Diskussionsveranstaltung

Am Vorabend des Luxemburg-Liebknecht-Lenin Wochenende haben wir zu unserer Diskussionsveranstaltung „DDR Anspruch & Wirklichkeit Antifaschistisch-Demokratisch? Sozialistisch?“ eingeladen.

Im Vorfeld haben wir andere Organisationen und Gruppen, mit denen wir in Bündnissen und Aktionseinheiten zusammenarbeiten, speziell dazu angesprochen. In der solidarischen, links-alternativen Veranstaltungslocation kamen ungefähr 80 Interessierte zusammen. In zwei Powerpoint-Vorträgen stellten eine Genossin und ein Genosse unsere Einschätzungen zur Diskussion.

Der erste Teil umfasste den Zeitraum von 1945 bis 1949.

Hauptthemen waren: Die Potsdamer Konferenz, die Entstehung der SED und die Aufgaben der SMAD.

Ziel und Beschluss der Potsdamer Konferenz ist ein entnazifiziertes, entmilitarisiertes, demokratisches, einheitliches und friedliebendes Deutschland! In 19 Punkten werden politische und wirtschaftliche Grundsätze festgelegt. Das waren die entscheidenden Rahmenbedingungen für die Schaffung eines demokratischen Deutschlands, in dem die Nazis berechtigterweise unterdrückt werden. Aber: Nach der Potsdamer Konferenz wurde innerhalb kürzester Zeit die Politik der imperialistischen Besatzungsmächte klar: Sie wollen und werden die Beschlüsse der Potsdamer Konferenz nicht einhalten.

Aufgabe der KPD war: Der Wiederaufbau der Kommunistischen Partei und Kampf für die Umsetzung der Potsdamer Beschlüsse. Ihre Hauptaufgabe, den Kampf gegen den Kapitalismus und für den Sozialismus und die Diktatur des Proletariats zu propagieren und dafür zu kämpfen. Der Kampf für den Sozialismus stand nicht unmittelbar auf der Tagesordnung. Wie auch? Die Mehrheit des deutschen Volkes stand hinter dem Nazi-Regime und war von deren Ideologie verseucht. Wie sollte man da sofort Sozialismus aufbauen? Diese Bedingungen erforderten die taktische Ausrichtung auf eine antifaschistisch-demokratische Einheitsfront mit dem Ziel des Aufbaus einer Macht der Volksdemokratie. Aber gleichzeitig musste das strategische Ziel, der Kampf für den Sozialismus, offensiv in der ArbeiterInnenklasse verankert und verteidigt werden. Hat die KPD das gemacht? Die KPD zog aus der gesamten politischen Situation eine andere Konsequenz: Die Vereinigung von KPD und SPD zur SED. Einheit der ArbeiterInnenklasse ja! aber? Entscheidend ist, auf welcher Grundlage die Einheit stattfindet: Der Marxismus-Leninismus sagt ganz klar: Nur auf dem Programm des antikapitalistischen Klassenkampfes. Für den Sozialismus und für die Diktatur des Proletariats. Für die klassenlose Gesellschaft und für den Kommunismus.

Auf dem Vereinigungsparteitag von SPD und KPD wurde der Zusammenschluss zur Sozialistischen Einheitspartei DeutschlandsSED besiegelt. Die KPD wird aufgelöst in der SBZ. Das Fazit ist: Die SED ist keine kommunistische Partei, sie ist eine links sozialdemokratische Partei.

Der Zusammenschluss von KPD und SPD zur SED auf dieser Grundlage war – auch in der konkreten Situation – falsch. Es war nicht das unaufschiebbare Gebot der Stunde, die SED zu schaffen, sondern das Fundament des Revisionismus wurde gelegt. Die Auflösung der KPD in der SBZ war falsch. Notwendig wäre gewesen, den Klassenkampf zu propagieren.

