Berlin
Am Samstag, den 6. Juni fand eine sehr beeindruckende Manifestation gegen Rassismus, gegen die Polizeimorde in den USA auf dem Alexanderplatz in Berlin statt.
Unter dem Motto: Nein zu Rassismus! und No justice no Peace! versammelten sich nach Angaben der VeranstalterInnen über 15 000 Menschen. Nach unserer Einschätzung waren es doppelt so viele, der Alexanderplatz war bis zu den angrenzenden Straßen voller Menschen. Ein Vorankommen war nur schwer möglich. Immer mehr TeilnehmerInnen schoben sich nach vorne zur Bühne, um den Reden zu lauschen. Trotz Corona dicht an dicht, allerdings hatten viele Masken auf. Wir waren positiv überrascht.
Sehr viele brachten ihre Wut, ihre Empörung, ihre Solidarität, aber auch ihre Trauer, mit vielen selbst bemalten Kartons, Schildern und Transparenten zum Ausdruck.
„Black Lives Matter“, „White Silence is Violence“, „No justice – No peace,“ „The situation is so bad, even the privileged are here“ waren einige der Statements.
Gedenkminuten und Kniefall von 8 Minuten 46 Sekunden sollten an die Ermordung von George Floyd erinnern. In den Reden wurde die brutale Polizeigewalt gegen AfroamerikanerInnen in den USA thematisiert.
Leider konnten wir aufgrund der Entfernung, obwohl wir direkt in der Mitte der Kundgebung waren, inhaltlich nicht allen Reden folgen. Die zentrale Botschaft war: Die Zeit des Redens ist vorbei! Sofortige Umsetzung aller Forderungen gegen den Rassismus!
Dem konnten wir uns richtigerweise nur anschließen!
Es war nicht unbedingt das übliche „Politpublikum“ von linken Organisationen, die sonst die Aktionen dominieren, gekommen. Sehr viele Menschen sind gekommen, die durch die Ereignisse, aber auch durch die Berichterstattung sensibilisiert waren. Auffällig zahlreich die vielen, vielen jugendlichen Teenager, die wir eher bei den FFF-Aktionen erlebt haben als bei der Antifa. Sie haben die Aktion wesentlich geprägt.
Vereinzelt haben Schilder auf den Rassismus in Deutschland hingewiesen: Oury Jalloh, Mareame Sarr, Dominique Koumadio, Rooble Warsame und Yaya Jabbie sind in Polizeigewahrsam umgebracht oder durch die Polizei erschossen worden.
Das war sehr wichtig und richtig, um nicht dem Trend oder der aktuellen Berichterstattung auf den Leim zu gehen. So richtig es ist, sich mit den Betroffenen in den USA zu solidarisieren, so richtig ist es auch, vor der eigenen Haustür zu kehren. Und hier gibt es nun wirklich viel auszukehren. Rassismus, Racial Profiling und brutale Polizeigewalt gegen Schwarze Menschen.
Die Behörden haben alle diese Fälle unter „Selbstmord“ zu den Akten gelegt. Wir wissen aber, dass diese Menschen ermordet wurden. Die Täter sind bis heute nicht ermittelt und verurteilt worden. Sie werden von Polizei, Gerichten und Politik geschützt genauso wie in den USA.
Bestätigt hat sich einmal mehr unsere Einschätzung über die Polizei als ein Gewaltinstrument des Staates zur Aufrechterhaltung der Ausbeuterordnung. Aktuelles Beispiel: Der gezielte brutale Angriff einer Polizeitruppe auf eine Gruppe von Schwarzen Jugendlichen am S-Bahnhof Alexanderplatz am Ende der Demonstration. Hier wie in den USA willkürliche rassistische Polizeigewalt!
Auf der Kundgebung/Demo hatten wir Mühe, durch die engen Reihen zu kommen, um unsere Flugis zu verteilen. Mit unseren vielen fleißigen jungen Unterstützerinnen haben wir uns durch die Menschentrauben gewagt und haben unsere Flugis sehr schnell an Interessierte verteilen können.
„Solidarität mit den Riots in den USA! Rebellion gegen rassistisch-faschistische Polizeigewalt ist gerechtfertigt!“ das war unser Aufruf. Wir haben dann die Gelegenheit beim Schopf gepackt und unser Flugi zu dem Hanau-Anschlag gleich mit verteilt.
Der faschistische Anschlag von Hanau war durch die Corona-Pandemie in Vergessenheit geraten. Hier schließt sich auch der Kreis. Rassistisch-faschistische Anschläge und Morde gibt es sehr wohl auch in Deutschland.
