, da in der RCD Tutsi kämpften, die von Ruanda Schützenhilfe bekamen. Im ersten Kongokrieg kämpften sie noch auf Seite Mobutus gegen Kabila. Auch der Sudan spielte seine Interessen aus: Uganda finanzierte die Sudanesische Volksbefreiungsarmee (SPLA) im Südsudan und führte Krieg gegen die Regierung Kabilas. Die sudanesischen Herrscher brauchten Kabilas Cliquen als Bollwerk gegen Uganda.
Der mörderische Krieg dauerte vier Jahre und forderte mehr als vier Millionen Opfer. Der Westen des Kongo war unter Kontrolle Kabilas, der Osten unter Kontrolle der RCD. 4
1999 wurde in Lusaka (Sambia) ein Friedensabkommen geschlossen, welches die „Wiederherstellung des Friedens und der Sicherheit im Kongo“ und die „Bekräftigung der Unverletzlichkeit der nationalen Grenzen der Demokratischen Republik Kongo“ vorsah. Kabila stellte sich nach diesem Abkommen gegen eine Einmischung der USA über Ruanda und die Stationierung der UNO-Truppen (MONUC), was international von antiimperialistischen Organisationen und revisionistischen Strömungen als antiimperialistische Tat gepriesen wurde. In Wahrheit spielen hier tatsächlich aber EU-Interessen (allen voran französische) gegen US-amerikanische Interessen eine ausschlaggebende Rolle.
Krieg im Krieg
Kämpfe zwischen ugandischen und ruandischen Truppen sowie zwischen rivalisierende Flügel innerhalb der RCD, führten zu einer weiteren Verschärfung. Im Osten spaltete sich die RCD noch während des Krieges, im Frühjahr 1999. Die RCD-Goma stand auf der Seite von Ruanda, die RCD-ML (Mouvement pour la Libération – Bewegung für die Befreiung) auf Seiten Ugandas. Die ugandische Einflusszone befand sich in der Stadt Bunia, im Norden in der Nähe der ugandischen Grenze, die ruandische im Süden, um Goma, Kivu und Katanga. Uganda und Ruanda führten in Kisangani, in der Provinz Orientale, ebenfalls gegeneinander Krieg. Uganda hatte versucht den Coltan-Handel zu kontrollieren. Im Januar 2001 fusionierte die RCD-ML mit der MLC und nennt sich seitdem Front pour la Libération du Congo (Front für die Befreiung des Kongo – FLC).
Brüchiger Frieden
Am 16. Januar 2001 wurde Kabila ermordet. Bisher ist unklar wer die Drahtzieher sind. Zu Beginn hatten die USA bewusst auf Kabila gesetzt, doch dieser nutzte die Widersprüche zwischen den imperialistischen Mächten aus, die im Kongo um Einfluss rangen, spielte sie gegeneinander aus und verfolgte seine eigenen und die Interessen seiner Macht-Clique.
Daraufhin hatten die USA ein starkes Interesse daran, Kabila loszuwerden. Als es darum ging, Mobutu abzusetzen, wurde Kabila noch von den US-Imperialisten unterstützt. Als er sich aber von den USA abwendete und sich auch gegen die UN-Truppen stellte, musste ein neuer, gefügiger Präsident her: Joseph Kabila, sein Sohn, wurde installiert. Er leitete sogleich wirtschaftspolitische Maßnahmen ein: die Liberalisierung des Waren- und Dienstleistungsverkehrs, des Diamantenhandels und der Wechselkurse, freier Devisenverkehr und freier Umlauf des kongolesischen Franc.
Die Folge davon war eine enorme Preissteigerung, während die Löhne unverändert blieben. All dies geschah in engster Zusammenarbeit, mit dem IWF und der Weltbank, bzw. unter ihrem Diktat. J. Kabila wurde so zum neuenLiebling der Imperialisten. Es folgten zahlreiche Verhandlungsrunden unter der Schirmherrschaft der Imperialisten und unzählige neue Abkommen: Das Abkommen von Dezember 2002, das unter massivem Druck des damaligen südafrikanischen Präsidenten Mbeki zustande kam, installierte im Kongo eine 1+4 Präsidentschaft: mit Kabila als Staatschef und vier Vizepräsidenten, gestellt von RCD, MLC, anderen Oppositionellen und Kabila-Getreuen. Innerhalb von zwei Jahren sollten Wahlen durchgeführt werden.
Im Sommer davor war in Südafrika ein brüchiger Friedensvertrag zwischen der DR Kongo und Ruanda abgeschlossen worden, in dem Ruanda sich verpflichtete, seine Truppen aus dem Kongo abzuziehen. Kurze Zeit später wurde in Angola ein Abkommen mit Uganda unterzeichnet, das den Abzug der ugandischen Truppen aus der DR Kongo vorsah. Diese blieben aber noch in Bunia stationiert, was Ruanda dazu veranlasste, seine Truppen ebenfalls wieder in den Kongo zu entsenden. In den Kivu-Provinzen im Osten blieben auch lokale Milizen zurück. Hierzu gehörten Hutu aus der Forces Démocratiques de Libération du Rwanda (FDLR), verschiedene Gruppierungen der Maï-Maï. Die Banyamulenge gründeten auf Ruandas Geheiß den „Nationalkongress zur Verteidigung des Volkes“ (CNDP) unter Laurent Nkunda.
Frieden brachten diese ganzen Abkommen nicht: Der Osten wurde zum Schmelztiegel von Aufständen, Angriffen, Kämpfen und der Wahltermin wurde immer weiter verschoben. 2006 wurden dann die teuersten Wahlen im Kongo abgehalten, die es je auf dem afrikanischen Kontinent gegeben hat. 450 Mio. US-Dollar kostete der Sieg Joseph Kabilas, den er mit Unterstützung der UN-Mission MONUC und der europäischen Truppen gegen Jean-Pierre Bemba von der MLC gewann. 5
Kabila II. galt als der Mann der westlichen Mächte und Diener seiner Kompradorenclique: Nach den Wahlen erhöhten die Parlamentarier ihre Diäten von 4 500 auf 6 000 Dollar monatlich.
3. Kongokrieg 2006-2009
Dieser kündigte sich noch vor den Wahlen an: Seit Januar 2006 kämpften im Norden Katangas Regierungstruppen gegen Maï-Maï Milizen, weit über 100 000 Menschen waren auf der Flucht. Hutu Milizen der FDLR eroberten in Süd-Kivu weite Gebiete, parallel dazu startete die MRC (Mouvement Révolutionnaire Congolais – Revolutionäre kongolesische Bewegung) einen Angriff in Ituri. In der westlichen Provinz Bas-Congo töteten Armee und Polizei Ende Januar 2006 über 100 Aufständische bei einer Demonstration, in Kinshasa starben Ende März über 200 Menschen bei Kämpfen.