Die SMAD (Sowjetische Militäradministration in Deutschland) als höchstes Machtorgan in der SBZ hat sich im Gegensatz zu den Besatzungsmächten in den westlichen Zonen konsequent an die Beschlüsse der Potsdamer Konferenz gehalten. Sie hat mit viel revolutionärem Einsatz und Elan die Aufgaben der Entnazifizierung, Entmilitarisierung, Demokratisierung in der SBZ im Großen und Ganzen erfüllt. Die antifaschistisch-demokratischen, kommunistischen Kräfte wurden unterstützt und gefördert. In der SBZ wird ein friedliches, antifaschistisch-demokratisches Deutschland geschaffen. Alle antifaschistisch-demokratischen und sozialen Errungenschaften waren nur möglich, weil die Besatzungsmacht eine sozialistische Macht, die Sowjetunion, war. Die Einheit Deutschlands konnte nicht erreicht werden, weil die imperialistischen Besatzungsmächte eine Politik der Spaltung Deutschlands betrieben haben.

Im zweiten Beitrag ging es um die Zeitspanne von Gründung der DDR 1949 bis 1956.

Die Gründung der DDR – was sind die Grundlagen? Am 4. Oktober 1949 schlägt die SED als Antwort auf die Wahlen zum 1. Deutschen Bundestag in Westdeutschland die „Nationale Front“ vor.

Das Dokument: Die Nationale Front des demokratischen Deutschlands beinhaltet 27 Thesen. Diese Thesen sind die Grundlage für den Kampf für die Einheit Deutschlands: Für die SED ist der Hauptfeind der Völker der US-Imperialismus nach dem 2. Weltkrieg. Westdeutschland wird als Kolonie, bzw. Halbkolonie des US-Imperialismus und die deutsche Bourgeoisie als Marionetten eingeschätzt. Das ist eine Verkennung des Wesens des deutschen Imperialismus. In diesen Thesen gibt es nicht einen Hauch von Klassenkampf.

Die Entnazifizierung wird mit keinem Wort erwähnt. In diesem Land, vier Jahre nach der Befreiung vom Faschismus wird für den Kampf um nationales Bewusstsein geworben. Jeglicher Klassenstandpunkt wird verlassen zugunsten der nationalen – ja – nationalistischen Frage. Die SED war für die Einheit Deutschlands. Das war unter den Bedingungen auch richtig. So war es im Potsdamer Abkommen auch festgelegt.

Aber die Einheit wird von der SED von einem rechtsopportunistischen und nationalistischen Standpunkt aus angegangen. Bei dieser „Nationalen Front“ und später bei Gründung der DDR war das Prägende, dass ALLE Schichten beteiligt waren. Bündnispartner der KommunistInnen und der Arbeiterklasse soll ein Großteil der deutschen Bourgeoisie werden. Sozialismus wird noch nicht einmal als Ziel genannt.

Wir haben ausführlich unsere Ausgangspunkte, womit wir die DDR einschätzen können, ob sie sozialistisch war oder nicht begründet. Was bedeutet, den Sozialismus aufzubauen und die Notwendigkeit als politische Macht die Diktatur des Proletariats zu schaffen. Aufgrund der besonderen Bedingungen nach dem 2. Weltkrieg war es eine richtige Option, selbst in einem imperialistischen Land wie Deutschland, zunächst eine Form der Volksdemokratie zu bilden. Aber dabei klar im Proletariat und unter den Werktätigen bewusst zu machen, das ist keine Form der Diktatur des Proletariats. Ausgeführt wurde, als die DDR gegründet wurde, welche Klassen mit an der Macht beteiligt waren. Die SED entwickelte keine konkrete Propaganda für den Sozialismus in SBZ/DDR, bis sie dann 1952 auf der 2.Parteikonferenz einfach beschlossen hat, so jetzt beginnen wir mit dem planmäßigen Aufbau der Grundlagen des Sozialismus. Ohne das Proletariat und die Werktätigen vom Weg zum Sozialismus auch nur ansatzweise zu überzeugen und sie darin aktiv einzubeziehen. Normerhöhungen, Arbeitslohnsenkungen, ein „Feldzug für strenge Sparsamkeit“ waren Ergebnisse einer verfehlten Wirtschaftspolitik. Am 17.Juni 1953 brachen Streiks und Proteste von ArbeiterInnen aus, (auch geschürt vom imperialistischen Westen). Verursacht aber im wesentlich durch eine falsche Politik der SED. Mit dem sogenannten Neuen Kurs wurden alle Maßnahmen zu-rückgenommen.