Zwei Transparente haben wir aufgehängt: „Staat und Nazis Hand in Hand. Organisiert den Widerstand“ hatten wir aus Anlass der NSU-Morde gemalt und passte auch hier thematisch gut. Das zweite Transparent, war: „Rassismus und Repression: Dagegen hilft nur Revolution. Kampf dem System!“
Köln und Aachen
Am ersten Juni-Wochenende wurden in mehreren Städten in NRW − Köln, Düsseldorf, Bonn, Bielefeld, Dortmund, Münster, Leverkusen, Paderborn, Gütersloh, Gronau und Aachen − Demonstrationen und Kundgebungen organisiert. Anlass war der gewaltsame brutale Mord an George Floyd während eines Polizeieinsatzes in Minneapolis in den USA.
Viele AktivistInnen hielten Schilder und Plakate in die Höhe: „Black Lives Matter!“, „No Justice – No Peace!“, „Racism is a Pandemic!“, „I Can‘t Breathe!“, „Stopp Police Brutality!“, „Alltags-Rassismus gibt‘s auch in Deutschland!“, „Solidarität heißt Widerstand!“.
Die VeranstalterInnen haben sowohl bei den Aktionen in Köln, Düsseldorf, Dortmund als auch in Aachen nicht mit so vielen TeilnehmerInnen gerechnet.
In Köln war die Kundgebung für 500 Personen, in Düsseldorf für 2 000 Personen und in Aachen für ein paar Hundert Personen angemeldet.
Überall waren die TeilnehmerInnenzahlen an den Demos und Kundgebungen überraschend hoch:
In Köln über 10 000, in Düsseldorf über 20 000, in Dortmund über 5 000 und in Aachen ca. 1 500 junge Menschen. Zig Tausende junge Menschen, StudentInnen, SchülerInnen, Auszubildende, ArbeiterInnen, Erwerbslose und junge MigrantInnen unterschiedlichster Nationalitäten haben an den Demonstrationen teilgenommen.
Immer wieder wurde „Black Lives Matter!“, „No Justice – No Peace!“ von tausenden Menschen gerufen! Unsere Rufe waren sehr stark, sehr laut!
Wie zusammen geschmiedete Chöre. Die Stimmung war sehr aufgeladen und emotional. Viele AktivistInnen, vor allem Schwarze AktivistInnen, waren sehr wütend. Die Körperhaltung war sehr ausdrucksstark „Nicht mit uns!“
Als die ModeratorInnen alle DemonstrantInnen zu einer Schweigeminute (Gedenken) von 8 Minuten 46 Sekunden, genau die Zeitspanne, in der George Floyd um sein Leben kämpfte, aufriefen, gingen über 10000 Menschen auf die Knie und einige Hunderte hielten ihre geballte Faust kämpferisch hoch.Alle waren auf der Deutzer Werft neben dem Rheinufer 8 Minuten 46 Sekunden wie eingefroren.
Die Kundgebung in Köln wurde durchgängig von Schwarzen Menschen organisiert und geleitet. Zahlreiche Schwarze AktivistInnen haben sehr beeindruckende kämpferische Reden gehalten, antirassistisch und antifaschistisch.
Viele haben mit Alltagsbeispielen den Rassismus international angeprangert und zum internationalen Kampf aufgefordert. Fast alle RednerInnen haben auch den Rassismus und rassistische Angriffe in Deutschland benannt und angeklagt, den deutschen Staat und seine Polizei als rassistisch verurteilt. Einige RednerInnen haben den Rassismus als systemimmanent eingeschätzt. Für den institutionellen Rassismus in Deutschland wurden viele Beispiele genannt: Vom deutschen Völkermord an den Nama und Herero bis hin zu den Morden an Oury Jalloh, Yaya Jabbi, Solingen, Halle, Anschlag in Hanau und viele viele andere….
Wir haben in Köln und einen Tag später in Aachen mit einem Transparent „Gegen rassistische-faschistische Angriffe: Antifaschistischer Widerstand! Trotz alledem!“ teilgenommen. Mit unserem Transparent standen wir bei beiden Aktionen hinter der Kundgebungsbühne – unsere Parole war für viele deutlich zu sehen. Viele junge DemonstrantInnen haben auch lautstark unsere Forderung bekräftigt.
Der Kampf geht weiter!
Der Kampf gegen Rassismus und Faschismus heißt für uns: Kampf gegen das kapitalistische System!
TA-AktivistInnen