Ende November 2006 kam es dann zum Dritten Kongokrieg, der zwar regional auf den Osten begrenzt blieb, aber Auswirkungen auf das ganze Land hatte. Die CNDP (Nationalkongress zur Verteidigung des Volkes) eroberte innerhalb kürzester Zeit wichtige Städte im Osten. Nord-Kivu wurde das Zentrum des bewaffneten Widerstands gegen die Regierung. Ende April 2007 startete die Regierungsarmee eine Offensive gegen die FDLR. 180 000 Menschen flohen vor dem neuen Krieg. Weitere lokale Milizen formierten sich. Maï-Maï Milizen verbündeten sich mit der FDLR. Riesige Flüchtlingslager entstanden. Die Regierung entsandte 20 000 Soldaten in das Gebiet, unter anderem Hutu-Milizen aus Ruanda.
Im Januar 2007 und im Januar 2008 wurde ein Waffenstillstand ausgehandelt, der aber jeweils nur wenige Monate lang anhielt. 2009 rief die CNDP einen Waffenstillstand aus, offiziell war damit der Dritte Kongokrieg beendet.
Aber unterschiedliche Interessen und Einflussnahmen von imperialistischen Mächten, auch von den angrenzenden Ländern der DR Kongo, führen dazu, dass in ganz Kongo neue Konflikte entstanden.
2011 wurde Kabila mit 48,95 Prozent wiedergewählt. Er kündigte eine Militärreform der Armee an, die auf eine Schwächung des Einflusses der ehemaligen CNDP abzielte, die mittlerweile in die Armee integriert waren.
Im April 2012 gründete sich aus ehemaligen Mitgliedern der CNDP das „Mouvement du 23 Mars” (Bewegung des 23. März – M23). Ende Juli 2012 veröffentlichte ein UN-Gremium die Beteiligung Ruandas am Aufbau der M23. Mitte November 2012 startete die M23 eine Offensive und es gelang ihr, Goma einzunehmen, das sie ein Monat später aber wieder räumten. Im November 2013 erklärte die M23 einen Waffenstillstand. 6 Ende März 2013 marschierte die Miliz Kata Katanga in Lubumbashi ein und forderte die Unabhängigkeit Katangas.
40 bewaffnete Milizen sollen laut Regierung in den beiden Kivu Provinzen aktiv sein, darunter auch Teile der regulären Armee. Brutale Übergriffe und Vergewaltigungen sind an der Tagesordnung. 7
Interessen
Die Gründe für diese Kriege liegen nicht in der Armut, sondern im natürlichen Reichtum des Landes, mit geschätzten Bodenschätzen im Wert von 27 Billionen US-Dollar. 70 Prozent aller Coltanreserven, 30 Prozent aller Diamanten und 10 Prozent der Kupfervorkommen dieser Welt befinden sich im Kongo. Zudem befinden sich hier auch Kobalt, Gold, Uran und Zink, sowie Tropenholz und aus dem Kongofluss könnte man ganz Afrika mit Energie versorgen. 8
Um die Kriegskosten zu decken, vergab die Regierung Kabilas (des alten und des neuen) Handels-Konzessionen zu Schleuderpreisen: Ölförderlizenzen gingen an Angola, Diamanten- und Kobaltminen an Simbabwe, Abbaurechte für Diamanten an Namibia. Unterschiedliche Armeen (Regierungssoldaten, Rebellen, Milizen und MONUSCO) sind aktiv im Handel mit Holz, Kaffee, Diamanten, Gold und Coltan. 9
Uganda beutet die gold- und waldreiche Provinz Ituri aus. 1999 und 2000 hatte der Goldexport Ugandas einen Wert von 90 Millionen Dollar/Jahr. Das ist viel, wenn man bedenkt, dass Uganda selbst kaum Goldvorkommen aufweist. Vor dem 2. Kongokrieg exportierte Uganda Diamanten im Wert von weniger als 200 000 Dollar, 1999 hatte sich der Export fast verzehnfacht. Das erklärt auch, warum das Gebiet um Kisangani so strategisch wichtig ist für Uganda. 10
Ruanda unterstützte und unterstützt diverse Gruppen im Kongo zum Schutz der Tutsi (zuerst Kabila gegen Mobutu, dann die RCD-Goma gegen Kabila, dann die CNDP unter Nkunda und schließlich die M23). Mittlerweilewird der Schutz der Tutsi nur noch als Vorwand genommen, um das Gebiet hemmungslos auszubeuten. Ruanda macht Milliarden-Geschäfte durch die Ausplünderung des Ostens im Kongo: 1999 exportierte es Gold im Wert von 29 Millionen Dollar und besitzt so gut wie keine Goldminen im eigenen Land. Diamanten wurden im Wert von 40 Millionen Dollar pro Jahr exportiert, ebenfalls ohne nennenswerte Vorkommen im eigenen Land. Ruanda produzierte zwischen 1998 und 2004 ca. 2 200 Tonnen Zinnerz, exportierte jedoch mehr als dreimal so viel.
Im Jahr 2000 kam es zu einem Coltanrausch aufgrund steigender Nachfrage. Sämtliche Coltanminen im Kongo standen unter Kontrolle Ruandas. 11 Allein die Coltanmine in Rubaya, im Westen Gomas, erzielt Einnahmen in Höhe von 3,5 Mio. US-Dollar/Monat. Das Erz wird über die M23 nach Ruanda geschafft. 12
Die US-Firma Phelps-Dodge zahlte an Kabila Junior offiziell 15 Mio. Dollar für 85 Prozent der Schürfrechte im Kupfer-Kobalt-Gebiet, das über Reserven im Wert von 90 Mrd. Dollar verfügt. 13
Der US-Dollar ist de facto das maßgebliche Zahlungsmittel in der DR Kongo. Alle wichtigen Geschäfte, bis hin zum Einkauf im Supermarkt, werden mit Dollars getätigt.
2009 deckten VertreterInnen der Menschenrechtsorganisation Asadho (Afrikanischer Verband zur Verteidigung der Menschenrechte) auf, dass Kabila dem französischen Nuklearkonzern Areva ein ganzes uranhaltiges Gebiet in Katanga zusicherte. 14
Die französische Firma Elf hat sich die Rechte an der Ölküste gesichert. 15 2012 wurde im Virunga-Nationalpark Erdöl entdeckt. Der britische Ölkonzern Soco hat bereits mit dem Schürfen (heute heißt das Prospektion) begonnen. 16
Reichtum sprudelt für Imperialisten und Kompradoren – die Völker darben
Unter der neokolonialen Herrschaft des Imperialismus im Kongo hat der ungeheure, einzigartige Reichtum an Bodenschätzen und Rohstoffvorkommen seinen Völkern nur brutales Elend, bittere Armut und Massenmorde gebracht.