Auf dem 4.Parteitag 1954 wurde für die Einheit Deutschland eine sehr zurückgefahrene, sich nur auf demokratische Errungenschaften begrenzende Politik durchgeführt. Auch ein kapitalistisches System könnte diese verwirklichen. Nach dem 20.Parteitag der KPdSU, unter Führung Chruschtschow wurden von der SED alle revisionistischen Thesen dieses Parteitags ohne jegliches Hinterfragen angenommen.

Eingerahmt wurden die Vortrags- und Diskussionsblöcke von Gedichten, vorgetragen von zwei jungen Frauen.

FDJ-GenossInnen haben sich mit einem Auszug aus ihrer Straßenpropaganda-Aktion „30 Jahre sind genug Revolution & Sozialismus“ aktiv beteiligt und bereicherten die Veranstaltung.

Auf die Vorträge folgte eine lebhafte, interessante Diskussion. Verschiedene TeilnehmerInnen haben Fragen gestellt und ihre Meinung eingebracht. Die FDJler ihre politische Einschätzung der DDR: Von Anbeginn bis zur Einverleibung durch den westdeutschen Imperialismus war diese ein Arbeiterstaat. Wenn auch, ihrer Meinung nach, in den letzten Jahrzehnten schwerwiegende Fehler von der politischen Führung der SED und der DDR begangen wurden.

Beispielsweise wurden auch die politischen Positionen Georgi Dimitroffs über die Volksdemokratie und die Diktatur des Proletariats debattiert. Wir, Trotz alledem! haben die Einschätzung, dass die von der ganzen Kommunistischen Weltbewegung ab 1948 vertretene These „die Volksdemokratie sei eine Form der Diktatur des Proletariats“, falsch ist. Wichtig ist diese Frage für den Übergang zum Sozialismus. Die Volksdemokratie kann nicht einfach per Dekret zum Sozialismus erklärt werden. Unserer Meinung nach muss der Übergang zum Sozialismus ein bewusster politischer Klassenkampf und Akt sein, der die gesamte Bourgeoisie von der politischen Macht ausschließt und nur die Werktätigen, die ArbeiterInnen und armen BäuerInnen die Macht im Staat ausüben. Einig waren wir uns in der Diskussion an der Kritik über Bürokratismus und um sich greifenden Revisionismus der SED Ende der 1950er Jahre. Diskutiert wurde auch über unsere heutigen Aufgaben, über die Verbindung von politischem Kampf und Theorieerarbeitung.

Selbstkritisch wollen wir für uns festhalten, dass wir in den Vorträgen das Positive bei der Gründung der DDR nicht ausreichend herausgestellt haben. Sie war bei ihrer Gründung ein volksdemokratischer Staat und das bessere Deutschland.

Vor und nach der Veranstaltung wurde am leckeren, offenen Büfett lebhaft diskutiert. Als wir alle auseinandergingen haben sich viele GenossInnen, die teils aus anderen Städten zur LLL-Aktion angereist waren und die FDJ TeilnehmerInnen für die gelungene Veranstaltung und Diskussion bedankt.

Und am nächsten Tag haben wir kämpferisch demonstriert!

KINDERHYMNE

Anmut sparet nicht noch Mühe

Leidenschaft nicht noch Verstand

Daß ein gutes Deutschland blühe

Wie ein andres gutes Land.

Daß die Völker nicht erbleichen

Wie vor einer Räuberin

Sondern ihre Hände reichen

Uns wie andern Völkern hin.

Und nicht über und nicht unter

Andern Völkern wolln wir sein

Von der See bis zu den Alpen

Von der Oder bis zum Rhein.

Und weil wir dies Land verbessern

Lieben und beschirmen wir‘s

Und das liebste mag‘s und scheinen

So wie anderen Völkern ihrs.

Bert Brecht, 1956