Auf dem Welthungerindex belegt die DR Kongo den traurigen Spitzenplatz. Fast drei Viertel der 72,5 Mio. EinwohnerInnen sind unterernährt. 17 Im weltweiten HDI-Ranking (Index der menschlichen Entwicklung, 2014) der UN liegt die DR Kongo auf dem vorletzten, dem 186 Platz. 74,4 Prozent der Bevölkerung ist „multidimensionaler Armut“ ausgesetzt. 87,7 Prozent verfügen über weniger als 1,25 US-Dollar am Tag. Sie leben unterhalb der Armutsgrenze. 18 Die Sterblichkeitsrate mit monatlich 2,1 Todesfällen pro 1 000 EinwohnerInnen liegt um 40 Prozent über dem Durchschnitt in der gesamten Subsahara. 19 2,7 Mio. Menschen befinden sich im Kongo auf der Flucht. 20 Nur sechs Prozent der KongolesInnen verfügen überhaupt über Strom. 21
Zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit lebten 13 Millionen EinwohnerInnen in der DR Kongo. Heute sind es 72,5 Millionen und die Volkswirtschaft liegt komplett am Boden. 22
36,2 Prozent der Männer und nur 10,7 Prozent der Frauen verfügen über einen Schulabschluss. 76 Prozent der Mädchen und Frauen sind Opfer häuslicher Gewalt. Im Rahmen der Kriege sind sexuelle Übergriffe Teil der Kriegsführung. Über 200 000 Mädchen und Frauen wurden nach Schätzungen der UN in den vergangenen zehn Jahren vergewaltigt. Und das sind nur die offiziellen Angaben! 23
Wirtschaft in Zahlen
Das Bruttoinlandsprodukt betrug nach Schätzung des IWF für 2013 rund 30,6 Mrd US-Dollar. Damit steht die DR Kongo in der Weltrangliste beim BIP auf Platz 95. Nach Angola hat die DR Kongo die zweithöchste Auslandsverschuldung mit 6,87 Mrd. US-Dollar für 2013 24 in der Subsahara.
Für Kongo wird für 2014 zwar ein Wirtschaftswachstum von 6,4 Prozent 25 angenommen, 2013 lag es bei 8,5 Prozent, aber die hohe Inflationsrate von 7,1 Prozent im Jahr 2013, laut wko.at, macht die Waren für die werktätige Bevölkerung unerschwinglich.
Industrieprodukte kommen hauptsächlich aus dem Bergbau (Diamanten, Zement), aus der chemischen Industrie und aus der Konsumgüterproduktion (Textilien, Schuhe, Zigaretten, Lebensmittel, Getränke).
Agrarprodukte sind Kaffee, Zucker, Palmöl, Kautschuk, Tee, Chinin, Maniok, Bananen und Edelhölzer. 26
Im Jahr 2013 betrug der Export der DR Kongo 9,93 Mrd und der Import 8,92 Mrd. US-Dollar. 27
Das erscheint auf den ersten Blick als eine ausgeglichene Handelsbilanz, sagt aber über die wirklichen Verhältnisse in der Ökonomie nicht viel aus. Die Exporte bestehen fast ausschließlich aus Mineralien (Diamanten, Kupfer, Kobalt, Öl), die bei den Staatsunternehmen zentralisiert, aber im informellen Sektor (Schattenwirtschaft) weitaus höher sind, da der Export vieler Mineralien über bewaffnete Milizen abgewickelt wird, was zu einem reellen Handelsbilanzdefizit führt.28
Imperialistische Ausplünderung
An der DR Kongo haben fast alle benachbarten Länder und alle Imperialisten starkes Interesse:
Über die Hälfte aller Exporte (54,3 Prozent) gingen 2012 nach China. 22,6 Prozent nach Sambia und 5,7 Prozent an die alte Kolonialmacht Belgien. 28
Aus Südafrika wurden die meisten Waren importiert (22,3 Prozent), gefolgt von China mit 15,3 Prozent, Belgien mit 8 Prozent, Sambia mit 6,9 Prozent, Simbabwe mit 5,6 Prozent, Frankreich mit 4,9 Prozent und Kenia mit 4,7 Prozent (Zahlen für 2012). 29
Ausländische Investitionen in Großprojekte:
Inga-3-Damm: 80 Mrd. US-Dollar.
Kibali Gold Project: 920 Mio. US-Dollar in Phase 1 und 650 Mio. US-Dollar in Phase 2.
Katende Hydroelectric Project: 280 Mio. US-Dollar. 30
China
Seit 2005 sichert sich vor allem China beträchtliche Rohstoffmengen, indem es Kredite für Infrastrukturprojekte vergibt. 2007 schnürten chinesische Unternehmen ein Investitionspaket von knapp neun Mrd. US-Dollar. 31 Dafür wurde ein Joint Venture geschlossen, an dem China mit 68 Prozent beteiligt war. Dieses ermöglichte China in Katanga 10 Mio. Tonnen Kupfer und 600 000 Tonnen Kobalt zu fördern. Das Abkommen enthielt eine Garantieklausel, die besagt, sollten nicht genug Rohstoffe ausgebeutet werden, müsse der Kongo seine Schuld anders abgleichen.
Sofort nach dem Abkommen schrie der Westen: „Neokolonialismus”. Das entspricht zwar den Tatsachen, aber sie selbst wollten nur ihren eigenen Neokolonialismus weiter aufrechterhalten. IWF und Weltbank waren beunruhigt wegen der Garantieklausel. Dadurch lief der Kongo Gefahr noch mehr Schulden anzuhäufen. Anfang 2010 hatte der Kongo einen Schuldenberg von 13 Mrd. Dollar, die Rückzahlungen verschlangen pro Jahr ein Viertel der Staatseinnahmen. Die USA und EU, als wichtigste Geldgeber des IWF, erklärten sich daraufhin bereit, neun Mrd. Dollar Schulden zu erlassen, wenn der Vertrag mit China einer Revision unterzogen werde. Daraufhin wurde die Garantieklausel aufgehoben und China reduzierte seine Investitionen auf 6 Mrd. Dollar. Prompt machte der IWF daraufhin noch einmal Geld locker.
Deutschland
Deutschland hat seit dem 1. Weltkrieg ein starkes Interesse an der DR Kongo gezeigt. In Subsahara-Afrika zählt die DR Kongo zu den zehn größten Absatzmärkten für deutsche Unternehmen. Die deutschen Ausfuhren in die DR Kongo haben 2012 einen Wert von etwa 115 Mio. Euro erreicht, was eine Steigerung von 21,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr ausmachte. Die deutsche Einfuhr ist um 39,3 Prozent gesunken. 194 MitarbeiterInnen der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) sind im Kongo tätig, im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Einige Vorhaben werden zusammen mit der KfW Entwicklungsbank (Kreditanstalt für Wiederaufbau) durchgeführt. Zum Beispiel ist die KfW als einer der Investoren mit 20 Mio. Euro beim Grande Inga-Kraftwerk, 32 einem neuen Umspannwerk beteiligt, ebenso wie an Infrastrukturprojekten in 15 Städten in der DR Kongo mit bislang 50 Mio. Euro. Das deutsche Beratungsunternehmen Evagor GmbH hat mit der kongolesischen Gécamines 33eine Absichtserklärung für den Bau eines Kohlekraftwerkes in Katanga unterzeichnet. 34
Auch bei der Coltan-Ausbeute war und ist Deutschland an vorderster Stelle dabei: Die deutsche Handelsfirma Masingiro war im Jahr 2000 der größte Exporteur von Coltan aus Ostkongo und das deutsche Unternehmen H.C. Starck, eine Bayer-Tochter, Weltmarktführer bei der Coltan-Verarbeitung und nach UN Angaben überhaupt einer der Hauptabnehmer kongolesischen Coltans. 35
Südafrika
Die Bergbaugroßmacht Südafrika hat sich in Katanga breit gemacht. Südafrikanische Handelsketten, wie Shoprite und Pick‘n Pay haben Läden in Kinshasa eröffnet. Diese Ketten kommen mit viel Kapital ins Land und bauen gleich ganze Einkaufszentren. 36
Mobilfunk, Nahrungsmittelindustrie und die Energiegewinnung gehören heute zu den hart umkämpften, aber lukrativen Investitionsprojekten, z.B. der o.g. Grand Inga Staudamm:
Um die Ausführung des Projekts haben sich Interessenten aus China, Spanien, Korea und Kanada beworben. Südafrika, als aufstrebende Macht, ist mit seinem Stromkonzern ESKOM federführend. Insgesamt soll der Bau rund 80 Mrd. US-Dollar verschlingen (von den folgenden Klimakatastrophen und der notwendigen Umsiedlung der Menschen ganz zu schweigen). Südafrika will dabei die Vormachtstellung von ESKOM, als größter Stromerzeuger Afrikas und siebtgrößter der Welt ausbauen. 37
Fazit
Die Propaganda der westlichen Imperialisten, auch der BRD gegen die Völker in Zentralafrika verläuft in alter rassistischer Kolonialmentalität: „Hutu gegen Tutsi“, „Stämme gegen Stämme“, „Muslime gegen Christen“, und so weiter und so fort. Die Ursachen der immer wieder aufflammenden Kriege, Konflikte und Interventionen in Zentralafrika und insbesondere in der DR Kongo liegen im Kern nicht in Stammes-, nationalen- und religiösen Konflikten. Die Medienpropaganda in den Metropolen produziert immer wieder Klischees, Verzerrungen und Lügen über die tatsächlichen Interessenkonflikte, Klassenkämpfe, imperialistischen Interventionen und Kriege.
Die Werktätigen in der BRD sollen rassistisch gegen die afrikanischen Völker aufgehetzt und für neue Eroberungsfeldzüge und Militäreinsätze „im Namen der Menschlichkeit“ politisch mobilisiert werden.
Die Herrschercliquen in den zentralafrikanischen Ländern werden von unterschiedlichen Imperialisten unterstützt, benutzt und gegeneinander ausgespielt. Gleichzeitig wollen diese sich meistbietend verkaufen und ihre Anteile an der Ausbeutung und den Gewinnen stetig steigern. Um ihre gemeinsamen Interessen durchzusetzen, führen der Imperialismus und die herrschenden Klassen dieser Länder Kriege gegen die Völker. Die Widersprüche innerhalb der EU und mit den USA, die Widersprüche zwischen den westlichen Imperialisten und den BRICS Staaten, die internationale imperialistische Konkurrenz haben zugenommen. Alle wollen ihre Einflusszonen erweitern. Das betreiben sie durch militärische Intervention, durch gigantische Investitionen, durch Ausplünderung der Arbeitskraft, durch Aufkauf riesiger Ländereien, durch Vertreibungen und durch die Installation immer neuer Marionettenregierungen, Diktatoren und Kompradoren.
Was können wir tun?
Wir müssen ‚unseren eigenen‘ Imperialismus, den deutschen Imperialismus, bekämpfen. Erst mit dem Sturz des Imperialismus werden die Kriege, Völkermorde, brutale Unterdrückung und Ausbeutung in Afrika beendet werden! Wir müssen mit aller Entschiedenheit gegen jede EU-Intervention in Zentralafrika und überall auftreten.
Solidarisieren wir uns mit den Völkern in Zentralafrika. Die Zukunft liegt in ihren Händen!

Lumumba – Vorbild aller unterdrückten Völker
Der Revolutionär Lumumba war Mitinitiator der 1958 gegründeten nationalen kongolesischen Bewegung. Bei den ersten Parlamentswahlen 1960 im Kongo wurde der MNC mit 33 von 137 Sitzen die stärkste Partei. 38
Während der Feier zur Unabhängigkeit im Juni 1960 hielt der belgischen König Baudouin I. eine Rede und lobte die Errungenschaften und zivilisatorischen Verdienste der Kolonialherrschaft. Lumumba verurteilte öffentlich die Kolonialherrschaft und die damit verbundene Unterdrückung, Missachtung und Ausbeutung:
„… erniedrigende Sklaverei, die uns mit Gewalt auferlegt wurde … Wir haben zermürbende Arbeit kennengelernt und mussten sie für einen Lohn erbringen, der es uns nicht gestattete, den Hunger zu vertreiben, uns zu kleiden oder in anständigen Verhältnissen zu wohnen oder unsere Kinder als geliebte Wesen großzuziehen. … Wir kennen Spott, Beleidigungen, Schläge, die morgens, mittags und nachts unablässig ausgeteilt wurden, weil wir Neger waren. …
Wir haben erlebt, wie unser Land im Namen von angeblich rechtmäßigen Gesetzen aufgeteilt wurde, die tatsächlich nur besagen, dass das Recht mit dem Stärkeren ist. … Wir werden die Massaker nicht vergessen, in denen so viele umgekommen sind, und ebenso wenig die Zellen, in die jene geworfen wurden, die sich einem Regime der Unterdrückung und Ausbeutung nicht unterwerfen wollten.“ 39
Die antikoloniale und antiimperialistische Politik Lumumbas lief den Interessen der Minenausbeuter und der im Kongo verbliebenen Weißen entgegen. Die Armee stand nach wie vor unter der Führung von belgischen Offizieren. Kurz nach der Unabhängigkeit erklärte sich die erzreiche Provinz Katanga unter Moïse Tschombé, einem Mann von Franco-Spanien und Vorstand der Union-Miniere (Minenunion), als unabhängig. Dabei wurde er von Belgien und Frankreich unterstützt. Kasai, eine der reichsten Provinzen, strebte ebenfalls nach einer Sezession.
Lumumba rief die Vereinten Nationen um Hilfe, die aber tatenlos zusahen. Daraufhin ersuchte Lumumba die revisionistische Sowjetunion um Beistand, die sich aber nur langsam bewegte. Die USA befürchteten, dass die ehemalige belgische Kolonie zum ersten Satelliten der Sowjetunion in Afrika würde und schickte die UN Mission ONUC. Die USA organisierten die Ermordung Lumumbas, was sie allerdings erst 50 Jahre später in ihrer diplomatischen Geschichte (Foreign Relations of the United States (FRUS), Volume XXII, Congo, 1960-1968) auch offiziell zugaben. Das war völlig überstürzt, da die Sowjetunion nicht wirklich daran dachte, Lumumba zu unterstützen. Das volksdemokratische China entlarvte die grundfalsche Politik der Sowjetunion gegenüber dem Kongo:
„Sehen wir uns weiterhin die Rolle an, die die Führer der KPdSU in der Kongofrage spielten. Nicht nur, daß sie dem kongolesischen Volk in seinem bewaffneten Kampf gegen den Kolonialismus keine aktive Hilfe zukommen ließen, sie waren sogar flugs bereit, mit den USA-Imperialisten ‚zusammenzuarbeiten’, um den Funken in Kongo auszutreten.
Am 13. Juli 1960 gab die Sowjetunion, zusammen mit den USA, einer Resolution des Sicherheitsrats der UNO ihre Stimme, wonach UNO-Truppen nach Kongo entsandt wurden. Das half den USA, unter der Flagge der Vereinten Nationen eine bewaffnete Intervention gegen Kongo durchzuführen. Die Sowjetunion stellte auch den Truppen der Vereinten Nationen Transportmittel zur Verfügung. In einem Telegramm an Kasavubu und Lumumba vom 15. Juli stellte Chruschtschow sogar fest: ‚Der Sicherheitsrat der UNO hat eine nützliche Arbeit geleistet.‘ Danach brachte die Sowjetpresse einen ganzen Lobesschwall für die Vereinten Nationen, die ‚der Regierung der Republik Kongo helfen, die Unabhängigkeit und Souveränität ihres Staates zu verteidigen.’ (Iswestija vom 21. Juli 1960). Weiter wurden von den Vereinten Nationen ‚entschlossene Maßnahmen’ (Komsomolskaja Prawda vom 30. Juli 1960) erwartet. Selbst in ihren Erklärungen vom 21. August und 10. September war die Sowjetregierung immer noch voll des Lobes für die Vereinten Nationen, die das kongolesische Volk unterdrückten.
Im Jahr 1961 wiederum überredeten die Führer der KPdSU Gizenga, am kongolesischen Parlament teilzunehmen, das unter dem ‚Schutz’ von Truppen der Vereinten Nationen einberufen worden war, und der Marionettenregierung beizutreten. Die Führung der KPdSU behauptete damals sogar fälschlich, die Einberufung des kongolesischen Parlaments sei ‚ein großes Ereignis im Leben der jungen Republik’ und ‚ein Sieg der nationalen Kräfte’ (Komsomolskaja Prawda vom 18. Juli 1961). Die Tatsachen zeigen deutlich, daß diese falsche Politik der ‚Führer’ der KPdSU dem USA-Imperialismus bei seiner Aggression gegen Kongo große Dienste leistete. Lumumba wurde ermordet, Gizenga ins Gefängnis geworfen, viele andere Patrioten wurden verfolgt, und Kongos Kampf um nationale Unabhängigkeit erlitt einen Rückschlag. Fühlt sich die Führerschaft der KPdSU für all diese Dinge überhaupt nicht verantwortlich?“ 40

Um die Geschichte von Befreiungskriegen, imperialistischen Stellvertreterkriegen und Ausbeutung in der DR Kongo zu verstehen, geben wir einen Überblick über die am meisten betroffenen Provinzen:
Kinshasa (Hauptstadtdistrikt): ca. 9,4 Mio. EinwohnerInnen, nach Lagos (Nigeria) die zweitgrößte Stadt Afrikas. 1920 hatte Kinshasa 1 600 EinwohnerInnen, 1967 war die Bevölkerung auf 901 520 und 2003 bereits auf 6 786 000 angewachsen.
Kwilu: Teil der heutigen Provinz Bandundu liegt im Westen der DR Kongo, grenzt im Süden an Angola, im Nordwesten an die Republik Kongo. Hier gab es unter dem belgischem Kolonialismus Zwangsarbeit bei der Baumwolle und Palmölproduktion. Kwilu war die Hochburg der lumumbistischen Guerillas. 41
Die Provinz Équateur liegt im Nordwesten des Landes und grenzt im Norden an die Zentralafrikanische Republik und im Westen an die Republik Kongo. Dieses Gebiet ist eine Hochburg des Einflusses von Mobutu und Bemba. 42
Katanga: Diese Provinz mit der Hauptstadt Lubumbashi liegt im Südosten des Landes, grenzt im Nordosten an die Provinzen Maniema und Süd-Kivu, im Süden an Sambia, im Westen an Angola und im Osten an den Tanganjikasee (Tansania). Im Süden der Südprovinz Katanga erstreckt sich der Copperbelt (Kupfergürtel) über ein Gebiet von 600 mal 50 km und enthält mit drei Mio. Tonnen ein Drittel der weltweiten Kobaltreserven und mit 30 Mio. Tonnen ein Zehntel der weltweiten Kupferreserven und zahlreiche seltene Erden sowie Uran. 43
Maniema: Die Provinz mit der Hauptstadt Kindu liegt im Osten des Landes und grenzt im Osten an die Provinzen Nord- und Süd-Kivu. In Maniema gibt es Wolfram-, Tantal- (in Form von „Coltan“), Zinn- und Goldvorkommen.
Der Osten des Landes mit den Provinzen Nord-Kivu (Hauptstadt Goma) und Süd-Kivu (Hauptstadt Bukavu): Nach dem Völkermord in Ruanda flohen laut UN-Flüchtlingshilfswerk rund 1,25 Mio. ruandische Menschen in den Osten Kongos (damals Zaïre), davon 10 000 Soldaten mit Waffen und Milizionäre. Geflohene Hutu (Ex-FAR/Interahamwe) wollten die Regierung der Tutsi in Ruanda stürzen, verbündeten sich zuerst mit Mobutu, später mit Kabila. In diesen Gebieten leben auch Banyamulenge, die vom Mobutu-Regime diskriminiert und von Ruanda unterstützt wurden und werden. Frankreich benutzte diese Region für seine „Operation Turqoise“. 44
Der Osten des Landes ist reich an Zinn und Coltanvorkommen.
In der Provinz Orientale liegt der Distrikt Ituri mit seiner Hauptstadt Bunia. Orientale liegt im Nordosten des Landes, an der Grenze zu Uganda und Südsudan. Hier gibt es reiche Diamantvorkommen, Goldminen und Erdöl. Der Handel wird von Uganda kontrolliert. 3 500 UN-Soldaten sind in Bunia stationiert.

Militärische Interventionen und Militarisierung in der DR Kongo
Die UN-Mission MONUC (Mission de l’Organisation des Nations Unies en République Démocratique du Congo – Mission der Vereinten Nationen für die Stabilisierung in der Demokratischen Republik Kongo) wurde am 30. November 1998 beschlossen. Seit Juli 2010 heißt sie MONUSCO. Mit 20 519 Soldaten aus 37 Ländern und Polizisten aus 26 Staaten ist die MONUSCO die umfangreichste und größte Militärmission der UN weltweit. Gestartet als eine Mission zur Waffenstillstandsbeobachtung, dann umgewandelt in eine „Friedens”truppe, wurde sie 2013 zu einer offensiven Interventionsbrigade (FIB) ausgebaut. Chef der Monusco ist seit Juni 2013 ein Deutscher, Martin Kobler. 45
Im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) sind in der DR Kongo stationiert:
– Opération Artemis unter französischer Führung, seit 2003 in Ituri im Nordosten.
– Die European Union Force (EUFOR RD Congo) seit 2006
Beide Truppen wurden ins Land geschickt, um Kabila zur Macht zu verhelfen bzw. zu halten.
– Die Operation EUPOL Kinshasa ist eine europäische Polizeimission. Sie wurde am 30. April 2005 zur Ausbildung der kongolesischen Polizei und zum Schutz von staatlichen Einrichtungen nach Kinshasa entsendet.
– Die Operation EUSEC DR Kongo seit Mai 2005. Sie umfasst Militärberater, die im Büro des Verteidigungsministeriums und im Generalstab tätig sind. Sie unterstützen die Regierung im Kongo im Vorgehen gegen Protestbewegungen.
Mit der Stationierung von EU-Truppen versuchen die europäischen Imperialisten ihre eigenen Ziele durchzusetzen: die neokoloniale Abhängigkeit des Kongos soll verstärkt werden und der Zugriff auf die immens reichen Bodenschätze des Kongos erleichtert werden. Das Einflussgebiet gegenüber dem US-Konkurrenten, und die Abgrenzung von der UNO und den UN-Truppen soll abgesteckt werden.Aber auch die anderen großen Konkurrenten der westlichen Imperialisten, die ihnen in Afrika immer stärker entgegentreten, sind in der MONUSCO präsent. Das Presseamt des Staatsrates der Volksrepublik China gibt am 17. April 2013 offiziell an, dass China in dieser „Mission“ mit einer 218 Mann umfassenden Kampftruppe engagiert ist, sowie mit 1 153 Militärbeobachtern und Stabsoffizieren. 46 Laut Angaben von Wikipedia ist Russland auch mit Soldaten am Einsatz beteiligt.

Hintergrund: Völkermord in Ruanda
Die historischen Hintergründe des Völkermordes in Ruanda werden wir hier nur kurz zum Verständnis für die Beziehungen zwischen der DR Kongo und Ruanda umreißen, und gehen auch nicht weiter auf die Rolle von UNO, NATO etc. ein.
Der Völkermord vom 7. April bis 4. Juli 1994 und der folgende erneute Ausbruch des Bürgerkriegs in Ruanda kostete über 1 Million Menschen das Leben. Von damals etwa 7 Millionen EinwohnerInnen gehörten 14 Prozent den Tutsi an. 75 Prozent der in Ruanda lebenden Tuti-Minderheit wurden umgebracht. Aber nicht nur Angehörige der Tutsi, sondern auch Zehntausende von oppositionellen Kräften des HutuVolkes, die sich gegen den Völkermord gestellt hatten, wurden hingemordet. Verübt wurde der Völkermord unter der Übergangsregierung der „Hutu-Power“.
Vorwand für den Völkermord
Offizieller Vorwand und Anlass der Hetzjagd zum Völkermord an den Tutsi war 1994 der gezielte Abschuss des Flugzeugs von Präsidenten Habyarimana (Hutu), der dabei umkam. Es ist bis heute noch ungeklärt, wer dafür verantwortlich ist. Viele Indizien verweisen auf die Hutu-Power.
Der Genozid war jedoch keine spontane Reaktion. Der Genozid war seit Jahren geplant, seit Jahren mit rassistischer Hetze vorbereitet und „angekündigt“.
Hutu-Tutsi und die „Rassen“theorie?
1885 war das heutige Ruanda ein von Tutsi regiertes Königreich. Hutu und Tutsi trennte nicht die Ethnie, sondern die soziale Stellung. Die Hutu waren Bauern, die Tutsi überwiegend die Lehnsherren. Dabei waren die Grenzen jedoch fließend. Die „Rassen“theorie wurde zuerst von den deutschen, später von den belgischen Kolonialherren entwickelt und verbreitet. Die Kolonialherren machten aus den Tutsi aufgrund ihrer Physiognomie, „schlanker, hochgewachsener Körperbau“ die „überlegene Herrscherrasse“ und fertigten spezielle Ausweise an. Menschen mit „bäuerlichem, beleibterem Körperbau“ wurden die Hutu zur „minderwertigen Rasse“ gemacht. Es wurde eine künstliche ethnische Trennung zwischen den Volksgruppen geschaffen, um eine Teile- und Herrsche-Politik zu zementieren. Die Tutsis wurden, obwohl in der Minderheit, zur herrschenden Elite.
Antikoloniale Widerstandsbewegungen richteten sich nicht nur gegen Belgien, sondern auch gegen die herrschenden Tutsi. Als die Tutsi-Elite sich in manchen Bereichen den Anordnungen der belgischen Kolonialisten widersetzten, begannen diese die Hutu zu unterstützen und in die Verwaltung einzubinden. Die Hutu lehnten sich gegen die Tutsi-Elite auf und 1959 wurden die Parmehutu (Partei der Bewegung zur Emanzipation der Hutu) sowie bewaffnete Formationen gegründet. Die Tutsi bildeten bewaffnete Söldnertruppen. 1959 wurden während eines Aufstandes der Parmehutu über 100 000 Tusi ermordet, 150 000 flohen in die Nachbarländer.
1962 wurde Ruanda unabhängig von Belgien und die Regierung wurde von den Hutu gestellt. 1973 wurde die Parmehutu verboten und aufgelöst. Zwischen 1975 und 1994 war die MRND (Nationale Republikanische Bewegung für Demokratie und Entwicklung) regierende Partei. Die Tutsi wurden weiterhin verfolgt. Es kam immer wieder zu Massakern, Vertreibungen und Fluchtbewegungen. Seit 1965 lebt ein Drittel der Tutsi aus Ruanda im Exil, in Uganda, Burundi, Tansania und DR Kongo, zum Teil auch Kenia.
Imperialistische Interessen
Französische Militärs waren in Ruanda seit den 1980er Jahren eingesetzt, schlossen Verträge über Waffenlieferungen ab und bildeten Spezialtruppen aus. Vorrangiges Ziel Frankreichs war es, die USA aus Ruanda und Burundi herauszuhalten. Anfang der 1980er Jahre ging auch die Regierung in Uganda gewaltsam gegen die Tutsi vor.
Die Rwandan Patriotic Front (Patriotische Front Ruandas – RPF) 47 unter Paul Kagame führte von Uganda aus einen Kampf gegen das ruandische Regime. 1990 startete sie eine Offensive, um militärisch die Rückkehr von Flüchtlingen zu erzwingen. Sie besetzte Teile des Nordens des Landes. Frankreich war aktiv in Ruanda engagiert und ging mit der Regierungsarmee gegen das Vordringen der RPF vor.
Die Regierung unter Habyarimana, der sich 1973 an die Macht geputscht hatte, konnte sich nur mit Unterstützung von zaïrischen, belgischen und französischen Truppen an der Macht halten. Die in Ruanda verbliebenen Tutsi wurden automatisch als Verbündete der RPF angesehen. Es wurden Straßensperren errichtet, Tutsi wurden schikaniert. Gleichzeitig wurden Hutu-Milizen gegründet wie der Interahamwe und der Impuzamugambi, die von Frankreich ausgebildet wurden. Die extrem-rassistisch-nationalistische Bewegung nannte sich „Hutu-Power“ und unterdrückte jede Opposition und wurde dabei von Frankreich massiv unterstützt.
Völkermordpolitik und der Westen
Bereits 1992 begannen systematische Massaker an den Tutsi. Von der UN vermittelte Verhandlungen führten zunächst zu einem Waffenstillstand im Juli 1992. Januar 1993 wurde der Friedensvertrag von Arusha (Tansania) vereinbart. Die UNO entsandte Blauhelmtruppen, die das Friedensabkommen überwachen sollten. Diesen Truppen wurde allerdings untersagt, geheime Waffenlager auszuheben, die sie gefunden hatten. Der im Vergleich zur Hutu-Power „moderate“ Regierungschef Habyarimana versuchte das Abkommen umzusetzen. Es kam aber zu einer politischen Blockade der Umsetzung der Vereinbarungen. Die extremen Hutu-Vertreter wollten keinerlei Kompromisse eingehen.
Im April 1994 reisten dann der burundische Präsident und der ruandische Präsident Habyarimanazu einem Gipfeltreffen nach Tansania. Habyarimanastimmte dort einem Abkommen zu, das eine Beteiligung der Tutsi an der Macht vorsah. Auf dem Rückweg wurde sein Flugzeug abgeschossen.
Die Hutu-Power ergriff sofort die Macht. Der Völkermord begann. Die Täter kamen aus der ruandische Armee, der Präsidentengarde, der Nationalpolizei und Verwaltung, sowie der Hutu-Milizen der Impuzamugambi, der Interahamwe und Regierung.
Bei Ausbruch der Gewalttaten wurden die UN-„Friedenstruppen“ der Mission Ruanda (UNAMIR) von 2500 auf 270 reduziert. Die verbliebenen UN– und französischen Truppen verhielten sich während des Völkermordes „unparteiisch“, d.h. völlig passiv und unternahmen nichts, um den Völkermord der Hutu-Regierung und ihrer Milizen gegen die Tusi und oppositionelle Hutu zu stoppen. Das lief unter der Rechtfertigung, sie müssten sich im Rahmen des Friedensvertrags verhalten.
Belgien hatte seine Truppen abgezogen, nachdem zuerst behauptet wurde, Belgien habe das Attentat verursacht und belgische Soldaten angegriffen wurden. Auch Deutschland hat seinen Teil zum Völkermord beigetragen: Waffen und Munition wurde im ganzen Land verteilt – mit 40 LKW‘s der Bundeswehr.
Frankreich beschuldigte gezielt die RPF für das Flugzeug-Attentat.
Erst als klar wurde, dass die Hutu-Power-Regierung den Krieg gegen die RPF verlieren würde, wurde überhaupt von einem Völkermord gesprochen.
Daraufhin entsandte Frankreich zusätzlich zu seinen vor Ort stationierten Truppen, mit Zustimmung der UN, eine Interventionstruppe unter dem Namen „Opération Turquoise“ nach Ruanda. Offiziell sollten sie dem Völkermord Einhalt gebieten, allerdings wütete der Völkermord genau in den Zonen weiter, in denen sich die Interventionstruppen befanden. Die Opération Turquoise half auch der Hutu-Miliz Interahamwe sich in die DR Kongo abzusetzen. Von dort aus führen sie ihre Angriffe gegen die Tutsi und RPF fort. Im Sommer 1994 flohen Hunderttausende Hutu in die Demokratische Republik Kongo, darunter viele Täter im Völkermord.
Nach dem Völkermord
Am 4. Juli 1994 nahm die RPF unter Führung von Kagame die Hauptstadt Kigali ein und setzte dem Massaker ein Ende. Heute ist sie Regierungspartei und enger Verbündeter der USA. Ruanda hatte bis 2009 sämtliche diplomatische Beziehungen zu Frankreich abgebrochen und danach teilweise normalisiert. Anfang März 2014 wurde ein früherer Geheimdienstoffizier wegen Unterstützung des Völkermordes in Frankreich zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt. Der ruandische Regierungschef Kagame hat weiterhin bekräftigt, dass Frankreich und Belgien eine Mitschuld am Völkermord tragen.
Die Antwort von Frankreich war die Absage der Teilnahme ihres Botschafters an den Gedenkfeiern zum 20. Jahrestag des Völkermordes in Ruanda. Daraufhin hat die ruandische Regierung faktisch die diplomatischen Beziehungen zu Frankreich abgebrochen und den Botschafter zur persona non grata erklärt.
Die Hauptursache für den Völkermord in Ruanda ist die Rivalität der Imperialisten in Afrika! Sie haben die koloniale Herrschaft durch die neokoloniale ersetzt, korrupte Eliten installiert, militärische Interventionen und Besetzungen zum Alltag gemacht, nur mit einem einzigen Ziel: dem jeweiligen Konkurrenten die Einflusssphären zur Ausbeutung der Ressourcen abzujagen.
Die Völker sind die Leidtragenden dieser Barbarei und nur mit wirklichen Revolutionen, die das Joch der imperialistischen Herrschaft abschüttelt, können sie sich befreien. Wir müssen dabei in den imperialistischen Metropolen, die Verbrechen „unserer“ Imperialisten, konkret des deutschen Imperialismus und EU-Imperialismus anprangern und bekämpfen, um in internationalistischer Solidarität den Kampf der unterdrückten Völker praktisch zu unterstützen.
1 Dominic Johnson, Kongo – Kriege, Korruption und die Kunst des Überlebens, S. 24ff, 2008, Brandes & Apsel, Frankfurt am Main – im Folgenden: Kongo – Kriege
2 Kongo – Kriege, S. 45
3 In Angola entwickelte sich aus einem berechtigten Befreiungskampf gegen den Imperialismus ein über zwanzig Jahre anhaltender Stellvertreterkrieg. In diesem Krieg unterstützten die revisionistische Sowjetunion und Kuba die MPLA (Volksbewegung für die Befreiung Angolas); die Westmächte (allen voran die USA, aber auch das südafrikanische Apartheid-Regime und Uganda) standen auf der Seite der UNITA (União para a Independência Total de Angola – Union für die völlige Unabhängigkeit Angolas). Die UNITA kontrollierte die Gebiete mit den großen Diamantvorkommen.
4 de.wikipedia.org/wiki/Zweiter_Kongokrieg
5 GIGA: Wahlen im Kongo: Das Ende einer langen Transition? Nr. 9, 2006
6 de.wikipedia.org/wiki/Bewegung_23._MProzentC3ProzentA4rz
7 TAZ, 03.04.2013, S. 11
8 FR, 28.07.2006, S. 2
9 medico.de/themen/menschenrechte/rohstoffe/dokumente/der-stoff-aus-dem-kriege-sind/48/
10 David Van Reybrouck, Kongo – eine Geschichte, Suhrkamp Verlag, 2013, S. 537 – Kongo – eine Geschichte
11 Kongo – eine Geschichte, S. 537ff
12 Le Monde Diplomatique, Januar 2014, S. 16
13 FR, 28.07.2006, S. 2
14 TAZ, 06.062013, S. 5
15 AK 498, 16.09.2005, S. 4
16 Le Monde Diplomatique, Januar 2014, S. 16
17 dw.de/kongo-teufelskreis-zwischen-armut-und-hunger/a- 15488742-1, eingesehen März 2014
18 UNDP, Human Development Report, Bericht über die menschliche Entwicklung, 2014, S. 180: hdr.undp.orgsites/default/files/hdr14-report-en-1.pdf
19 Le monde diplomatique, Januar 2014, S. 17
20 TAZ, 19.09.2013, S. 6
21 Germany Trade and Invest: krefeld.ihk.de/media/upload/ihk/…/kongo_dr_witrends_jw_2013.pdf
22 Wirtschaftskammer Österreich: wko.at/statistik/laenderprofile/lp-dr_kongo.pdf
23 liportal.giz.de/kongo/gesellschaft/, eingesehen Juli 2014
24 wko.at/awo/publikatoin/laenderprofil
25 welt-in-zahlen.de/laendervergleich.phtml
26 kongo-kinshasa.de/wirtschaft eingesehen März 2014
27 wko.at/awo/publikatoin/laenderprofil
28 cia.gov/library/publications/the-world-factbook/fields/ 2050.html, eingesehen März 2014
29 cia.gov/library/publications/the-world-factbook/fields/ 2061.html
30 Germany Trade & Invest www.gtai.de
31 Germany Trade and Invest, krefeld.ihk.de/media/upload/ihk/…/kongo_dr_witrends_jw_2013.pdf
32 Die KfW, ehemals KfW Bankengruppe, ist die größte nationale Förderbank der Welt sowie nach Bilanzsumme die drittgrößte Bank Deutschlands.
33 Gécamines ist die Bezeichnung des staatlichen Bergbaukomplexes in der Provinz Katanga, der Ausmaße von bis zu 300 km Länge und 70 km Breite hat. Dort werden hauptsächlich Kupfer und Kobalt abgebaut.
34 Germany Trade and Invest, krefeld.ihk.de/media/upload/ihk/…/kongo_dr_witrends_jw_2013.pdf,
35 friedenskreis-castrop-rauxel.de/object.fau?objectID=707&prj=friedenskreis, eingesehen März 2014
36 Germany Trade and Invest, krefeld.ihk.de/media/upload/ihk/…/kongo_dr_witrends_jw_2013.pdf
37 spiegel.de/wissenschaft/technik/kongo-plant-groesstes-wasserkraftwerk-der-welt-a-900943.html
38 wikipedia/Mouvement National Congolais-Lumumba
39 de.wikipedia.org/wiki/Patrice_Lumumba
40 „Die Polemik über die Generallinie der internationalen kommunistischen Bewegung”, S. 223ff, Peking 1965, Oberbaumverlag
41 Kongo – Kriege, S. 36
42 Kongo – Kriege, S. 92
43 TAZ, 6. Juni 2013, S. 5
44 Kongo – Kriege, S. 59ff
45 un.org/en/peacekeeping/missions/monusco/leadership.shtml, eingesehen Juli 2014
46 german.beijingreview.com.cn/german2010/Dokumentation/2013-14/17/content_533872_5.htm
47 Sie sieht sich auch heute noch, nicht nur als Interessenvertreterin der Tutsi-Minderheit in Ruanda, sondern auch als „Vertreterin“ der Tutsi-Bevölkerung, die wegen rassistischer Verfolgung in die DR Kongo, nach Uganda und nach Burundi geflohen oder vertrieben waren. Kagame wurde 1990 an der Militärakademie Fort Leavenworth in den USA ausgebildet.